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# taz.de -- Libyer appellieren: „Wir haben ein Recht zu bleiben“
> Die Flüchtlinge aus Libyen fordern Hilfe vom Hamburger Senat: Würde der
> humanitäre Gründe geltend machen, stünde der Gruppe eine
> Aufenthaltserlaubnis zu
Bild: Kämpfen, weil sie bleiben wollen: Flüchtlinge aus Libyen
HAMBURG taz | „Wir haben das Gefühl, die Medien und die Politik arbeiten
gegen uns“, sagte Affo Tchassei, Sprecher der Flüchtlingsgruppe „Lampedusa
in Hamburg“ auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Wir appellieren an
die Öffentlichkeit, ihre Fragen persönlich mit uns zu besprechen und an die
Politik uns zu helfen.“ Die Flüchtlinge und ihre Unterstützer wehren sich
gegen die Haltung des Senats, dass eine Abschiebung alternativlos sei. Die
Regierung hätte Möglichkeiten, den Flüchtlingen Aufenthalt in Hamburg zu
gewähren und halte sich an Ausreden fest – so der Vorwurf.
Dabei fühlen sich die 300 Männer, die während des Nato-Angriffs 2011 aus
Libyen nach Italien flohen und nun in Hamburger Kirchen Obdach finden, mehr
denn je auf einen stabilen Rechtsanspruch angewiesen: Die Flüchtlinge
wurden in letzter Zeit mehrfach Opfer falscher Berichterstattung: Sie
wurden als Söldner Gaddafis, Messerstecher und Kriminelle bezeichnet. Alle
Vorwürfe wurden von der Gruppe und ihren Vertretern widerlegt, doch nicht
ohne Nachwirkungen. „Uns wird vorgeworfen, Gewalttäter in unserer Kirche zu
schützen“, sagte Sieghard Wilm, Pfarrer der St.-Pauli-Gemeinde, in deren
Kirche ein Teil der libyschen Flüchtlinge untergebracht ist, in einem
NDR-Beitrag. Er spricht von telefonischen Drohungen und Beschwerden der
Nachbarn.
Doch die Forderungen der Afrikaner nach einer Aufenthaltserlaubnis laufen
ins Leere. Der SPD-Regierung seien die Hände gebunden, sagte Sozialsenator
Detlef Scheele, das Problem läge beim Europarecht. Das Dublin-II-Abkommen
spricht dem EU-Ankunftsland die politische Verantwortung für Flüchtlinge zu
– in diesem Fall Italien.
Die Flüchtlinge und ihre Anwältin Daniela Hödl sehen das anders: „Der Senat
kann handeln. Das Aufenthaltsrecht sieht Ausnahmen vor, wenn humanitäre
oder völkerrechtliche Gründe vorliegen.“ Im Fall der libyschen Flüchtlinge
lägen diese Gründe sogar gerichtlich bestätigt vor, findet Hödl: „Deutsche
Gerichte haben mehrfach festgestellt, dass Italien keine würdigen
Lebensbedingungen für Flüchtlinge bietet. Wenn ein Gericht das feststellt,
handelt es sich um Menschenrechtsverletzungen und nicht um Kleinigkeiten.“
Dem müsse zwar das Bundesinnenministerium zustimmen, aber Hamburg schöpfe
diese Möglichkeit offensichtlich nicht aus.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel schließt eine Neuverhandlung
dennoch aus: „Das Asylverfahren muss in Italien stattfinden, das wurde
sauber von der Innenbehörde geprüft. An dieser Rechtslage hat sich nichts
geändert.“
Tchassei findet die Hamburger Diskussion über Menschenrechte heuchlerisch.
„Wir sind Opfer der westlichen Politik geworden.“ Er und die anderen
Flüchtlinge fühlten sich im Stich gelassen: „Wir kommen gerade aus einem
Krieg, haben unsere Heimat verloren. Bis zum heutigen Tag haben wir von
offizieller Seite weder Zugang zur ärztlichen noch psychologischen
Betreuung bekommen.“
Hilfe bekämen die Flüchtlinge trotzdem, dafür wollten sie sich anlässlich
des Weltflüchtlingstags bedanken: „Die Solidarität für uns kommt von links
und rechts, von Firmen, Ladenbesitzern, Kirche und Einzelpersonen. Wir
wollen aber nicht abhängig von Gaben anderer sein, sondern uns
eigenverantwortlich versorgen können. Die Regierung arbeitet gegen uns.“
20 Jun 2013
## AUTOREN
Nadine Rösch
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