# taz.de -- Flüchtlinge in Europa: EU bekommt einheitliches Asylgesetz | |
> Künftig müssen alle Asylbewerber in der EU gleichbehandelt werden. Doch | |
> einige Punkte des neuen Gesetzes bleiben fragwürdig. | |
Bild: Die Rechte von Flüchtlingen werden mit dem neuen Asylsystem nicht gestä… | |
STRASSBURG taz | EU-Kommissarin Cecilia Malmström spricht von einem großen | |
Tag für Europa. Über vierzehn Jahre lang hätten die EU-Innenminister und | |
zuletzt auch das Europäische Parlament über eine Reform des europäischen | |
Asylrechts verhandelt und jetzt sei es endlich so weit: | |
Am Freitag hat der Ministerrat die Neuregelung verabschiedet, am | |
Mittwochvormittag hat auch das Europäische Parlament mit großer Mehrheit | |
das Gesetzeswerk angenommen. | |
Dadurch soll das EU-Asylrecht vereinheitlicht werden. Fünf neue | |
Gesetzestexte sollen sicherstellen, dass Verfolgte überall in der EU den | |
gleichen Rechtsschutz genießen und mit einem kurzen Asylverfahren von | |
höchstens sechs Monaten rechnen müssen. Ihr Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt | |
würde erleichtert, zudem bekämen die Asylbewerber einen Anspruch auf | |
medizinische und psychologische Grundversorgung. | |
Mit den neuen Regeln baue die EU einen gemeinsamen Schutzraum und zeige | |
auch ihre „humanitäre Seite“, erklärte die zuständige EU-Kommissarin | |
Malmström in Straßburg. | |
## Schandfleck Eurodac | |
Die grüne EU-Abgeordnete Franziska Keller sieht das anders: „Das Asylsystem | |
bleibt nach wie vor ein Flickenteppich in Europa, die Rechte von | |
Flüchtlingen werden nicht verstärkt,“ monierte sie in der Debatte in | |
Straßburg. | |
Schlimmer noch: Der größte Schandfleck des gemeinsamen Asylsystems sei | |
Eurodac. Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, würden in eine Ecke | |
gestellt mit Schwerverbrechern und Kriminellen, klagt die | |
Grünen-Politikerin. | |
Gemeint ist die seit zehn Jahren bestehende Datenbank Eurodac, in der | |
Fingerabdrücke von Asylbewerbern gespeichert sind. Nach der Neuregelung | |
dürfen erstmals auch die nationalen Strafverfolgungsbehörden bei der Suche | |
nach Straftätern auf Eurodac zugreifen – allerdings nur „unter strengen | |
Bedingungen und als letztes Mittel“ versichert die EU-Kommission. | |
Außerdem sieht die neue EU-Regelung vor, dass Fingerabdrücke von | |
anerkannten Asylbewerbern bis zu drei Jahren gespeichert werden, von | |
abgelehnten Asylsuchenden zehn Jahre lang. | |
## Südländer haben andere Sorgen | |
Auch die Liberalen im EU-Parlament klagten, mit dieser Regelung würden alle | |
Asylsuchende unter Generalverdacht gestellt. „Ich glaube nicht, dass dieses | |
Asylpaket so gut gelungen ist, es ist sehr löchrig“ bemängelte die | |
FDP-Abgeordnete Nadja Hirsch. | |
Die Südländer Europas haben ganz andere Sorgen: Trotz aller Neuregelungen | |
bleibt das sogenannte Erststaatsprinzip des EU-Asylrechts weiterhin in | |
Kraft, nach dem ein Asylbewerber weiterhin in dem EU-Mitgliedsstaat Asyl | |
beantragen muss, in den er zuerst eingereist war. Insbesondere | |
Griechenland, Italien und Malta hatten eine Quotenregelung verlangt, | |
allerdings ohne Erfolg. | |
Sämtliche EU-Abgeordnete aus diesen Ländern beschweren sich nun über die | |
aus ihrer Sicht ungleiche Verteilung der Lasten bei der Versorgung von | |
Flüchtlingen. Cecilia Malmström lässt dies nicht gelten. „Keines dieser | |
Länder empfängt heute die große Mehrheit der Asylbewerber“, erklärte die | |
EU-Kommissarin in Straßburg. | |
Allerdings sieht Malmström auch ein, dass Länder wie Italien und | |
Griechenland derzeit unter großem Druck stehen, und verspricht den | |
Südländern „große Hilfe mit technischer und humanitärer Unterstützung“. | |
In einer weiteren Entscheidung beschloss das Parlament, dass die | |
Schengenstaaten künftig in Notfällen bis zu zwei Jahren lang ihre | |
nationalen Grenzen geschlossen halten können. Bislang galt das nur | |
kurzfristig bei Großereignissen oder etwa nach einem Terroranschlag. | |
12 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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