# taz.de -- Abwicklung von Pleite-Banken: Streit ums letzte Wort | |
> Endlich sollen marode Großbanken abgewickelt werden können – und zwar auf | |
> Brüsseler Initiative. Das ist Bundesfinanzminister Schäuble zu viel | |
> Europa. | |
Bild: Dieser Mann fürchtet Brüssel nicht, lieber soll ihn Brüssel fürchten. | |
BRÜSSEL taz | Wer hat das letzte Wort bei einer Bankenpleite – Brüssel oder | |
Berlin? Über diese Frage ist ein heftiger Streit zwischen | |
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier und der Bundesregierung entbrannt. | |
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die EU-Kommission schon vor | |
Wochen gewarnt, er werde sich allen Vorschlägen für eine zentrale | |
europäische Bankenabwicklung widersetzen. | |
Doch Barnier ließ nicht locker – und präsentierte nach langem Zögern | |
gestern in Brüssel seinen Entwurf. Er sieht eine Mischform zwischen | |
nationaler und europäischer Kontrolle vor. Zwar soll die EU-Kommission „auf | |
den Knopf drücken“, wenn eine klamme Bank dichtgemacht werden muss. Der | |
zuständige nationale Finanzminister soll aber zustimmen müssen. | |
Nach Kompromiss klingt auch Barniers Vorschlag für einen europäischen | |
Abwicklungs-Fonds. Er soll aus den bereits bestehenden nationalen Töpfen | |
entstehen – aber erst in zehn Jahren, durch eine schrittweise | |
Vergemeinschaftung. | |
Schritt für Schritt sollen etwa 55 Milliarden Euro angespart werden. | |
Deutsche Banken würden so taumelnde Geldhäuser in anderen Ländern mit | |
stützen. Das sei aber auch nur recht und billig, so Barnier. Schließlich | |
käme die Stabilität des Bankensektors in der Währungsunion allen zugute. | |
Außerdem würden die Banken in der Eurozone zunehmend über Grenzen hinweg | |
arbeiten, also müssten auch alle gemeinsam haften. Demgegenüber hat | |
Schäuble immer wieder gewarnt, der EU-Vertrag lasse eine solche | |
Vergemeinschaftung nicht zu. | |
## D'accord mit EU-Recht | |
Daran hat sich nichts geändert, im Gegenteil: Regierungssprecher Steffen | |
Seibert warf der Kommission am Mittwoch sogar vor, sie maße sich | |
Kompetenzen an, „die sie nach unserer Rechtsauffassung nach den geltenden | |
Verträgen nicht haben kann“. Der Vorschlag sei nicht nur rechtswidrig, er | |
untergrabe darüber hinaus die Glaubwürdigkeit der EU. | |
Barnier erhielt aber auch Rückendeckung – von den Grünen. Sie präsentierten | |
am frühen Morgen ein Rechtsgutachten, demzufolge die Kommissionspläne | |
durchaus mit EU-Recht vereinbar sind. „Niemand außerhalb Deutschlands teilt | |
die Rechtsposition der schwarz-gelben Bundesregierung“, sagte der | |
Europaabgeordnete Sven Giegold. Schäuble riskiere, die europäische | |
Bankenunion „eines teuren Todes sterben“ zu lassen. | |
In der Tat geht es längst nicht mehr nur um die Abwicklung von | |
Pleitebanken. Der schwarz-gelben Bundesregierung passt die ganze Richtung | |
nicht. Beim letzten EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel hatte Kanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) sogar versucht, das Wort „Bankenunion“ aus dem | |
Beschlussvorlagen streichen zu lassen. Sie konnte sich zwar nicht | |
durchsetzen – doch das Manöver ist bezeichnend für die deutsche | |
Verhinderungstaktik. | |
## Rettet den Steuerzahler! | |
Die Bankenunion war bereits im Juni 2012 beschlossen worden. Seither steht | |
Deutschland auf der Bremse, Frankreich und die Europäische Zentralbank | |
machen Dampf. Das Mammutprojekt soll verhindern, dass marode Geldinstitute | |
ganze Staaten mit in den Abgrund ziehen – wie in Irland, Spanien und auf | |
Zypern geschehen. Zudem soll sie sicherstellen, dass nicht länger der | |
Steuerzahler die Zeche für Fehlspekulationen zahlt. | |
Der erste Pfeiler, die zentrale Bankenaufsicht, soll Mitte 2014 stehen. Die | |
nun diskutierte europäische Abwicklung wäre der zweite Pfeiler. Der dritte | |
Pfeiler, ein gemeinsamer Schutz für die Einlagen der Kunden, ist noch | |
umstritten. Die deutschen Banken warnten gestern erneut vor einer | |
europaweiten Einlagensicherung. Sie würde zu Lasten der deutschen Sparer | |
gehen, behaupten die Lobbyisten. | |
10 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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