# taz.de -- Zoff in der Solarwirtschaft: Bruderkrieg im Supersonnenland | |
> Hilft die Verteuerung chinesischer Solarmodule der Photovoltaikbranche | |
> oder schadet sie ihr? Die Branche in Deutschland ist tief gespalten. | |
Bild: Die Idylle trügt. | |
FREIBURG taz | Der Ton ist rau geworden in der Solarwirtschaft. Die einen | |
befürworten die Importzölle für chinesische Module, die anderen lehnen sie | |
ab. Einen Kompromiss scheint es nicht zu geben. Jüngster Höhepunkt ist ein | |
Streit über den Grund für die Insolvenz des Projektentwicklers Gehrlicher | |
Solar. | |
Das Unternehmen aus Neustadt bei Coburg hatte vergangene Woche mitgeteilt, | |
es sehe sich „durch die Einführung der Strafzölle auf chinesische Module | |
und die daraus resultierende Verschlechterung der Marktbedingungen in | |
Europa“ nicht mehr in der Lage, seinen Kreditvertrag zu erfüllen. Das | |
verantwortliche Bankenkonsortium hatte den Kredit über 85 Millionen Euro | |
gekündigt. | |
Die Gegner der Zölle, die sich in der Allianz für erschwingliche | |
Solarenergie (Afase) zusammengeschlossen haben, machten sich die | |
Darstellung des insolventen Unternehmens zu eigen und erklärten: | |
„Antidumpingzölle auf Solarmodule aus China fordern ihr erstes Opfer.“ | |
Diese Aussage sei „besonders infam“, entgegnete postwendend Milan | |
Nitzschke, der Präsident des Zollbefürworterverbunds EU ProSun. Mit solchen | |
„unsinnigen Behauptungen“ würden „Politik und Solarinstallateure gezielt | |
getäuscht“. | |
Die EU erhebt seit dem 6. Juni sogenannte Antidumpingzölle von 11,8 Prozent | |
auf die Einfuhr von in China hergestellten Solarpaneelen, Zellen und | |
Wafern, also Vorprodukten der Zellen. Hintergrund ist die Einschätzung der | |
EU-Kommission, dass China seine Photovoltaikmodule „deutlich unter ihrem | |
normalen Marktwert nach Europa verkauft“, was ein Verstoß gegen | |
internationales Handelsrecht wäre. | |
## Alles Panikmache? | |
„Ein fairer Preis für ein chinesisches Solarpaneel dürfte rund 88 Prozent | |
über dem liegen, zu dem es tatsächlich verkauft wird“, hieß es Anfang Juni. | |
Wenn keine Verhandlungslösung mit China zustande kommt, gilt ab 6. August | |
ein Zollsatz von durchschnittlich 47,6 Prozent. | |
Nun ringen die Akteure der Solarbranche um die Deutungshoheit. Die Afase | |
berichtet, in „zahlreichen Unternehmen“ seien Bestellungen storniert und | |
Mitarbeiter entlassen worden. Vorstandsmitglied Dennis Gieselaar sagte: | |
„Die ganz große Mehrheit der PV-Installateure in Europa kann die | |
Schutzzölle nicht absorbieren.“ | |
EU ProSun hält das für „nachweisbar falsch“: Die Preise für chinesische | |
Module lägen derzeit auf dem gleichen Niveau wie vor der Einführung der | |
Zölle. „Die chinesische Lobby betreibe „gezielt Panikmache unter | |
Solarunternehmen“, sagt Nitzschke. „China verkauft immer noch weit unter | |
den eigenen Herstellungskosten.“ Zwischen den Stühlen sitzt unterdessen der | |
Bundesverband Solarwirtschaft. Seine Mitglieder kommen aus beiden | |
Fraktionen. | |
Die Erklärung für diese Spaltung der Branche ist einfach: Produzenten von | |
Zellen und Solarpaneelen wie Solarworld leiden unter der Billigkonkurrenz | |
und erhoffen sich bessere Absatzchancen für ihre eigene Ware, wenn die | |
Zölle die Importprodukte verteuern. Sie organisieren sich in EU ProSun. | |
Händlern, Projektierern, Installateuren und Zulieferern dagegen kann es | |
egal sein, woher ihre Module kommen – je billiger sie sind, umso besser. | |
Auf dieser Seite stehen Firmen wie der Großhändler IBC Solar oder der | |
Metallbauer Schletter, der Montagesysteme für Freilandsolarparks herstellt. | |
23 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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