# taz.de -- Rettungsplan gebilligt: Solarworld wird saniert | |
> Nach langen Beratungen stimmten die Aktionäre einem Rettungsplan für das | |
> hoch verschuldete Unternehmen zu. Sie verlieren aber fast alle Anteile. | |
Bild: Ungewisse Zukunft: Mitarbeiter der Solarworld AG in Freiberg, Sachsen | |
BERLIN/BONN taz/dpa | Deutschlands größter Solarmodulhersteller Solarworld | |
hat eine drohende Insolvenz abgewendet. Am späten Mittwochabend stimmten | |
die Aktionäre bei einer außerordentlichen Hauptversammlung in Bonn mit 99,1 | |
Prozent einem Rettungsplan für das hoch verschuldete Unternehmen zu, wie | |
Solarworld mitteilte. | |
Damit ist der Weg frei für das geplante Sanierungskonzept. Mit ihm will | |
Vorstandschef Frank Asbeck für Solarworld einen Neustart ermöglichen. Er | |
sprach von einem „neuen Geburtstag“ für das Unternehmen. Erst brachte er | |
die Gläubiger von Unternehmensanleihen dazu, auf insgesamt 55 Prozent ihrer | |
550 Millionen Euro Anleihen zu verzichten. Dann präsentierte er seinen | |
Aktionären die bittere Pille, die sie nun schluckten: Einen Kapitalschnitt | |
von 95 Prozent. | |
Die Beratungen bei dem Aktionärstreffen zogen sich bis in den späten Abend | |
hin, weil wenige Aktionäre immer wieder neue Detailfragen zum | |
Sanierungsplan stellten. Es gibt nun eine vierwöchige Einspruchsfrist. Die | |
Umsetzung des Konzepts soll im Februar 2014 abgeschlossen sein. Asbeck | |
bleibt für fünf weitere Jahre an der Spitze des Unternehmens. Der Vertrag | |
des 53-Jährigen wurde nach Firmenangaben bis zum 9. Januar 2019 verlängert. | |
Für Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung Wertpapierbesitz (DSW) | |
wurden die Aktionäre, immerhin rechtlich die Eigentümer des Unternehmens, | |
„quasi enteignet“. Aber das Rettungskonzept sei alternativlos. | |
Mit dem Schnitt will Asbeck 900 Millionen Euro an Schulden abbauen und | |
neues Kapital aufnehmen. Er selbst hat zugesagt, aus seinem Privatvermögen | |
zehn Millionen zu investieren und damit 20 Prozent der neuen Firma zu | |
halten. Mehrheitsaktionär soll aber das Unternehmen Qatar Solar werden, das | |
für 35 Millionen 29 Prozent der Anteile zeichnen will. | |
Es bleibt die Frage: Wie geht es nun weiter mit der Solarworld AG? Denn die | |
ungünstigen Marktbedingungen, die das Unternehmen in die Krise führten - | |
vor allem die billige Importware aus China - bestehen weiterhin fort. Auch | |
Preisverfall und Überkapazitäten machen Solarworld zu schaffen. Allein 2012 | |
betrug der Verlust knapp 480 Millionen Euro. | |
## Marketingetat kappen | |
Gleichwohl gibt sich das Unternehmen optimistisch, spricht von einer | |
„positiven Fortführungsprognose“ und stützt sich dabei auf Analysen der | |
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, die eine Sanierung | |
durch vielfältige Einschnitte für „überwiegend wahrscheinlich“ hält. Der | |
Trend für Solarworld lautet: Härter mit den Lieferanten verhandeln und den | |
Marketingetat kappen, aber nicht weiter Personal abbauen. | |
An vielen Stellen soll nun umgebaut werden. Der Plan sieht zum einen die | |
Auflösung von Altverträgen für den Siliziumeinkauf vor. Diese seien in der | |
Vergangenheit „aus branchenüblichem Versorgungsdruck abgeschlossen“ worden, | |
heißt es in einem Informationsmemorandum für die Gläubiger des | |
Unternehmens. Heute belasteten die Verträge „aufgrund nicht mehr | |
marktgerechter und dem aktuellen Geschäftsvolumen nicht mehr entsprechender | |
Konditionen“ die Solarworld AG. | |
Ferner solle ein „globales Warengruppenmanagement“ helfen, die | |
Einkaufspreise für Materialien und Komponenten durch Preisnachverhandlung | |
zu senken. Einen Personalabbau zur Anpassung an reduzierte | |
Produktionsmengen habe das Unternehmen „bereits weitgehend umgesetzt“. | |
Ebenso sei auch in Vertrieb und Verwaltung, Marketing, Vertriebsinnendienst | |
sowie Einkauf und Logistik bereits Personal abgebaut worden. | |
Des weiteren setzt Solarworld auf die Verschmelzung von | |
Konzerngesellschaften, plant geringere Marketingaufwendungen und eine | |
Reduktion der TV- und Medienpräsenz. Auch eine geringere Vorstandsvergütung | |
- der Vorstandsvorsitzende Frank Asbeck hatte im Juli 2012 bereits auf | |
seine Festvergütung verzichtet - steht im Sanierungsplan. Eine variable | |
Vorstandsvergütung bezahlt die Firma aktuell ohnehin nicht, da diese an die | |
Ausschüttungsmöglichkeiten der Gesellschaft geknüpft ist. | |
## Schlechte Situation in Deutschland | |
„Das Sanierungskonzept ist eine Chance für Solarworld“, sagt Analyst Andrew | |
Murphy von der Bonner Murphy&Spitz Umwelt Consult. Ob das Solarunternehmen | |
mit seiner Produktion aber weiterhin in Deutschland stark vertreten bleibe, | |
stehe auf einem anderen Blatt: „Solarworld ist global aufgestellt und wird | |
sich in Zukunft verstärkt dort hin orientieren, wo die Märkte sind – etwa | |
nach Amerika.“ | |
In Deutschland nämlich sei die Situation für die Solarbranche inzwischen | |
ziemlich schlecht. Und es bestehe die Gefahr, dass sie nach der | |
Bundestagswahl noch schlechter werde: „Vermutlich wird es weitere | |
Einschnitte geben.“ Und deswegen gingen viele deutsche Technologiefirmen | |
inzwischen mit ihrer Produktion ins Ausland. | |
8 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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