# taz.de -- 750-Millionen-Klage in den USA: Rechtsstreit bedroht Solarworld | |
> Ein Silizium-Lieferant hat das größte deutsche Solarunternehmen verklagt. | |
> Ob das Urteil hierzulande Bestand hätte, ist unsicher. | |
Bild: Für die Solarword-Mitarbeiter könnte es existenzbedrohend werden | |
Freiburg taz | Für den größten deutschen Solarkonzern steht viel auf dem | |
Spiel: Im US-Staat Michigan findet am Donnerstag eine gerichtliche Anhörung | |
in einem 750 Millionen Dollar schweren Rechtsstreit statt. Das Verfahren | |
könnte für Solarworld existenzbedrohend werden. | |
Kläger ist der US-amerikanische Konzern Hemlock Semiconductor Corp. Mit dem | |
Silizium-Lieferanten hatte die Solarworld Industries Sachsen GmbH zu | |
Boomzeiten Lieferverträge zu hohen Preisen abgeschlossen. Später rächte | |
sich das: Die Preise für den Photovoltaik-Rohstoff brachen weltweit ein – | |
und die deutsche Firma nahm die vereinbarten Mengen nicht ab. | |
Sie beharrt darauf, dass „nach europäischem Recht kartellrechtliche | |
Bedenken gegen die zugrunde liegenden Siliziumverträge“ bestünden. Nach | |
Auffassung von Solarworld könne nämlich das Kartellrecht „zur Nichtigkeit | |
der Abnahmeverpflichtungen und gegebenenfalls zur Nichtigkeit der | |
Lieferverträge führen“. Allerdings urteilte das zuständige Gericht in | |
Michigan bereits im vergangenen Oktober, es werde den Einwand der | |
Vertragsnichtigkeit im Verfahren nicht zulassen. | |
Firmenchef Frank Asbeck gibt sich erst mal gelassen. „Sollten wir in der | |
ersten Instanz unterliegen, besteht die Möglichkeit, in den USA weitere | |
Rechtsmittel einzulegen“, sagte er kürzlich. Zudem, so schreibt der Konzern | |
in seinem Konzernbericht 2015, müsse ein US-Urteil „mit den wesentlichen | |
Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar sein, damit es in Deutschland | |
anerkannt und vollstreckt werden kann“. | |
## Optimismus beim Solarworld-Vorstand | |
Es müsse also ein deutsches Gericht ein etwaiges Urteil erneut prüfen, ehe | |
eine Vollstreckung in Deutschland erfolgen könne. Spätestens dann würden | |
die kartellrechtlichen Einwände wieder relevant. Aus diesem Grund gehe | |
Solarworld „auch im Falle eines möglichen negativen US-Urteils von einer | |
geringen Eintrittswahrscheinlichkeit für die tatsächliche Durchsetzbarkeit | |
von Ansprüchen seitens Hemlock gegen die Solarworld aus“. | |
Kritiker teilen den Optimismus nicht. Der Frankfurter Wirtschaftsprofessor | |
Christian Strenger hat in einem Gegenantrag zur Hauptverhandlung der | |
Solarworld AG am kommenden Dienstag empfohlen, dem Vorstand keine | |
Entlastung zu erteilen. Dieser stütze sich im Fall Hemlock nämlich „immer | |
noch auf Gutachten, die bei sorgfältiger Analyse als irrelevant oder | |
unzutreffend zu werten“ seien. | |
Auch Asbecks Einschätzungen zur Vollstreckbarkeit eines möglichen Urteils | |
in Deutschland teilt der Antragsteller nicht: Diese seien „kaum eingängig, | |
da Solarworld mittlerweile ein hohes US-Engagement hat“, schreibt Strenger. | |
Dass Solarworld aufgrund seiner Einschätzung auch keine Rückstellungen für | |
den Fall eines negativen Urteils gebildet hat, nennt Strenger in seinem | |
Gegenantrag gar eine „kaum begründbare Bilanzartistik“. | |
## Verlust im ersten Quartal | |
So spekulieren die Anleger derzeit vor allem darüber, wie wahrscheinlich es | |
ist, dass Hemlock einen Schadenersatzanspruch gegen Solarworld erwirken und | |
in Deutschland vollstrecken kann. Dass ein solches Szenario für die | |
beklagte Firma fatal wäre, räumt diese selbst in ihrem Konzernbericht ein: | |
Folge wären „erhebliche negative Auswirkungen auf die Liquiditätslage der | |
Gesellschaft bis hin zur Bestandsgefährdung“. Entsprechend nervös sind die | |
Anleger: Die Solarworld-Aktie hat seit Oktober fast 60 Prozent ihres Wertes | |
verloren. | |
Der Photovoltaikkonzern wollte 2016 eigentlich wieder Geld verdienen. | |
Allerdings fuhr die Firma im ersten Quartal einen Verlust von 9,7 Millionen | |
Euro ein. | |
5 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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