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# taz.de -- Onlinewahlkampf der Linkspartei: Puristische Bauklötzchen
> Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die
> Parteien während des Wahlkampfes im Netz schlagen. Dieses Mal: die
> Linkspartei.
Bild: Sahra Wagenknecht spielt auf einem Parteitag mit ihrem Smartphone
## Der Klassiker - die Parteiseite
[1][Die Parteiseite der Linken] erinnert an ein Nachrichtenportal. Die
aktuellsten Beiträge mit Überschrift, Bild und Teaser-Text stehen ganz
oben, und rutschen im Laufe der Zeit weiter nach unten. Der Hintergrund ist
in schlichtem Weiß gehalten. Auch das Layout ist vergleichsweise
puristisch. Die Seite ist aus statischen Blöcken zusammengewürfelt und
verzichtet auf Spielereien.
Je nach Interesse kann der potentielle Wähler zwischen mehreren Themen wie
„Politik“, „Wahlen“ oder„Partei“ wählen. Scrollt man wie die meist…
mit einer energischen Bewegung des Zeigefingers auf der Startseite
herunter, fliegen teils kämpferische Überschriften über den Bildschirm, wie
[2][„Drohnen ächten, Rüstungsexporte verbieten, Auslandseinsätze beenden�…
In der rechten Seitenspalte findet sich ein „Spendenbarometer“, das wohl
den Spieltrieb der Nutzer in bare Münze umwandeln soll. [3][Klickt man auf
das Röhrchen] mit den kleinen Strichen und der roten Pegelstandssäule, wird
zur Enttäuschung der großen Spielkinder jedoch keine Animation abgefahren.
Vielmehr grinst einen der Bundesschatzmeister der Partei, Raju Sharma, an
und hält die digitale Hand auf. Schnell zurück auf die Startseite: Hier
gibt’s die Buttons, über die man in die Sozialen Netzwerke flüchten kann.
## Das Neuland - die Social Media Präsenz
1245 Meter - „Wer bietet mehr“, steht über einem [4][Foto], dass die Partei
auf ihrer Facebook-Seite gepostet hat. Zu sehen ist ein Wahlkampfplakat auf
einem Aussichtspunkt des Freiburger Hausbergs Schauinsland. Ein Nutzer
kommentiert unter dem Bild: „Mir persönlich wäre es lieber, wenn die
Prozente in den Wahlprognosen „höher“ wären. Drei Stunden später erschei…
die Antwort der Linken: „Heute gerade auf 9 Prozent rauf. Es wird.“
Ein von der Partei geposteter [5][Zeitungsartikel] über einen
Flaschensammler erregt die Gemüter der Nutzer besonders. Auf dem Foto ist
auch ein winziger Ausdruck eines der Wahlkampfplakate mit dem Slogan:
„Statt Flaschen sammeln: 1.050 Euro Mindestrente“. Im Laufe von 24 Stunden
kommen unter dem Artikel weit mehr als hundert Kommentare zusammen.
Bei den ersten Kommentaren diskutiert die Linke mit ihrem offiziellen
Account noch mit, überlässt das Forum dann jedoch den Nutzern. Mehr als
1.600 Nutzer klicken auf „Gefällt mir“, über 650 teilen den Artikel mit
ihren Facebook-Freunden. Scrollt man auf der Seite weiter nah unten,
fliegen rote Flaggen vorbei, manchmal sind sie regenbogenfarben. Auf der
Seite finden sich auch Demo-Aufrufe.
Laut dem Blog [6][Hamburger Wahlbeobachter] sind 86,7 Prozent der Linken,
die in einem Parlament sitzen, bei Facebook aktiv. Das sind deutlich mehr
als bei den Volksparteien. Bei Grünen und FDP sind es 89 Prozent.
[7][Auf Twitter] setzt die Linke täglich dutzende Tweets ab. 15.700
Menschen folgen der Partei. Zwei von drei Parlamentariern der Linken sind
auf Twitter vertreten. Mehr sind es mit gut 80 Prozent nur bei den Grünen.
Bei der CDU sind es mit 39 Prozent am wenigsten. Auch die SPD lässt die
Linke auf Twitter hinter sich. Zwar folgen dem sozialdemokratischen
Parteivorstand auf Twitter fast 40.000 Nutzer, also deutlich mehr als der
Linken. Aber nur jeder zweite SPDler mit einem Parlamentssitz nutzt
Twitter.
## Die Oberhäupter
Die Linke hat es bei der Präsentation des Spitzenkandidaten schwerer als
die anderen Parteien, da sie nicht nur einen Kandidaten präsentieren muss,
sondern acht. „Sahra ist eindeutig schöner“, lautet der erste Kommentar
unter dem auf Facebook geposteten [8][Wahlkampfplakat von Sahra
Wagenknecht], auf dem das Mitglied des Spitzenachters der Linken lächelt.
Direkt daneben ist das [9][Plakat von Gregor Gysi] eingestellt, der
angespannt wirkt und anklagend mit dem Zeigefinger gestikuliert. Gleich
zwei Minuten nach dem Nutzerkommentar folgt die Antwort vom Account der
Linken: „Na, darum geht es ja nicht. Und: Über Geschmack kann man bestens
streiten ;-).“
Vergleicht man die Facebook-Auftritte der beiden Kandidaten, wirkt der von
[10][Gysi] wesentlich persönlicher. Manchmal mehrfach am Tag schreibt er
Kommentare zu Rentenkassen, Rüstungsfirmen oder knackige Statements wie:
„Ein militärischer Angriff auf Syrien wäre eine Katastrophe“. Manchmal
übernimmt das einer seiner Mitarbeiter, was sowohl auf Facebook wie auch
auf Twitter mit dem Kürzel „(mi)“ gekennzeichnet ist, heißt es aus Gysis
Büro.
Wagenknecht verweist hingegen knapp auf Interviews mit ihr oder verlinkt
einfach ihre aktuellen Presseerklärungen. Das mache sie grundsätzlich
selbst, gelegentlich übernehmen das jedoch auch ihre Mitarbeiter, heißt es
aus Wagenknechts Büro. Während sie gänzlich auf ein Coverfoto oben auf
ihrer [11][Facebook-Seite] verzichtet, hat Gysi hier ein Foto von einer
roten Tüte gepostet, die an einem Fahrradlenker zu hängen scheint und die
die Aufschrift „Wählen gehen“ trägt.
Dafür wirkt die [12][Internetseite von Wagenknecht], die im gleichen Stil
gepflegt wird, seriöser als die von [13][Gysi]. Er posiert hier ganz oben
auf der Seite in Kumpelpose mit einigen Kindern: „Die jungen Fußballer
schnappten sich Gysi ohne Berührungsängste zu einem Gruppenfoto“, heißt es
unter dem Foto.
Auf Twitter sind beide aktiv. [14][Gysi] erreicht mit seinen Tweets 13.000
Nutzer, die ihm folgen. [15][Bei Wagenknecht] sind es 9.000 Menschen.
Twitter-Nerds sind die beiden aber nicht. Meist zwitschern sie nur ein-
oder zweimal pro Tag.
## Die Kleinigkeiten
Gunhild Böth hat keinen Twitter-Account. Die Landessprecherin der Linken in
Nordrhein-Westfalen kandidiert für den Bundestag. In einem
[16][YouTube-Video] erklärt sie, dass sie sich vor allem in der
Bildungspolitik engagieren möchte. Gefragt nach ihrem Nachrichtenkonsum,
antwortet sie: „Ich versuche mich durch die bergischen Lokalblätter Online
zu klicken.“ Das Anfang September hochgeladene Video ist nach zwei Tagen
immerhin schon acht Mal angesehen worden. 800 Nutzer hat der
[17][Landesverband Hamburg auf Twitter.] Aber der letzte Tweet ist Mitte
Juni abgesetzt worden – seitdem: Funkstille.
Während also in Sachen Onlinewahlkampf im Bergischen Land und in Hamburg
nicht viel los ist, twittern die Mitglieder des Landesverbandes Berlin um
so intensiver. „Morgen in der Offline-Welt, schon heute hier online: Unsere
neue Großfläche mit #Gysi“, [18][heißt es dort] zum Beispiel. „Wie findet
ihr sie?“ Ein Nutzer, der sich „Free Chelsea Manning“ nennt, zeigt sich
begeistert: „Super! Gibt's die Großflächenplakate im "real-life" mit
QR-Code?“ Anstatt diese Anregung für einen Onlinewahlkampf mit den neusten
Mitteln aufzunehmen, kommt als Antwort vom Partei-Account nur ein: „Nö“.
## Der Peinlichkeitsfaktor
„Brüderle halluziniert. Kann dem mal jemand einen Bocksbeutel bringen“,
[19][twittern die Linken] während des TV-Dreikampfes zwischen Rainer
Brüderle, Jürgen Trittin und Gregor Gysi. „Was ist ein Bocksbeutel“, frag…
die Berliner Linken in ihrer getwitterten Antwort. „Frankenwein“, kommt vom
Bundesaccount zurück. Dann noch ein Link auf einen Wikipedia-Artikel, der
bauchige Weinflaschen. „Aha. Vielen Dank. Wieder was gelernt“, twittern die
Berliner artig zurück.
Dafür sieht das [20][Twitter-Profilbild] der Bundestagsabgeordneten Petra
Pau richtig rotzig aus: Telefonierend rennt die Comic-Figur mit den
knallroten Haaren und Shirt durch eine kalte weiße Welt.
Nicht so lustig ist ein [21][Foto] auf der Facebook-Seite der Partei. Ein
grinsender junger Mann steht da vor einer SPD-Grossfläche, auf der ein
gesetzlicher Mindestlohn gefordert wird. Der Mann hält das Linken-Plakat
mit der Aufschrift „Genug gelabert! 10 Euro Mindestlohn jetzt“ davor. Auf
dem SPD-Plakat sind zwei Menschen mit Besen und Putzwagen zu sehen.
Der Geschäftsführer der Gebäudereiniger-Innung, Johannes Bungart, hatte
sich kürzlich [22][über das Plakat aufgeregt.] In der Branche gibt es
bereits einen gesetzlichen Mindestlohn und das Plakat propagiere altes
Schubladendenken von armen und hilfsbedürftigen Reinigungskräften. 1.400
Menschen „liken“ das Foto, es gibt fast 200 Kommentare. Doch keiner weißt
auf diesen Umstand hin und damit hauen sie in die gleiche Kerbe wie die
SPD.
## Der Gesamteindruck
Die Parteiseite im Bauklotzformat könnte ansehnlicher gestaltet werden und
auch durch interaktive Elemente für die Nutzer ansprechender gemacht
werden. In den Sozialen Netzwerken bemüht sich die Linke redlich, und wird
dafür teilweise auch durch einen aktiven Austausch der Nutzer untereinander
auf den Profilen der Partei belohnt. Gut gepflegt, aber wenig innovativ –
da geht noch mehr.
13 Sep 2013
## LINKS
[1] http://www.die-linke.de
[2] http://www.die-linke.de/partei/organe/parteivorstand/parteivorstand20122014…
[3] http://www.die-linke.de/dielinke/spenden/
[4] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151550641840683&set=a.60691390…
[5] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151546337395683&set=a.60691390…
[6] http://www.hamburger-wahlbeobachter.de/2013/07/social-media-in-der-politik-…
[7] http://twitter.com/dieLinke
[8] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151556104800683&set=a.10151556…
[9] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151556104810683&set=a.10151556…
[10] http://www.facebook.com/gregor.gysi
[11] http://www.facebook.com/pages/Sahra-Wagenknecht/206307219386683
[12] http://www.sahra-wagenknecht.de/
[13] http://www.gregorgysi.de/
[14] http://twitter.com/GregorGysi
[15] http://twitter.com/SWagenknecht
[16] http://www.youtube.com/watch?v=x_5mPrfJqAI
[17] http://twitter.com/DieLinke_HH
[18] http://twitter.com/dielinkeberlin/status/372002028567797760
[19] http://twitter.com/dieLinke/status/374604319141543936
[20] http://twitter.com/PetraPauMaHe
[21] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151629536111958&set=a.2186448…
[22] /SPD-im-Wahlkampf/!121127/
## AUTOREN
Alexander Kohn
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