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# taz.de -- Adbusting von Wahlplakaten: Jetzt auch mit Inhalt
> Die Verfremdung von Plakaten wird zum Volkssport. Manche verändern sie
> zum Spaß, andere verbinden damit eine Botschaft.
Bild: Huch
BERLIN taz | „Haha, ein Tablet“, sagt ein Angestellter zu seiner jüngeren
Kollegin auf einem CDU-Wahlplakat. „Tolles Ding. Kann sogar YouPorn.“
Schwer vorstellbar, dass die CDU tatsächlich ein solches Plakat aufgestellt
hat.
Vampirzähne, Hitlerbärte, verfremdete Slogans – [1][Wahlplakate sind vor
Kreativität nicht gefeit.] Viele lassen mit dem Filzstift ihren Frust ab,
manche nutzen ihre künstlerische Ader, um politische Botschaften zu
verbreiten. Hinter einigen Neuinterpretationen steckt Strategie.
So wurde in Berlin auf dutzenden Plakaten des Grünen-Direktkandidaten
Hans-Christian Ströbele dessen Gesicht durch das des verstorbenen
Schauspielers Jopi Heesters ersetzt. Einige Motive liefern eine so gute
Vorlage, dass sie immer wieder auf dieselbe Art verfremdet werden. Merkels
Slogan „Gemeinsam erfolgreich“, wird mit wenigen Strichen zu „einsam reic…
oder „mein reich“ umgedichtet.
Doch nicht nur in der realen Welt sind die Wahlplakate beliebte
Spielwiesen. Die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung bieten noch
mehr Freiraum. Merkels aneinandergelegte Fingerspitzen gehören im Netz
plötzlich zur skrupellosen Simpsons-Figur Mr Burns.
## Kleine Nadelstiche
Auch das besagte YouPorn-Plakat existiert nur im Netz und ist das Werk des
Bloggers Floyd. Der gelernte Grafiker fotografiert die Plakate auf der
Straße und bearbeitet sie am Computer nach.
Auf seiner Seite [2][fakeblog.de] präsentiert der 41-Jährige die
umgedichteten Wahlsprüche. „Satire und kleine Nadelstiche sind wichtig, um
die Plattitüden der Parteien zu entlarven“, sagt Flyod. „Ich will der
Wahlwerbung das Sinnhafte nehmen.“ Bis zu 8.000 Klicks haben Floyds Werke
am Tag. Besonders seine umgestalteten CDU-Plakate begeistern viele
Internetnutzer. „Die CDU-Werbung eignet sich besonders für Satire“, sagt
er. Sie seien im Original schon ziemlich komisch.
Doch einseitige Wahlwerbung will der Blogger nicht machen - seine
Plakataktion versteht er als Kritik gegen alle Parteien: „Politik handelt
allgemein nicht immer in Sinne der Bevölkerung – also soll sie auch nicht
so tun.” Floyd fehlt bei vielen Parteiplakaten eine Vision. Eine Vision,
die er auch in der Politik vermisst: “Wie wollen wir zukünftig als
Gesellschaft zusammenleben?”, fragt sich der Blogger und will mit seinen
Plakaten ein Signal senden: „Lasst euch politisch nicht hinhalten!“
Der Vorteil der rein digitalen Manipulation: Floyd zerstört keine Plakate
und macht sich somit nicht strafbar. Zudem ist die Reichweite seiner Werke
im Internet viel größer. „Auf der Straße alleine ist keine Wahl mehr zu
gewinnen“, sagt der Blogger. Der öffentliche Raum sei zunehmend das
Internet.
Das zeigen auch die Reaktionen auf das Projekt: Auf Facebook und Twitter
werden Floyds Plakatmanipulationen geteilt und diskutiert. Mittlerweile hat
er einige Fans im Netz, die mehr wollen: Nach Grünen, SPD und CDU können
sich neuerdings auch die FDP und Linkspartei über neue Wahlmotive – und
damit viel Aufmerksamkeit im Internet freuen.
## Die Parteien verstehen bei dem Thema wenig Spaß
Die SPD versteht angesichts der Verfremdungsaktionen auf der Straße wenig
Spaß. Plakate, die bemalt oder beschädigt sind, werden umgehend ersetzt, so
ein Sprecher. Auch die CDU ärgert sich: „Wir finden das alles andere als
lustig, wenn Plakate etwa mit Hitlerbärtchen verunstaltet werden.“ Und
selbst der Grüne Ströbele ärgert sich: „Begeistert bin ich nicht, aber den
Staatsanwalt rufe ich auch nicht an“, sagt er zu der Aktion.
Was die Parteien übersehen: Die kreative Auseinandersetzung mit ihren
Plakaten – sei es bösartig, lustig oder kritisch – verschafft ihnen
Aufmerksamkeit vor allem junger Menschen, die sich sonst kaum dafür
interessieren würden.
13 Sep 2013
## LINKS
[1] /
[2] http://www.fakeblog.de
## AUTOREN
Felix Hütten
Dinah Riese
## TAGS
Wahlkampf
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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