# taz.de -- Alternative für Deutschland: „Die Parteien das Fürchten gelehrt… | |
> Die Eurogegner scheitern im Jahr ihrer Gründung bei der Bundestagswahl | |
> knapp mit 4,8 Prozent. Viele AfD-Wähler kommen von der FDP. | |
Bild: Grinsebacke mit Blumen: AfD-Chef Bernd Lucke | |
BERLIN taz | Sie war die große Unbekannte in diesem Wahlkampf. Bis zuletzt | |
hatten die Umfragen offengelassen, ob es die eurokritische und teilweise | |
rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) in den Bundestag | |
schafft. Schließlich landete sie bei 4,8 Prozent. Auch in Hessen verpasste | |
die AfD mit vier Prozent den Einzug in den Landtag. | |
Bei der Wahlparty, zu der sich mehrere hundert Mitglieder und Kandidaten | |
der Partei im Berliner Nobelhotel Maritim versammelt hatten, war die | |
Stimmung dennoch gut. „Lucke, Lucke, Lucke“, skandierten die Anhänger – | |
unter ihnen viele Männer jenseits der 50 – als der Parteivorsitzende Bernd | |
Lucke die Bühne betrat. „Egal wie es heute Abend ausgeht: Wir haben ein | |
starkes Ergebnis vorgelegt“, rief Lucke. „Wir haben die anderen Parteien | |
das Fürchten gelehrt und die Demokratie bereichert.“ | |
Klar ist bisher nur eine Konsequenz des guten Abschneidens der AfD: Die FDP | |
ist aus dem Bundestag geflogen – sehr zur Freude der AfD-Fans im Maritim. | |
Als die schlechten Zahlen der Liberalen über die Bildschirme laufen, ist | |
der Jubel noch größer als bei den eigenen Werten. Viele ehemalige | |
FDP-Anhänger sind zur Partei der Eurogegner übergelaufen. Sie nehmen der | |
FDP übel, dass sie den Eurorettungskurs mitgetragen hat. | |
„Von der FDP werden die Menschen doch in jeder Hinsicht verraten und | |
verkauft“, sagt etwa der Rechtsanwalt Axel Fachtan, der aus Fürstenwalde | |
zur Party gekommen ist. Die ersten Angaben über Wählerwanderungen | |
bestätigen den Trend: 440.000 AfD-Wähler kommen demnach von der FDP – das | |
ist der höchste Wert für die neue Partei. Es folgen ehemalige Anhänger von | |
Linkspartei und Union sowie die Nichtwähler. Die Partei hatte sich erst im | |
Februar dieses Jahres gegründet und zählte im August 14.000 Mitglieder. | |
## Frust über die Etablierten | |
Ein Ehepaar berichtet, er habe bisher die Union unterstützt, sie die SPD. | |
Der „angeblich alternativlose Eurokurs“ habe sie zum Wechsel bewogen. Einer | |
Analyse der Forschungsgruppe Wahlen zufolge setzten 67 Prozent der | |
AfD-Wähler aus Frust über die etablierten Parteien ihr Kreuz bei den | |
Eurogegnern. Nur 14 Prozent entschieden sich wegen politischer Inhalte für | |
sie. | |
Egal, mit wem die Unionsparteien regieren, inhaltlich wird sich an der | |
bisherigen Europolitik voraussichtlich nicht viel ändern. Doch zumindest | |
die Rhetorik im neuen Bundestag dürfte sich durch das gute Abschneiden der | |
AfD stark verändern: Eurokritischer Populismus, bisher vor allem in der | |
Linkspartei verbreitet, dürfte auch bei anderen Parteien zunehmen. Dass | |
ihre Europolitik auch von rechts offensiv kritisiert wird, ist für | |
Kanzlerin Angela Merkel eine völlig neue Situation. | |
Was für die AfD innerparteilich aus dem Wahlerfolg folgt, ist offen, denn | |
personell und programmatisch ist die Partei immer noch eine große | |
Unbekannte. Während Bernd Lucke als Vorsitzender in Talkshows einen | |
seriösen Eindruck vermittelt, sind viele Landesverbände vor allem durch | |
Streit und Intrigen aufgefallen. Geschafft hat die Partei den Erfolg mit | |
einem Programm, das gerade einmal vier Seiten umfasst – aber ein wichtiges | |
Alleinstellungsmerkmal enthält: die Forderung nach einer „geordneten | |
Auflösung des Euro-Währungsgebiets“. | |
## Rechtspopulistisches Milieu | |
Daneben steht die AfD für ein konservatives Familienbild, vertreten etwa | |
von der einflussreichen erzkonservativen Netzwerkerin Beatrix von Storch, | |
für Zweifel am Klimawandel und eine restriktivere Einwanderungspolitik. | |
„Die ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt | |
unterbunden werden“, heißt es im Programm. Mit solchen Parolen zog die AfD | |
auch Mitglieder aus dem rechtspopulistischen Milieu an. Die Abgrenzung | |
dagegen, die von der Parteiführung verbal stets vertreten wurde, blieb in | |
der Realität teilweise unscharf. Mit ihrem Erfolg könnte die Partei für | |
Anhänger von rechten Parteien noch attraktiver werden. | |
Bei der Wahlparty im Maritim ist von solchem Streit, der mancherorts die | |
Arbeit gelähmt hat, nichts zu spüren. Hier gibt sich die Partei betont | |
bürgerlich. Der Vorsitzende Lucke betont in jedem Interview, die Partei | |
komme „aus der Mitte der Gesellschaft“. Im Wahlkampf klang das noch anders. | |
Da bezeichnete er Zuwanderer schon mal als „Bodensatz der Gesellschaft“. | |
23 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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