# taz.de -- Kommentar Linken-Vorstoß Mindestlohn: Mit ein bisschen Fantasie | |
> Der Mindestlohn ist nur Symbol für das, was die ungenutzte rot-rot-grüne | |
> Mehrheit im Bundestag so alles beschließen könnte. Eine clever platzierte | |
> Aktion. | |
Bild: Zäh? Der von der Linken ins Spiel gebrachte Mindestlohn – etwa für F… | |
Wahlverlierer müssen wenigstens versuchen zu zeigen, dass sie lernbereit | |
sind. FDP, Grüne und Piraten haben deshalb ihre kompletten Führungsriegen | |
ausgewechselt. Damit wollen sie sagen: Wir haben verstanden, dass wir uns | |
verändern müssen. | |
Die SPD dagegen tut so, als sei sie gar kein Verlierer – und präsentiert | |
als erstes Signal die Wiederwahl von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, | |
vormaliger Wahlverlierer und Inkarnation des Stillstands. Ein Mann, dessen | |
bisheriges politisches Wirken mit keinem einzigen Satz, geschweige denn mit | |
einer inhaltlichen Initiative in Erinnerung geblieben ist. | |
Auch die Linkspartei will dem Publikum und sich selbst einreden, dass ihr | |
Stimmenverlust ein großartiger Erfolg gewesen sei – allerdings geht sie | |
dabei wesentlich geschickter vor als die SPD. Mitten im zähen und bisher | |
weitgehend inhaltsfreien Pokerspiel um große Koalitionsoptionen und kleine | |
Kabinettsplätzchen präsentiert Linken-Chefin Katja Kipping ein Sachthema, | |
noch dazu ein beliebtes. | |
Die Idee, den Mindestlohn, wie ihn auch SPD und Grüne wünschen, einfach so | |
im Bundestag beschließen zu lassen, ist zwar nicht ganz neu und zum | |
Scheitern verurteilt, was das Abstimmungsergebnis betrifft. Die SPD wird | |
ihre potenzielle Partnerin Angela Merkel damit nicht vergrätzen. Aus Sicht | |
der Linken macht das aber nichts, es ist sogar der Punkt, auf den Kipping | |
mit ihrem Vorschlag hinauswill: die unnötige Unterwerfung der SPD unter | |
Merkel. | |
Der Mindestlohn ist dabei nur ein Symbol für das, was die ungenutzte | |
rot-rot-grüne Mehrheit im neuen Bundestag so alles beschließen könnte: | |
höhere Spitzensteuer, Kitaförderung statt Betreuungsgeld, you name it. | |
Kommt nicht, wird nichts, ist schon klar. Denn die SPD hat es vor der Wahl | |
kategorisch ausgeschlossen. Rot-Rot-Grün jetzt wäre Selbstmord, weil nur | |
mit einem gigantischem Wortbruch zu realisieren. Ypsilanti hoch zehn – | |
unmöglich. | |
Aber eben nicht für alle Ewigkeit. Es liegt im Interesse beider roten | |
Parteien, nach künftigen Wahlen die Option einer gemeinsamen Regierung zu | |
haben. Dafür müssen sich beide Parteien bewegen – auch die Linke, die sich | |
von illusorischen Forderungen wie der Totalverweigerung von | |
Auslandseinsätzen der Bundeswehr ebenso verabschieden muss wie von | |
stasibelasteten Funktionären. | |
Der Weg zur Koalitionsfähigkeit ist lang, aber die clever platzierte Aktion | |
der Linkspartei für einen realistischen und mehrheitsfähigen Mindestlohn | |
ist zumindest ein Anfang, der die Fantasie anregt. | |
25 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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