# taz.de -- Kommentar Schwarz-grüne Perspektive: Eine große Inszenierung | |
> Schwarz-grün ist geplatzt, die Stimmung zwischen den Parteien ist dennoch | |
> prächtig. Für das Jahr 2017 bedeutet dieser angeblich neue Sound nichts. | |
Bild: Seit an Seit und doch trennt vieles Schwarz und Grün | |
Es kann einem ja fast angst und bange werden, so lieb haben sich die Grünen | |
und die CSU plötzlich. Der Bayer Alexander Dobrindt lobte die Atmosphäre | |
der gescheiterten Sondierungsrunde fast euphorisch, auch Grünen-Chef Cem | |
Özdemir bekundete eifrig, wie ernsthaft, sachlich, kurz: toll die Gespräche | |
mit den Schwarzen gewesen seien. | |
Nimmt man die Sympathiebekundungen als Messlatte, müsste man annehmen, dass | |
Schwarze und Grüne gerade eine historische Koalition geschmiedet hätten, | |
statt [1][ihren Tod] für das Jahr 2013 zu verkünden. | |
Das Ganze ist selbstverständlich eine große Inszenierung. Zunächst gibt es | |
logischerweise eine professionelle Gesprächsebene zwischen | |
Spitzenpolitikern jeder Couleur, Claudia Roth duzt auch prominente | |
Christsoziale. Die Idee, dass da zwei Lager plötzlich überrascht entdecken, | |
dass die anderen Hochdeutsch sprechen und Manieren haben, war also von | |
vornherein abwegig. | |
Offensichtlich ist, dass die Zuneigung vor allem taktischen Motiven folgt. | |
Die Union braucht auf lange Sicht neue Optionen. Ihr natürlicher Partner, | |
die FDP, ist von der Bildfläche verschwunden, und es ist ungewiss, ob sie | |
je wieder auftaucht. Die AfD, eine offen europafeindliche Partei, ist eben | |
doch keine Alternative für Deutschland. Und für Angela Merkel ist es wenig | |
attraktiv, sich auf Dauer an die Sozialdemokratie zu ketten. Sie hat also | |
das Interesse, sich die Grünen für 2017 warm zu halten. | |
Auch die Grünen wären dumm, würden sie jetzt mit Trotzmiene schlechte | |
Stimmung verbreiten. Sie sind so erleichtert, dass der Kelch des Regierens | |
wohl an ihnen vorüber geht, dass ihr Aufatmen in Berlin-Mitte fast | |
körperlich zu spüren war. Sie können ihrer Parteibasis nun Dutzende Inhalte | |
vorzeigen, die Grüne und Schwarze trennen. Gleichzeitig haben sie den | |
uralten, aber wieder angesagten Kurs der Eigenständigkeit mit hübschen | |
Anekdoten illustriert. | |
Für das Jahr 2017 bedeutet dieser angeblich neue Sound nichts. Eine | |
schwarz-grüne Koalition wird nicht durch zwei Sondierungstermine | |
vorbereitet, sondern durch jahrelanges, ernsthaftes Miteinanderreden, durch | |
parlamentarische Initiativen und durch einen Testlauf in einem wichtigen | |
Bundesland. | |
Entscheidend ist zum Beispiel, [2][was Tarek Al-Wazir in Hessen | |
hinbekommt]. Nur in einem einzigen, sehr unwahrscheinlichen Fall bekäme die | |
Verbalkuschelei plötzlich Relevanz: Wenn die SPD wider Erwarten vor der | |
Großen Koalition zurückzuckt, werden sich alle an die schwarz-grüne | |
Lobhudelei erinnern. | |
16 Oct 2013 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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