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# taz.de -- Roma-Abschiebung in Frankreich: „Völlig inhumaner“ Innenminist…
> Die Proteste gegen Frankreichs Innenminister werden immer heftiger.
> Scharfe Kritik gibt es auch aus der eigenen Partei. Aber Manuel Valls
> bleibt stur.
Bild: Die abgeschobene Leonarda Dibrani im kosovarischen Mitrovica
PARIS taz | In der sozialistischen Regierungspartei (PS) herrscht Empörung
über das Vorgehen der französischen Behörden bei der Abschiebung einer
Roma-Familie in den Kosovo, deren Asylanträge abgelehnt worden waren.
„Nicht mit uns!“, protestieren intern und öffentlich zahlreiche
PS-Mitglieder.
Sie verlangen Rechenschaft von ihrem Parteifreund Manuel Valls, dem für die
Polizei und die Flüchtlingspolitik zuständigen Innenminister. Die Kritiker
werfen ihm vor, er praktiziere dieselbe repressive Politik gegenüber
Migranten und Flüchtlingen wie seine rechten Vorgänger unter Präsident
Nicolas Sarkozy.
Anlass des Streits ist die Ausweisung einer Roma-Familie im französischen
Jura. Der Familienvater war am Vortag abgeschoben worden. Als die Polizei
eintraf, um die restlichen Mitglieder der 2009 aus dem Kosovo eingereisten
Familie abzuholen, fehlte eines der sechs Kinder. Die 15-jährige Leonarda
nahm an einem Schulausflug teil. Der Polizeipräfekt telefonierte mit dem
Schulleiter, der mit einer Lehrerin Kontakt aufnahm. Der Schulbus wurde
gestoppt und Leonarda vor den Augen ihrer MitschülerInnen weggebracht.
Im Nachhinein beteuern die lokalen Behörden und das Innenministerium, alles
sei nicht so dramatisch verlaufen. Die betroffene Familie habe zweimal
erfolglos einen Asylantrag gestellt und nach der Ablehnung alle
Beschwerdemittel ausgeschöpft.
Als „völlig inhuman“ bezeichnet dagegen das Netzwerk „Erziehung ohne
Grenzen“ (RESF), gestützt auf die Schilderung von Leonardas
Geografielehrerin, die Methoden. „Die SchülerInnen und die Lehrer waren
sehr schockiert. Ich musste am Tag danach in der Klasse darüber
diskutieren, weil die Jugendlichen und ihre Eltern sehr beunruhigt waren“,
sagt sie.
## Schutzzone Schule
Mehrere Schulen waren am Donnerstag aus Protest geschlossen, landesweit
gingen Tausende SchülerInnen auf die Straße. Erziehungsminister Vincent
Peillon verlangt, dass die Schule von der Polizei wie eine Schutzzone
respektiert werde.
Schockiert über ihren Parteigenossen Valls sind zahlreiche Sozialisten. Der
Vorsitzende der Nationalversammlung, der Sozialist Claude Bartolone,
ermahnt Valls via Twitter: „Es gibt das Gesetz, aber auch Grundwerte, die
die Linke nicht infrage stellen kann, ohne ihre Seele zu verkaufen.“
Für Emmanuel Maurel vom linken PS-Flügel ist die Grenze des Erträglichen
überschritten: „Vor einigen Jahren hätten die Sozialisten geschlossen gegen
solche Praktiken demonstriert.“ Unter dem Druck der Proteste hat Valls eine
Untersuchung angeordnet. Ändern will er an seiner Ausländerpolitik aber
nichts.
17 Oct 2013
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Flüchtlinge
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Abschiebung
Roma
Manuel Valls
Schwerpunkt Frankreich
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Schwerpunkt Rassismus
Ausschreitungen
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