# taz.de -- Entführtes Kind in Roma-Dorf gefunden: Griechenland rätselt um Ma… | |
> Die griechische Polizei hat eine Vierjährige in einem Roma-Dorf gefunden. | |
> Die vermeintlichen, mittlerweile inhaftierten Eltern sind nicht die | |
> leiblichen. | |
Bild: Was ist Marias Herkunft? Ein kanadischer Vater, von einer bulgarischen Mu… | |
ATHEN taz | Ein möglicherweise schon als Baby entführtes Kind ist in | |
Griechenland gefunden worden. Bei der Durchsuchung eines Roma-Dorfes im | |
mittelgriechischen Farsala entdeckten Polizisten ein circa vierjähriges | |
Mädchen, das auf den Namen Maria hört. Das Kind war den Ermittlern wegen | |
seiner blonden Haare und grünen Augen aufgefallen. Zudem hatte es keinerlei | |
Ähnlichkeit mit dem Roma-Paar, das sich als Marias Eltern ausgab. | |
Bei einer Vernehmung verstrickten sich die vermeintlichen Eltern in | |
Widersprüche. So behaupteten sie zunächst, das Kind habe einen kanadischen | |
Vater. Dann gaben sie an, das Kind seiner bulgarischen Mutter abgekauft zu | |
haben. Dritte Version: Sie hätten das Kind vor einem Supermarkt gefunden. | |
Ein DNS-Test bestätigte unterdessen, dass die 40-jährige Frau und der | |
39-jährige Mann nicht Marias leibliche Eltern sind. | |
Die Ermittler gehen nun von einer Entführung aus. Das Kind könnte aus einer | |
Klinik entführt oder von seiner Mutter ausgesetzt worden sein, sagte | |
Vassilis Halatsis, Polizeichef der Region Thessalien. Erste Ermittlungen | |
ergaben, dass das Kind im Jahr 2009 in das Roma-Dorf gelangte. Kurz darauf | |
hätten sich die beiden Tatverdächtigen in Athen Geburtsurkunde und | |
Taufschein erschlichen. Das Paar wurde am Donnerstag verhaftet und das | |
Mädchen der griechischen Kinderhilfsorganisation „Das Lächeln des Kindes“ | |
übergeben. | |
Maria ist bei guter Gesundheit. Doch noch besteht Ungewissheit, wer das | |
Mädchen ist. „Bisher haben wir keine Meldung zum Verschwinden eines Kinds | |
dieses Alters in Griechenland“, so Halatsis. Marietta Palavra, Anwältin des | |
Paares, sprach am Freitagabend im TV-Sender Skai von einer illegalen | |
Adoption. Das Mädchen sei von einer ausländischen Frau in Griechenland | |
geborenen worden, doch diese habe das Kind loswerden wollen. | |
## Drei Kinder in fünf Monaten geboren | |
Palavra bestätigte, dass die vermeintliche Mutter zwei gültige | |
Personalausweise und zwei Familienstammbücher besitze, in denen insgesamt | |
zehn Kinder eingetragen seien. Laut dieser Unterlagen hätte die Frau drei | |
Kinder innerhalb von fünf Monaten und drei weitere innerhalb von | |
dreieinhalb Monaten zur Welt gebracht haben müssen. Auch der angebliche | |
Vater führe ein zusätzliches Stammbuch mit noch weiteren vier Kindern. | |
„Solche illegalen Praktiken dienen der Erschleichung von Kindergeldern“, | |
sagte die Anwältin. | |
Doch nur weil die inhaftierte Frau falsche Papiere vorgelegt habe, mache | |
sie das noch nicht zur Entführerin. Am Freitag ließ die Staatsanwaltschaft | |
Fotos des Mädchens veröffentlichen, um seine Identität klären zu können. | |
Die griechische Polizei schaltete Interpol ein und schickte zur Ermittlung | |
der leiblichen Eltern Genproben in ausländische Labors. | |
## Kindlerhändlerring zwischen den Ländern | |
Die Ermittler schließen auch organisierten Kinderhandel nicht aus. Kostas | |
Jannopoulos, Chef der Kinderhilfsorganisation, bei der Maria vorerst wohnt, | |
hält dies für durchaus wahrscheinlich: „Es gibt einen Kinderhändlerring, | |
der zwischen Bulgarien, Rumänien, Albanien und Griechenland operiert“, | |
sagte er. „Wir sind schockiert, wie einfach es für Leute ist, Kinder als | |
ihre eigenen zu registrieren.“ | |
Das Mädchen war in Athen registriert. Die angeblichen Eltern hatten von den | |
Behörden in Athen eine Geburtsurkunde erhalten. Jannopoulos ist sicher, | |
dass „die Polizei ein Geflecht entwirren wird, das weit über das Schicksal | |
eines Mädchens hinausgeht“. Die Resonanz nach dem Polizeiaufruf ist groß: | |
Über 5.000 Anrufe aus Griechenland und dem europäischen Ausland | |
registrierte allein die Organisation „Das Lächeln des Kindes“. | |
20 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
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