# taz.de -- Kampf gegen Rechtsextremismus: Freistaat kriegt noch die Linkskurve | |
> In Sachsen droht den Mobilen Beratungsteams sowie der Opferberatung das | |
> finanzielle Aus. In letzter Minute lenkt das sächsische Finanzministerium | |
> ein. | |
Bild: Engagement gegen Rechts hat es schwer in Sachsen. | |
DRESDEN taz | Für den Hilferuf wurde es höchste Zeit. Die Mobilen | |
Beratungsteams gegen rechts und die Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, | |
Integration und Demokratie e.V. ([1][RAA]) in Sachsen hatten sich am Montag | |
medienwirksam den zweiten Jahrestag der Aufdeckung der NSU-Verbrechen | |
ausgesucht, um vor Journalisten auf ihr drohendes Aus hinzuweisen. Zum | |
Jahresende müssten sie ihre Arbeit einstellen, falls der Freistaat nicht | |
doch noch einlenkt. | |
Statt einer Förderung von zuletzt 470.000 Euro steht im sächsischen | |
Landeshaushalt 2014 ein Leertitel. Und ohne Landesgelder fließen auch die | |
280.000 Euro vom Bund nicht. 13 Beratern und ihren Büros in den Landkreisen | |
musste bereits vorsorglich gekündigt werden. | |
Wie in anderen Bundesländern auch, unterstützen die Mobilen Beratungsteams | |
den Kampf von Initiativen gegen Rechtsextremismus, Alltagsrassismus und | |
Antisemitismus vor Ort. Zunehmend werde aber auch Bildungsarbeit zu | |
allgemeinen Fragen des demokratischen Zusammenlebens nachgefragt, erklärt | |
Grit Hanneforth vom koordinierenden Kulturbüro Sachsen. | |
Die RAA betreut jährlich etwa 200 Opfer rechtsextremer und rassistischer | |
Gewalt. Beide Initiativen sind im Beratungsnetzwerk Sachsen zusammenfasst. | |
Es erhält Gelder aus dem Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“, vom | |
sächsischen Sozialministerium und über das Landesprogramm „Weltoffenes | |
Sachsen“ auch vom Innenministerium. | |
## Wer ist schuld? Staat oder Freistaat? | |
Für das drohende Ende ihrer bundesweit anerkannten Arbeit macht Grit | |
Hanneforth nicht nur den Freistaat, sondern auch die „fragile | |
Förderstruktur des Bundes“ verantwortlich. Durch die Befristung der | |
Bundesprogramme entstünden immer wieder neue Unsicherheiten. „Zusammenhalt | |
durch Teilhabe“ sollte in diesem Jahr auslaufen, wurde dann aber doch um | |
ein Jahr verlängert. | |
Bei der Planung des Doppelhaushalts 2013/14 ging Sachsen von einem Ende des | |
Programms aus und stellte für 2014 keine Kofinanzierung mehr ein. „Statt | |
Programmstrukturen brauchen wir vielmehr eine Institutionalisierung der | |
Demokratieförderung“, fordert deshalb Kerstin Köditz, antifaschistische | |
Sprecherin der Linken im Landtag. Ihr SPD-Kollege Henning Homann erwartet | |
von seinen Genossen, dass sie in einer Großen Koalition ein | |
Demokratiefördergesetz durchsetzen. | |
Die Betroffenen werfen dem Freistaat nun vor, nicht rechtzeitig reagiert zu | |
haben. Sie berufen sich dabei auf die im Bundestag einstimmig beschlossenen | |
Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses vom 22. August dieses Jahres. | |
Darin heißt es, alle vorhandenen Strukturen, die aktiv für die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung einträten, seien „zu sichern und | |
drohende Kürzungen zu verhindern“. | |
## Bedarf bleibt hoch | |
Beratungsangebote zählen ausdrücklich dazu. Der Bedarf an diesen Leistungen | |
sei leider unverändert hoch, schildert Geschäftsführer Robert Kusche von | |
der RAA die Folgen eines möglichen Ausfalls. Durchschnittlich jeden dritten | |
Tag werde in Sachsen ein rassistischer Angriff verübt. | |
Das sächsische Sozialministerium sagte am Montag auf taz-Anfrage, dass das | |
Finanzministerium der beantragten sogenannten außerplanmäßigen | |
Verpflichtungsermächtigung für 2014 zugestimmt habe. Kurzfristig werde mit | |
dem Kulturbüro und der RAA nun diskutiert, wie man die Mittel noch in | |
diesem Jahr binden könnte. Damit könnte nicht nur das finale Aus der | |
Beratungsangebote, sondern auch ein drohendes Finanzierungsloch im Januar | |
abgewendet werden. | |
5 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.raa-sachsen.de/ | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## TAGS | |
Nazis | |
Rechtsextremismus | |
Sachsen | |
Opferberatung | |
Kita | |
Gregor Gysi | |
Freiburg | |
Demonstrationen | |
Demokratie | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Anti-Rassismus-Stiftung: Rechte Ideologie auch in Kitas | |
Rechtsextremismus kann auch in Kitas zum Problem werden, etwa, wenn Kinder | |
nicht mit Dunkelhäutigen spielen wollen. Das berichtet die | |
Amadeu-Antonio-Stiftung. | |
Nach Äußerung auf Facebook: Gysi erhält antisemitische Mails | |
Am 9. November rief der Linken-Fraktionschef zum Kampf gegen Antisemitismus | |
auf. Seitdem bekommt er etliche judenfeindliche Mails. Schuld sei auch die | |
NPD, so Gysi. | |
Antifa-Mitglied über Outing von Rechten: „Wir wollen Nazis natürlich schade… | |
Die Autonome Antifa Freiburg outet regelmäßig Nazis. Ein Mitglied der | |
Gruppe, das unerkannt bleiben will, über ihre Ziele, Methoden und Grenzen. | |
NPD-Aufmarsch im Erzgebirge: Unter bürgerlichem Deckmantel | |
NPD und Kameradschaften protestieren als angeblich unorganisierte Bürger | |
gegen Flüchtlinge – in Schneeberg folgten ihnen über 1.500 Menschen. | |
Demokratie-Enquete des Bundestages: Die Demokratiekoalition | |
Nicht nur Parteien, auch Initiativen und Verbände stellen nach der Wahl | |
Ansprüche ans neue Parlament. Wer bekommt einen schönen | |
Bundestagsausschuss? | |
Rechte Szene zersplittert: Braune sind sich nicht grün | |
In mehreren Bezirken gingen Neonazis auf die Straße – aber getrennt. Die | |
Rechtsradikalen der Stadt zersplittern sich nach Gründung neuer | |
Neonazi-Partei. | |
Hilfe für Opfer rechter Gewalt: „Ein untragbarer Zustand“ | |
Seit 15 Jahren hilft die Opferperspektive Betroffenen rechter Gewalt in | |
Brandenburg. Das Angebot, fordert ihr Geschäftsführer, brauche es endlich | |
auch in Westdeutschland. | |
Ermittlungen gegen rechts: Linke wirft Polizei Versagen vor | |
Die Polizei sei „erschreckend ahnungslos“, sagt Linke-Fraktionschef Udo | |
Wolf. Innensenator hält dagegen. NPD will in Hellersdorf und Neukölln | |
demonstrieren. |