# taz.de -- NPD-Aufmarsch im Erzgebirge: Unter bürgerlichem Deckmantel | |
> NPD und Kameradschaften protestieren als angeblich unorganisierte Bürger | |
> gegen Flüchtlinge – in Schneeberg folgten ihnen über 1.500 Menschen. | |
Bild: Rechte beim Protest gegen das Asylbewerberheim in Schneeberg | |
Das Erzgebirgsstädtchen Schneeberg erlebte am Samstag erneut einen | |
„Lichtlauf“ – einen Fackelumzug, angemeldet von einem lokalen | |
NPD-Funktionär, an dem über 1.500 Menschen teilnahmen. Vor zwei Wochen | |
waren es bereits 1.000. | |
Der Protest richtet sich gegen ein Asylbewerberheim, das Sachsens | |
Innenministerium in der Kleinstadt eingerichtet hatte. Viel Unterstützung | |
erhalten die Flüchtlinge bisher nicht. Nur rund 500 Personen, mobilisiert | |
von SPD, CDU, Linkspartei, Grünen und der evangelischen Kirche, beteiligten | |
sich am Samstag an einer Gegendemonstration. | |
Mobilisiert hatten rechte Kräfte in Schneeberg über Facebook. | |
Facebook-Seiten gegen Flüchtlingsheime, initiiert von vermeintlich | |
parteiunabhängigen Bürgerinitiativen, gibt es inzwischen einige: in | |
Berlin-Hellersdorf, in Pätz und Gransee in Brandenburg, in Hoyerswerda, | |
Chemnitz und Schneeberg in Sachsen, in Duisburg in Nordrhein-Westfalen, | |
Bretten in Baden-Württemberg sowie in Greiz und Beichlingen in Thüringen. | |
Die Seiten ähneln sich optisch und sind miteinander vernetzt. Steckt eine | |
überregionale Organisation dahinter? Zieht die Berliner NPD-Zentrale die | |
Fäden? | |
So weit würde Ingo Decker, Sprecher von Brandenburgs Innenminister Ralf | |
Holzschuher (SPD), nicht gehen. „Es handelt sich allerdings eindeutig nicht | |
um spontanen Bürgerprotest. Die Initiatoren kommen aus der rechten Szene, | |
sowohl aus der NPD als auch aus dem noch radikaleren | |
Kameradschaftsspektrum. Die Kräfte vor Ort übernehmen das Hellersdorfer | |
Modell, das sie als erfolgversprechend und kampagnenfähig ansehen.“ | |
## Thema Asylbewerberheime | |
Anders als die bisherigen Themen der NPD, Grenzkriminalität oder Eurokrise, | |
sei das Thema Asylbewerberheime anschlussfähig in der Gesellschaft. Es gebe | |
Indizien, dass hinter der Seite in Gransee/Brandenburg der lokale | |
NPD-Funktionär Robert W. stecke, so Decker. In Pätz hingegen wurde ein | |
Aufzug vor zwei Wochen von Sven M. angemeldet, dem Verfassungsschutz seit | |
Jahren aus der Kameradschaftsszene bekannt. Am Steuer des | |
Lautsprecherwagens saß ein lokaler NPD-Funktionär. Als Redner trat unter | |
anderem Berlins NPD-Chef Sebastian Schmidtke auf. | |
„Die Bürgerinitiative dort behauptet, parteiunabhängig zu sein. Die Fakten | |
sprechen eine andere Sprache“, sagt Decker. Er ist optimistisch, dass die | |
Kampagne der Rechten in Brandenburg misslingt. In Pätz sind lediglich 200 | |
Menschen zur Demonstration gekommen, darunter viele rechte Aktivisten aus | |
Berlin. Auch in Berlin hat die sogenannte „Bürgerinitiative | |
Marzahn-Hellersdorf“, die im Juli eine Anwohnerversammlung kaperte, | |
deutlich an Zuspruch verloren, nachdem Unterstützer der Flüchtlinge | |
tagelang vor dem Asylbewerberheim präsent waren und aufklärten. | |
## NPD auf Landtagswahlkampf | |
Anders sieht es in Thüringen und Sachsen aus. „An den Protesten in Greiz | |
und Beichlingen nehmen sehr viele Menschen teil“, sagt die Thüringer | |
Rechtsextremismusexpertin Katharina König (Linke) der taz. „Den Initiatoren | |
gelingt es, sich als vermeintlich überparteilich zu verkaufen.“ König | |
beobachtet auch, dass es zu Absprachen kommt. „Wenn in Schneeberg in | |
Sachsen demonstriert wird, wird in Thüringen nicht demonstriert, damit die | |
Thüringer Rechten nach Schneeberg fahren können.“ | |
Auch NPD und freie Kameradschaften würden sich, so König, abstimmen. „In | |
Greiz kommen die Aktivisten aus dem Kameradschaftsspektrum. In Beichlingen | |
hat die NPD das Ruder übernommen.“ König geht davon aus, dass das Thema den | |
Landtagswahlkampf der NPD in Thüringen und Sachsen 2014 dominieren wird. | |
4 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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