| # taz.de -- Rechte Szene zersplittert: Braune sind sich nicht grün | |
| > In mehreren Bezirken gingen Neonazis auf die Straße – aber getrennt. Die | |
| > Rechtsradikalen der Stadt zersplittern sich nach Gründung neuer | |
| > Neonazi-Partei. | |
| Bild: Glatze und Plautze: So schaut der neue Berlin-Ableger der "Rechten" aus. | |
| Die rechte Szene in Berlin zersplittert sich. Am Samstag, einen Tag vor der | |
| Bundestagswahl, gingen Neonazis gleich in mehreren Bezirken auf die Straße | |
| – allerdings auf getrennten Wegen. | |
| Erst eine Woche alt ist der Landesverband der Neonazi-Partei „Die Rechte“, | |
| der sich am Nachmittag am Bahnhof Lichtenberg versammelte. Von dort zogen | |
| die rund 50 Rechtsextremen durch den Bezirk – fast alles Neonazis alter | |
| Schule: schwarz gekleidete Kahlköpfe mit aggressivem Getue. Einige wirkten, | |
| als seien sie direkt aus der Szenekneipe „Henker“ gefallen. Kurzzeitig | |
| musste die Polizei den Aufzug stoppen, da es wiederholt zu Gewaltaufrufen | |
| kam. Über Lautsprecher wurde Gegendemonstranten „Ein Hammer, ein Stein, ins | |
| Arbeitslager rein“ entgegenskandiert. Die Chefin der Mobilen Beratung gegen | |
| Rechtsextremismus wurde beschimpft. Auf einem Transparent hieß es: „Die | |
| Schonzeit ist vorbei. Nationalen Sozialismus durchsetzen, mit allen | |
| Mitteln.“ | |
| Bereits am Mittag war die NPD am Rathaus Schöneberg aufgezogen. Später fuhr | |
| die Partei weiter nach Hellersdorf, protestierte dort in der Nähe des | |
| Bahnhofs. Sie brachte es auf 30 Anhänger, darunter ihren Bundeschef Holger | |
| Apfel, der gegen Flüchtlinge und die Grünen hetzte. | |
| Auffällig war, dass aus Lichtenberg fast keine Neonazis zur NPD-Kundgebung | |
| fuhren. Damit wird mit Gründung der „Rechten“ aus Szene-internen Spannungen | |
| nun auch eine organisatorische Trennung. Die Neupartei besteht aus etlichen | |
| enttäuschten NPD-Anhängern, denen die Partei zu lasch ist. Bereits 2008 | |
| gründeten diese die Kameradschaft „Frontbann 24“. Offen wurde sich an die | |
| SA-Vorgängerorganisation gleichen Namens angelehnt, die Gruppe trat in | |
| schwarzen Uniformen auf. Am Ende zählte sie rund 60 Mitglieder. 2009 wurde | |
| sie verboten. | |
| Mit der „Rechten“ gibt es für diese Neonazis nun offenbar eine neue Heimat. | |
| Neuer Landeschef ist der damalige „Frontbann“-Kader Uwe Dreisch, ein Hüne | |
| mit Glatze und Plautze. Mehrere weitere Kameradschaftler gehören nun zur | |
| „Rechten“. Der militante Auftritt wird fortgeführt: Dreisch kündigte neben | |
| einer „Natur- und Tierschutzabteilung“ bereits an, eine „Ordnungsgruppe�… | |
| gründen. Seine Partei feierte er als „neue Gegenbewegung“. | |
| Das dürfte Wunsch bleiben. Die Truppe ist überschaubar, ihren Aufmarsch | |
| verstärkten auswärtige Gesinnungsgenossen. Auffälliger noch: Auch das | |
| bisher führende Neonazi-Netwerk der Stadt, der „Nationale Widerstand | |
| Berlin“, blieb fern. Deren Vertreter zieht es zunehmend zur NPD und deren | |
| Jugendorganisation, auch am Samstag. Der Verfassungsschutz hatte die rechte | |
| Szene in Berlin jüngst noch als „einheitliches informelles Netzwerk“ | |
| beschrieben. Das scheint nun überholt. | |
| Auch die Dritten im Bunde waren am Samstag unterwegs: die Rechtspopulisten | |
| von „Pro Deutschland“. Mit neun Mann zogen sie in einer Kundgebungstour vor | |
| linke Projekte, zum Abschluss hielten sie auf der Kreuzberger Oranienstraße | |
| nahe dem Flüchtlingscamp. Mit Nazis habe man nichts zu tun, beteuerte | |
| „Pro“-Landeschef Lars Seidensticker. Um darauf über „Asylbetrüger“ zu | |
| schimpfen und ein Verbot von „Pro Asyl“ zu fordern. | |
| Allen drei Rechtsaußen war an diesem Tag aber eines gemein: Die | |
| Gegendemonstranten waren stets in der Überzahl, empfingen die Rechten mit | |
| Trillerpfeifen und Eierwürfen. In Lichtenberg blockierten sie die | |
| Weitlingstraße, weshalb die Neonazis ihre Route ändern mussten. 1.500 | |
| Polizisten waren den Tag über im Einsatz, auch wegen anderer | |
| Veranstaltungen. | |
| Auf der „Pro“-Kundgebung ergriff ein afrikanischer Gegendemonstrant das | |
| Mikro der Rechten. Würden sich die Europäer nicht in anderen Länder | |
| einmischen und dorthin Waffen verkaufen, erklärte er ruhig, gäbe es auch | |
| weniger Flüchtlinge. „Ich will hier einfach nur Mensch sein.“ "Pro"-Mann | |
| Seidensticker fiel dazu nicht viel mehr ein, als den Mann als | |
| "Scheinasylanten" zu beschimpfen. Es ging im Getöse der Gegendemonstranten | |
| unter. | |
| 22 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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