Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ermittlungen gegen rechts: Linke wirft Polizei Versagen vor
> Die Polizei sei „erschreckend ahnungslos“, sagt Linke-Fraktionschef Udo
> Wolf. Innensenator hält dagegen. NPD will in Hellersdorf und Neukölln
> demonstrieren.
Bild: Sie suchen die Hetze: Rechtsextreme der NPD.
Udo Wolf wählt drastische Worte. „Die Ahnungslosigkeit bei der Polizei im
Bereich Rechtsextremismus ist erschreckend“, sagt der Fraktionschef der
Linken am Dienstag auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz. Er
verweist auf eine Anzeige, die er vor neun Monaten gegen den NPD-Landeschef
Sebastian Schmidtke gestellt habe. „Bis heute habe ich nicht mal ein
Aktenzeichen“, schimpft Wolf.
Auch sonst sei nichts vom Kampf gegen Rechtsextremismus zu merken, den
Innensenator Frank Henkel (CDU) nach den NSU-Morden ausgerufen habe. Das
Neonazi-Netzwerk "Nationaler Widerstand" bleibe unbehelligt.
Zivilgesellschaftliche Initiativen wie die Mobile Beratung gegen
Rechtsextremismus wüssten bis heute „weit mehr“ als das LKA. „Ein
Armutszeugnis.“ Rumms.
Henkels Replik lässt nicht lange auf sich warten. „Absolut unverschämt“
seien die Vorwürfe, poltert er zurück. Wolfs „Verachtung für unsere
Polizei“ sitze offenbar tief. „Die Polizei ermittelt in jedem
Phänomenbereich sorgfältig und in rechtsstaatlichen Grenzen“, so Henkel.
„Das unterscheidet uns von Diktaturen.“ Rumms.
Ist das jetzt Wahlkampf? Wolf verneint. Er habe bei der Sache mit der
Anzeige immer wieder nachgehakt. Henkel hält dagegen: Die Bekämpfung des
Rechtsextremismus sei weiter Schwerpunkt des Senats. Im Mai hatte er nach
mehreren Polizeipannen in der NSU-Aufarbeitung angekündigt, den
Staatsschutz umzubauen. Die Hälfte der Mitarbeiter sollte ausgetauscht
werden, neun Stellen dazukommen. Ein Polizeisprecher sagte, die neuen
Kollegen kämen Ende des Jahres. Alle 62 Mitarbeiter für den Bereich
Rechtsextremismus arbeiteten „sehr engagiert“.
Am Mittwoch werden sie wieder zu tun bekommen. Dann will die NPD wieder in
Hellersdorf gegen Flüchtlinge protestieren, diesmal mit einer
Kundgebungstour. Angemeldet sind dafür zehn Teilnehmer. Die Polizei
genehmigte vier Kundgebungen. Eine - ursprünglich vor der Asylunterkunft in
der Carola-Neher-Straße beantragt - wurde in die Nähe des U-Bahnhofs
Hellersdorf verlegt. Parteien und Initiativen kündigten Gegenprotest an.
Aus Kreuzberg wollen Demonstranten mit einem gemieteten Doppeldeckerbus
anrücken.
Die NPD hatte zuletzt auch zu einer Bürgerwehr aufgerufen, um Hellersdorf
von „Asylanten und Linken“ zu „befreien“. Die Staatsanwaltschaft wertete
dies nun als "Belästigung der Allgemeinheit", eine Ordnungswidrigkeit. Für
Linken-Mann Wolf auch das viel zu läppisch, eine "große Posse". Er hatte
wegen Volksverhetzung Anzeige erstattet.
Bereits am Donnerstag will die NPD erneut Unruhe stiften. Am Abend wird in
der Neuköllner Fritz-Karsen-Schule über eine geplante Flüchtlingsunterkunft
informiert. Ab Anfang 2014 sollen bis zu 400 Asylsuchende in einem neu zu
bauenden Heim in Britz untergebracht werden. Anwohner sammelten bereits
Unterschriften gegen die Unterkunft.
Anders als in Hellersdorf, wo im Juli eine Info-Veranstatlung in rechter
Stimmungsmache unterging, wurde in Neukölln vorgesorgt. Einlader ist die
Anwohnerinitiative „Hufeisern gegen Nazis“, der Bezirk sitzt nur auf dem
Podium. „Wir sind parteiisch“, sagt Jürgen Schulte von der Initiative, „…
die Flüchtlinge.“ Bekannten Neonazis werde der Einlass verwehrt,
rassistische Parolen werde man nicht dulden. Zudem seien um die Schule
herum fünf Kundgebungen angemeldet, um dort rechtsextremen Protest zu
verhindern. Laut Polizei hat die NPD dennoch Kundgebungen im Umfeld der
Schule angemeldet. "Wir wollen die Vorbehalte diskutieren", sagt Schulte,
"aber wir wollen es diskriminierungsfrei tun".
10 Sep 2013
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Nazis
Nazis
Schwerpunkt Rassismus
NPD
Hellersdorf
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kampf gegen Rechtsextremismus: Freistaat kriegt noch die Linkskurve
In Sachsen droht den Mobilen Beratungsteams sowie der Opferberatung das
finanzielle Aus. In letzter Minute lenkt das sächsische Finanzministerium
ein.
Neonazi-Gewalt in Sachsen-Anhalt: Angriff mit fatalen Folgen
Neonazis verletzen einen türkischstämmigen Imbissbetreiber in Bernburg
lebensgefährlich. Die Polizei ermittelt gegen neun Tatverdächtige.
Neukölln empfängt Flüchtlinge: Der Gegenentwurf zu Hellersdorf
In Neukölln wird über ein geplantes Flüchtlingsheim informiert – rund 500
Zuhörer demonstrieren Solidarität. Nur Bezirksbürgermeister Buschkowsky
stänkert.
NPD eskaliert Wahlkampf: Rechte provozieren Kandidaten
Rechtsextreme fordern migrantische Bewerber für den Bundestag mit Briefen
zur Ausreise auf. Die Linke will Nazi-Plakate abhängen.
NPD-"Antigewalt-Bürgerwehr": Keine Ermittlungen eingeleitet
Im Aufruf zu einer "Bürgerwehr" sehen die Ermittlungsbehörden keinen
Rechtsverstoß. Dafür muss die NPD in anderer Sache einen Rückschlag
hinnehmen.
Nach der Hetze gegen Flüchtlinge: Ein Bezirk sucht die Toleranz
Am Samstag feierte Hellersdorf ein Fest gegen Nazis. Es wurden Gospels
gesungen und Luftballons verteilt. Ein Versuch, wieder zur Normalität
zurückzukehren.
NSU-Affäre: Henkel ist sauer auf die Polizei
Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses schimpft der CDU-Innensenator über
seine Behörde. Die neue Panne bei der Übermittlung von Informationen sei
unentschuldbar.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.