| # taz.de -- Antifa-Mitglied über Outing von Rechten: „Wir wollen Nazis natü… | |
| > Die Autonome Antifa Freiburg outet regelmäßig Nazis. Ein Mitglied der | |
| > Gruppe, das unerkannt bleiben will, über ihre Ziele, Methoden und | |
| > Grenzen. | |
| Bild: Deutliche Zeichen. | |
| taz: Uli, sind Sie Fan des mittelalterlichen Prangers? | |
| Uli: Uns geht es weniger um das Anprangern von Nazis als um den Schutz vor | |
| Nazis. Wenn eine Firma jemanden einstellt oder eine Wohnung vermietet | |
| werden soll, dann werden die Daten der Bewerberinnen und Bewerber | |
| gegoogelt. Und wenn jemand dann in einem unserer Kommuniqués fündig wird, | |
| dann ist klar: Vorsicht, diese Person ist ein Nazi. | |
| Des einen Schutz ist des anderen Schaden. Und das ist ja wohl kein Zufall? | |
| Nein. Wir wollen Nazis natürlich schaden, so gut es geht. Sie sollen Ärger | |
| mit ihrer Nachbarschaft bekommen und am Arbeitsplatz. Wir wollen ein Klima | |
| schaffen, in dem sich Nazis nicht wohlfühlen. | |
| Wer ist für Sie ein Nazi? | |
| Das fängt bei Leuten an, die andere zusammenschlagen und ermorden, weil sie | |
| nicht in ihr faschistisches Weltbild passen, bis hin zu Leuten, die | |
| Naziideologie verbreiten. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein | |
| Verbrechen. | |
| Ist das heute immer so eindeutig, was Nazi-Ideologie ist? | |
| Wir benutzen den Begriff nicht inflationär. Ein Outing muss ja auch | |
| vermittelbar sein. Auch prüfen wir jeden Fall genau. Bisher haben wir noch | |
| niemand zu Unrecht beschuldigt. | |
| Sie machen keine Fehler? | |
| Wir bemühen uns sehr, keine Fehler zu machen. Ein Grundsatz unserer | |
| Öffentlichkeitsarbeit ist: Wir lügen nicht. Wenn etwas in unseren | |
| Kommuniqués steht, dann kann man sicher sein, dass wir das für richtig | |
| halten. Wir sind auch sehr vorsichtig. Bevor wir etwas veröffentlichen, | |
| checken wir alles sehr gründlich, bis wir wirklich sicher sind. | |
| Stellt das Outing von Nazis nicht einen indirekten Aufruf zur Gewalt dar? | |
| Die Antifa-Szene ist sehr verantwortungsvoll und überlegt sich genau, was | |
| sinnvoll ist und was nicht. Als Grundlage dafür liefern wir ihr | |
| differenzierte Informationen. Wir werfen nicht alle Nazis in einen Topf. | |
| Wenn jemand kein Schläger ist, schreiben wir das auch. | |
| Einen Nazi-Schläger darf man also eher verprügeln als einen Nazi-Agitator? | |
| Das habe ich nicht gesagt. Bisher hat es jedenfalls keinen Fall gegeben, in | |
| dem einem geouteten Nazi etwas passiert ist, was wir für unangemessen | |
| hielten. Wenn am Wohnort eines Nazis warnende Flugblätter an die Nachbarn | |
| verteilt werden, finden wir das ausdrücklich gut. Und wenn die taz beim | |
| Arbeitgeber eines Geouteten anruft und der dann den Job verliert, freuen | |
| wir uns. | |
| Sie stellen die Geouteten auch gerne bloß … | |
| Wenn jemand als Nationalist nicht mal die deutsche Rechtschreibung | |
| beherrscht, dann teilen wir das gerne mit. Warum soll man nicht auch mal | |
| über Nazis lachen? | |
| Sie legen auch peinliche Vorlieben offen. Finden Sie Persönlichkeitsrechte | |
| vernachlässigbar? | |
| Die Persönlichkeitsrechte von Nazis interessieren uns tatsächlich nur | |
| wenig. Andererseits wollen wir aber auch nicht ablenken: Wir outen jemand, | |
| weil er ein gefährlicher Nazi ist, und nicht, weil er Eigenheiten hat, die | |
| ihm peinlich sind. | |
| Aber Sie machen peinliche Details bekannt, weil Sie wissen, dass der | |
| Betroffene nun in der rechten Szene verspottet wird … | |
| Etwas Zersetzung ist natürlich mit dabei. Aber wir erfinden nichts, sondern | |
| teilen nur Dinge mit, die wir belegen können. | |
| Geht es Ihnen auch um Einschüchterung? | |
| Ja. Wir zeigen mit den Kommuniqués, welchen Einblick wir in die rechte | |
| Szene haben. Und dass wir vielleicht noch viel mehr wissen. | |
| Wehren sich manche der Geouteten gerichtlich gegen die Veröffentlichung im | |
| Internet? | |
| Bisher nicht. Unser Server steht in Island. | |
| Wie lange arbeiten Sie an einem Kommuniqué? | |
| Mal ein paar Monate, mal ein paar Jahre, manchmal nur eine Nacht. Wir | |
| sammeln immer parallel Fakten zu verschiedenen Themen und Personen. | |
| Gibt es Prioritäten? | |
| Ja. Wer Linke angreift, wird von uns vorrangig bekämpft. Dabei geht es auch | |
| um Selbstschutz. | |
| Wie kommen Sie an Informationen? | |
| Manches googeln wir einfach. Oft schreiben die Leute persönliche Dinge auf | |
| Webseiten und vergessen es wieder. Und später fragen sie sich, woher wir | |
| das wohl wissen. | |
| Persönliche Mails aus der Naziszene haben Sie aber wohl kaum gegoogelt … | |
| Manchmal nehmen wir unter vorgetäuschten Identitäten Kontakt zu Nazis auf. | |
| Zum Beispiel: „Ich bin Dein Ortsvorsteher und will Dir das neue Organigramm | |
| nach Hause schicken. Wie lautet Deine Adresse?“ | |
| Macht Ihnen das Sammeln von Informationen Spaß? | |
| Wir versuchen, effizient zu arbeiten. Das Sammeln von Informationen ist | |
| kein Selbstzweck. Es geht uns nicht um irgendwelche Trophäen. | |
| Hacken Sie sich auch in fremde Computer ein? | |
| Das ist doch verboten. | |
| Arbeiten Sie mit Spitzeln aus der rechten Szene zusammen? | |
| Wir unterstützen keine Nazis, indem wir ihnen Geld geben. | |
| Haben Sie stattdessen rechte Informanten, die aus Missgunst andere | |
| verpfeifen? | |
| Kein Kommentar. | |
| Sind Sie der bessere Verfassungsschutz? | |
| Der Vergleich ist abwegig. Wir sind Anarchistinnen und Anarchisten und | |
| kämpfen gegen Nazis. Der Verfassungsschutz verteidigt das System und | |
| betreibt eine absurde Gleichsetzung von links und rechts. | |
| Der Verfassungsschutz rechtfertigt seine Ineffizienz damit, dass er sich an | |
| rechtsstaatliche Grenzen hält, die Sie einfach ignorieren. Ist da was dran? | |
| Darüber kann ich nur lachen. Der Verfassungsschutz hat ungleich viel mehr | |
| Geld und Personal als wir. Behörden, die er fragt, müssen ihm antworten. | |
| Wir dagegen können nicht einfach mal beim Kfz-Zulassungsamt anrufen. Man | |
| sollte den Verfassungsschutz nicht unterschätzen. | |
| Wie viele Mitglieder hat die Autonome Antifa Freiburg? | |
| Das wüssten viele gerne. | |
| Anmerkung: Uli (Name geändert) ist Mitglied der Autonomen Antifa Freiburg. | |
| Ungefähres Alter und Geschlecht sind der Redaktion bekannt. | |
| 15 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Freiburg | |
| Strategie | |
| Schwerpunkt Neonazis | |
| Nazis | |
| Freiburg | |
| Schwerpunkt Antifa | |
| Nazis | |
| Schwerpunkt Antifa | |
| Goldene Morgenröte | |
| Rechtsrock | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Freispruch für Nazi: Notwehr nicht ausgeschlossen | |
| Ein Ex-NPDler mit Gewaltfantasien verletzte mit seinem Auto einen | |
| Antifa-Aktivisten schwer. Nun befand ein Gericht, der Nazi könnte könnte | |
| sich verteidigt haben. | |
| Prozess gegen Ex-NPDler: Frontal draufgehalten | |
| In Freiburg wird erneut über den Fall Florian S. verhandelt, der mit dem | |
| Auto ein Antifa-Mitglied anfuhr. Der BGH ließ einen Notwehr-Freispruch | |
| nicht gelten. | |
| Kampf gegen Rechtsextremismus: Freistaat kriegt noch die Linkskurve | |
| In Sachsen droht den Mobilen Beratungsteams sowie der Opferberatung das | |
| finanzielle Aus. In letzter Minute lenkt das sächsische Finanzministerium | |
| ein. | |
| Berlins Antifa ALB wird 10: Alte Schule | |
| Anti-Nazi-Demos, 1. Mai: Die Antifaschistische Linke Berlin prägt die | |
| alternative Szene der Stadt. Heute feiert sie ihr Zehnjähriges. | |
| Nach Mord an Antifa-Musiker: Aufgeschreckter Staat | |
| Besser spät als nie: Angeblich macht die griechische Politik mobil gegen | |
| die Rechtsradikalen. Doch ein Parteiverbot wird es wohl nicht geben. | |
| Strategiestreit unter Antifaschisten: Gefährliche Absprache | |
| Der DGB kündigt vorerst seine Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis „Gera | |
| gegen Rechts“ auf. Beim Protest gegen ein Nazi-Rockfest ging etwas schief. |