# taz.de -- Stadtsoziologe über die Mietpreisbremse: „Eigentümer werden Weg… | |
> Vor allem die Armen werden von der Mietpreisbremse nicht profitieren. | |
> Stadtsoziologe Andrej Holm fordert stattdessen mehr sozialen Wohnungsbau. | |
Bild: Für höhere Mieten muss künftig tatsächlich saniert werden | |
taz: Herr Holm, hilft die [1][Mietbremse] gegen Gentrifizierung, also die | |
Vertreibung von ärmeren Gesellschaftsschichten aus den Innenstädten? | |
Andrej Holm: Nicht wirklich. Eine Deckelung knapp über dem Mietspiegel | |
nützt den Mittelschichten, aber nicht den Armen. Geringverdiener brauchen | |
Mieten unter dem Mietspiegel. Das hat die Mietpreisbremse nicht zu bieten. | |
Hilft sie also gar nichts? | |
Nur bedingt. Sie macht eine Neuvermietung nicht mehr so attraktiv und stört | |
dadurch ein wenig den Verdrängungsdruck. Zurzeit kündigen Eigentümer immer | |
öfter umfangreiche Modernisierungen an, um die Mieter zum Auszug zu | |
bewegen. Soll sich die Miete verdoppeln, suchen viele eine neue Bleibe. | |
Wochen später können die Mieter dann im Netz sehen, wie ihre Wohnungen ohne | |
jede Modernisierung für viel mehr Geld angeboten werden. | |
Mit der Mietpreisbremse müssen die Eigentümer nun wirklich modernisieren, | |
um deutlich höhere Mieten zu erzielen. Aber die Eigentümer werden ihre Wege | |
für das Geschäft mit den Wohnungen finden. Sie werden noch stärker auf die | |
Umwandlung in Eigentumswohnungen setzen. Das ist zwar komplizierter – aber | |
der zu erwartende Gewinn ist auch größer. Vor allem ärmere Haushalte | |
bleiben dabei auf der Strecke – egal, auf welches Pferd die | |
Immobilienbranche gerade setzt. | |
Was müsste denn passieren? | |
Mehr öffentliche Verantwortung für das Wohnen: Rekommunalisierung und | |
Sozialer Wohnungsbau. | |
SPD und Union wollen wie die letzten Jahr 518 Millionen Euro jährlich für | |
den sozialen Wohnungsbau ausgeben. Würde das helfen? | |
Nein. Die zurzeit diskutierten Programme zielen auf eine zeitlich begrenzte | |
Sozialbindung, also nur vorübergehend zu Sozialmieten erhältlichen | |
Wohnraum, und sichern vor allem die privaten Gewinne der Eigentümer. Und | |
selbst in Städten wie Hamburg oder Köln, wo die Kommunen mehr Geld in die | |
Hand nehmen, reicht der Neubau kaum aus, um die Abgänge aus früheren Jahren | |
zu kompensieren. | |
Die Förderprogramme verlangsamen nur den Rückgang, doch müsste sich Politik | |
daran messen lassen, wie viele dauerhaft preiswerte Sozialwohnungen | |
zusätzlich geschaffen werden. | |
Wie könnte das gehen? | |
Echter sozialer Wohnungsbau geht nur außerhalb der Marktregeln. Es braucht | |
eine Verwertungsbremse, um profitorientierte Investoren abzuschrecken und | |
Spielräume für Genossenschaften und gemeinnützige Stiftungen zu öffnen, die | |
nicht in erster Linie Profit machen wollen sondern soziales Wohnen | |
ermöglichen. | |
Was kann die Politik konkret tun, um soziales Wohnen zu ermöglichen? | |
Sie könnte die Modernisierungsumlage abschaffen, damit Eigentümer ihre | |
Modernisierungskosten nicht mehr auf den Mieter abwälzen können. Ihnen | |
würde damit auch ein Mittel fehlen, Mieter aus ihren Wohnungen zu | |
vertreiben. | |
Auch mehr Milieuschutzgebiete einzurichten, würde helfen. Außerdem könnte | |
man die Gewinne aus Vermarktung und Vermietung von Wohnungen sowie den | |
Verkauf von Grundstücken stärker besteuern. | |
4 Dec 2013 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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