# taz.de -- Soziale Mischung in Hamburg: Sozialwohnungen für Betuchte | |
> Um die Sozialstruktur in Großwohnsiedlungen zu verbessern, lässt der | |
> Senat Besserverdienende in geförderte Wohnungen ziehen. Eine Sauerei, so | |
> die Linke. | |
Bild: In Siedlungen wie Mümmelmannsberg können nun auch Wohlhabendere von gef… | |
Trotz des viel zitierten Mangels an bezahlbaren Wohnungen hält es der | |
SPD-Senat nicht für nötig, die knapp 89.000 Sozialwohnungen in Hamburg nur | |
an Geringverdiener zu vergeben. Insgesamt 18.990 öffentlich geförderte | |
Wohnungen können auch von Vermögenden bezogen werden. Das geht aus einer | |
großen Anfrage der Linkspartei hervor. | |
In den Großwohnsiedlungen in Steilshoop, Mümmelmannsberg und | |
Neuallermöhe-West hat es die Stadtentwicklungsbehörde Vermietern im Januar | |
erneut für zwei Jahre freigestellt, Sozialwohnungen auch an Mieter zu | |
vergeben, die eigentlich keinen Anspruch auf geförderten Wohnraum haben. | |
Die Befreiung betrifft in den drei Gebieten 12.373 Sozialwohnungen. Mit | |
dieser Strategie will die Behörde „stabile Nachbarschaften“ schaffen und | |
„eine positive Quartiersentwicklung“ erreichen. Das sei neben der Erfüllung | |
des Versorgungsauftrages ein wichtiges Ziel, sagt der Sprecher der | |
Stadtentwicklungsbehörde, Magnus Kutz. | |
„Dem Versorgungsauftrag immer oberste Priorität einzuräumen, ist aus | |
fachlicher Sicht nicht richtig“, so Kutz weiter. In Wilhelmsburg ist die | |
Freistellung bereits vor sieben Jahren bis Ende 2020 verlängert worden. | |
Dass ganze Gebiete von der sozialen Bindung freigestellt werden, ist nicht | |
neu. In Mümmelmannsberg und Steilshoop verfolgt die Stadt diese Strategie | |
bereits seit 1977. | |
Dennoch spricht die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike | |
Sudmann, von einer „unglaublichen Sauerei“. Denn während die Zahl der | |
Sozialwohnungen in Hamburg seit Jahren sinke, steige die Zahl derer, die | |
einen Anspruch darauf hätten – auf gegenwärtig 400.000 Hamburger Haushalte. | |
Sudmann hält die wohnungspolitischen Auswirkungen für erheblich: Allein | |
2012 seien knapp 800 Wohnungen und damit mehr als zwei Drittel der | |
freigewordenen Sozialwohnungen an Haushalte vermietet worden, die über der | |
Einkommensgrenze liegen. Sudmann kritisiert, dass im gleichen Zeitraum | |
„5.000 ärmere Haushalte trotz Dringlichkeitsschein keine Wohnung bekommen | |
haben“. Mit der Gebietsfreistellung verkleinere der Senat die Chance für | |
Menschen mit wenig Geld, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen. | |
Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg sieht die Gebietsfreistellung | |
mit gemischten Gefühlen. Wenn Familien mit mittleren Einkommen nach | |
Steilshoop zögen, sei das positiv für die soziale Mischung und die | |
Stabilisierung des Stadtteils, sagt er. „Weil es jedoch sowieso zu wenig | |
Sozialwohnungen gibt, gehen so aber auch dringend benötigte Sozialwohnungen | |
verloren.“ | |
Denn obwohl der SPD-Senat den Bau von mindestens 2.000 öffentlich | |
geförderten Wohnungen pro Jahr anschieben will, fallen im gleichen Zeitraum | |
bis zu 6.000 Wohnungen aus der sozialen Bindung. | |
3 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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