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# taz.de -- Wohnen im Alter: Fragwürdiges Tauschgeschäft
> Das Heimann-Stift will sein Grundstück in Eppendorf der Stadt abtreten -
> und in Lokstedt neu bauen. Den BewohnerInnen macht das Angst.
Bild: Die Wohnungen im Heimann-Stift sind renovierungsbedürftig behaupten die …
HAMBURG taz | „Lieber sterbe ich, als hier auszuziehen“, sagt Anne Rohlf.
Die 71-jährige Rentnerin hat Angst, ihre Wohnung im
[1][Martin-und-Clara-Heimann-Stift] Ecke Löwenstraße/Martinistraße in
Eppendorf zu verlieren, weil das Heimann-Stift sowie die benachbarte
Soltow-Stiftung an eine Investorengruppe verkauft werden sollen.
Anne Rohlf lebt seit 19 Jahren in ihrer 50 qm Wohnung und fühlt sich
angewiesen auf die bezahlbare Miete, weil sie nur eine kleine Rente hat.
Sie ist zufrieden in dem denkmalgeschützten Gebäude, das mitten in der
Stadt liegt, aber trotzdem durch den großen Garten hinterm Haus Ruhe
spendet.
## Ein Vorstand war dement
Im Heimann-Stift und in der Senator-Erich-Soltow-Stiftung an der
Breitenfelderstraße leben überwiegend ältere alleinstehende Menschen mit
geringem Einkommen. Das entspräche dem Stiftungszweck, erklärt Axel Kloth,
Immobilien-Ökonom und einer der Vorstände des Heimann-Stifts. „Die Objekte
sind in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Aber eine Renovierung können
wir wirtschaftlich nicht bewerkstelligen.“
Laut Kloth ist einer der alten Vorstände dement gewesen und hat die
Stiftung jahrelang immer tiefer in wirtschaftliche Probleme gebracht.
„Unsere Aufgabe ist es, die Stiftung wieder auf die Beine zu stellen“, sagt
der Stiftungsvorstand. „Deshalb verhandeln wir seit fünf Jahren über ein
Tauschgeschäft mit der Stadt.“
## In Lokstedt wäre man Bauherrin
Der Plan ist, dass die Stadt der Stiftung altersgerechten Wohnraum an einem
anderen Standort zur Verfügung stellt, dafür soll die Stiftung der Stadt
das Grundstück in [2][Eppendorf] abtreten. In [3][Lokstedt] kann die
Stiftung mit Hilfe eines Kredits der Investitions und Förderbank einen
Neubau finanzieren. Denn dort würden dann Grundstück und Gebäude der
Stiftung gehören.
In Eppendorf hingegen gehört der Stadt das Grundstück und der Stiftung das
darauf stehende Gebäude. Für die Immobilienförderung dürfe es aber nur
einen Eigentümer im Grundbuch geben, erklärt Kloth. Für die Mieter, so der
Stiftungsvorstand, ändere sich nichts. Sie könnten in den Neubau nach
Lokstedt ziehen oder in ihren Wohnungen bleiben.
Nach den Plänen der Stadt sollen die Gebäude der Heimann- Stiftung entkernt
und nach den Auflagen des Denkmalschutzamts 63 Sozialwohnungen gebaut
werden. Das Gebäude der Senator-Erich Soltow Stiftung soll dagegen
abgerissen und durch einen Neubau mit weiteren rund 140 Sozialwohnungen
ersetzt werden.
Auf der Grünfläche, die den Senioren derzeit als Garten dient, sollen
dagegen drei Häuser mit nicht geförderten Wohnungen gebaut werden.
Insgesamt entstehen somit 277 Wohnungen, davon 203 Sozialwohnungen,
entsprechend einer Quote von rund 73 Prozent.
## Mieter misstrauen dem Vorstand
Auch Investor und Kaufinteressent Karsten Horx von Euroland erklärt, dass
sich für die Mieter nichts ändern soll: „Sie haben ein gesetzliches
Bleiberecht und dürfen bleiben, wenn sie möchten.“ Zudem: „Die
Mietpreisbindung bleibt.“
Die Mieter dagegen zweifeln daran. „Das ist Augenwischerei“, sagt Rentnerin
Anne Rohlf. „Die Käufer wollen grundentkernen und aus unseren kleinen
Wohnungen großzügige Eigentumswohnungen machen – wir müssen raus.“
Viele Mieter sehen den Stiftungsvorstand kritisch, weil Axel Kloth und auch
sein Vorstandskollege Sebastian Kühl aus der Immobilienbranche kommen.
Kloth hingegen betont, dass der Vorstand ein Ehrenamt sei. Gerade weil er
aus der Immobilienbranche komme, könne er der Stiftung helfen.
Wie das Hamburger Wochenblatt [4][berichtete] soll der eigentliche Anstoß
für den Verkauf jedoch nicht die Renovierungsbedürftigkeit der Gebäude,
sondern ein vom Immobilienmanagement der Stadt ausgelobter
Ideenträgerwettbewerb gewesen sein. Dort wurden Vorschläge für städtische
Grundstücke unterbreitet, die bisher nicht dem freien Wohnungsbau zur
Verfügung standen.
Die Grundstücke der beiden Stiftungen wurden bereits Ende letzten Jahres
der Investorengruppe Euroland anhand gegeben – das bedeutet eine exklusive
Verkaufszusage der Stadt an einen Investor unter Auflagen.
11 Feb 2014
## LINKS
[1] http://www.hamburger-stiftungen.de/?page_id=21
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburg-Eppendorf
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburg-Lokstedt
[4] http://www.hamburger-wochenblatt.de/eppendorf/lokales/idylle-in-gefahr-d129…
## AUTOREN
Mai-Brit Wulf
## TAGS
Hamburg
Wohnen
Immobilienmarkt
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Altern
Immobiliengeschäfte
Sozialwohnungen
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