| # taz.de -- Neues Wohnprojekt: Solidarisch wohnen | |
| > In Huckelriede entsteht ein Haus in Trägerschaft eines Vereins: Dessen | |
| > sozialer Anspruch geht übers Ziel, billigen Wohnraum zu schaffen, hinaus. | |
| Bild: Auf einem Wochenendausflug diskutieren die Mosaik-Mitglieder die gemeinsa… | |
| Das Wohnprojekt Mosaik sucht nach Bewohnern, die mit den InitiatorInnen | |
| gemeinschaftlich unterm eigenen Dach zusammen leben möchten. Mit Glück soll | |
| das Haus in Huckelriede schon Ende des Jahres bezugsfertig sein. Für die | |
| wenigen verbliebenen Wohnungen gibt es InteressentInnen – gesucht werden | |
| vor allem Familien. | |
| Wohnprojekte wie diese sind seltenin Bremen. Private Initiativen versuchen | |
| kaum einmal, Wohnraum zu schaffen, der nicht bloß nach wirtschaftlichen | |
| Kriterien gestaltet wird, sondern soziale Ansprüche formuliert. Für | |
| Vorstandsmitglied Michael Groher und seine Ehefrau Magrit Roos stand schon | |
| vor Jahren fest, dass sie etwas anderes wollen, als eine Wohnung im | |
| anonymen Block. „Im Rentenalter einfach so neben anderen herzuleben, | |
| wollten wir auf keinen Fall“, sagt Groher. Über die „Bauen und Leben eG“ | |
| fanden sie Gleichgesinnte und begannen vor fünf Jahren, gemeinsam nach | |
| alternativen Wohnformen zu suchen. | |
| In der Gruppe haben sich Familien, Paare und Singles zusammengefunden – | |
| ohne soziale Auslese quer durch die Bevölkerungsschichten. Alle bringen | |
| ihre eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen mit: „Wir haben vier Jahre lang | |
| die unterschiedlichsten Varianten durchgespielt und nach geeigneten | |
| Grundstücken gesucht“, erinnert sich Roos. Nach langen Verhandlungen mit | |
| der Stadt und kommerziellen Wohnungsbauern haben sie 2011 das Grundstück im | |
| Cambrai-Dreieck zwischen Niedersachsendamm und Buntentorsdeich gekauft. | |
| Darin ist Platz für 20 Parteien. „Der soziale Anspruch geht über günstiges | |
| Wohnen hinaus“, sagt Groher: Alle Einheiten sollen barrierefrei sein und | |
| der Bau auch nach ökologischen Gesichtspunkten geplant werden. Ideen wie | |
| diese werden auf regelmäßigen Treffen des Vereins erarbeitet. Gemeinsam und | |
| in Fachausschüssen diskutieren die künftigen Nachbarn die Gestaltung ihres | |
| Hauses und grundsätzliche Fragen des Miteinanders. | |
| Anfangs habe da eine Menge Idealismus und wenig Konkretes gestanden, aber | |
| inzwischen hätten sich die Bauherren und damen „zu richtigen ExpertInnen | |
| für Bauwesen, Finanzierung und Innenarchitektur entwickelt“, sagt Roos. Bei | |
| Fragen, die das eigene Leben unmittelbar betreffen, entwickelte sich eine | |
| komplexe Gruppendynamik. „Wir mussten lernen, auch Konflikte miteinander | |
| auszutragen“, sagt Groher. Um das mit dem nötigen Fingerspitzengefühl | |
| anzugehen, greift die Gruppe auch auf Mediation von außen zurück. | |
| Besonders energisch diskutiert wurde das Finanzierungskonzept: Formal wird | |
| das Haus einer GmbH gehören, deren einziger Gesellschafter der Verein | |
| Mosaik ist. Die Bewohner mieten also von sich selbst. | |
| Weil die zum Bau benötigten Kredite an Eigenkapital gebunden sind, zahlt | |
| jede Partei 25 Prozent des Werts ihrer Wohnung ein. Das sind 665 Euro pro | |
| Quadratmeter. So jedenfalls die Idee. „Tatsächlich haben einige erheblich | |
| mehr und andere auch weniger bezahlt“, sagt Groher. „Da mussten wir in | |
| jedem Einzelfall eine solidarische Lösung finden.“ | |
| Freiwillig mehr Geld in das Projekt zu tragen, sei aber keine Frage | |
| selbstloser Nächstenliebe: Bei knapp zwei Prozent Zinsen sei die GmbH auch | |
| eine „sichere Geldanlage, die heute für viele Menschen attraktiv ist“, so | |
| Groher. Auch wenn die Gruppe als Mehrgenerationenprojekt weit in die | |
| Zukunft plant, binden sich die BewohnerInnen nicht auf ewig an das Projekt. | |
| „Wenn sich eine neue Lebensperspektive entwickelt, bekommt man die Einlage | |
| natürlich zurück“, sagt Groher. Es müsse nur sichergestellt sein, dass | |
| dadurch nicht das ganze Projekt „in Schieflage gerate“. | |
| Aber nicht nur, wenn es um Geld geht, sollen individuelle Bedürfnisse und | |
| Entscheidungen gewahrt bleiben. Was Groher „verbindliche Nachbarschaft“ | |
| nennt, bedeutet, zu wissen, wer nebenan wohnt und gerne mit diesen Menschen | |
| umzugehen. Es ist aber niemand verpflichtet, bedürftige NachbarInnen zu | |
| pflegen oder „vor dem Plenum plötzlich für alle möglichen Lebensfragen | |
| Rechenschaft abzulegen“. | |
| ## Infotreffen: Sonntag, 2. Februar, 15 Uhr. Anmeldung: . Informationen | |
| über Mosaik als soziale Geldanlage: . | |
| 27 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan-Paul Koopmann | |
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