# taz.de -- Stahl-Präsident über Erneuerbare: „Das sind keine Befreiungen“ | |
> Die Stahlindustrie genießt Vergünstigungen bei der Ökostrom-Förderung – | |
> und tut alles, damit dies auch so bleibt. Hans Jürgen Kerkhoff begründet | |
> das. | |
Bild: Energieintensiv: Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen im Stahlwerk Georgsmar… | |
taz: Herr Kerkhoff, haben Sie heute schlecht geschlafen, angesichts des | |
EU-Verfahrens wegen der Industriestromrabatte? | |
Hans Jürgen Kerkhoff: Das nicht. Aber unsere Sorge ist, dass die | |
Härtefallregelung gekippt wird. Die Stahlindustrie wird momentan | |
sinnvollerweise von der EEG-Umlage entlastet, dennoch zahlen wir 300 | |
Millionen Euro 2014. Ohne die Regelung wäre es eine Milliarde. Das ist die | |
Summe, die wir jährlich in Deutschland investieren. Daran erkennen Sie die | |
Dimension des Problems für uns. | |
Ihre Industrie ist umfassend befreit: EEG-Umlage, Stromsteuer, Rabatte bei | |
den Netzentgelten, beim Emissionshandel. Wie wäre es mit einem höheren | |
Beitrag zu den Energiekosten? | |
Wir sind nicht befreit. Wir zahlen 2014 300 Millionen Euro an EEG-Umlage. | |
Bei der Härtefallregelung handelt es sich um Entlastungen von der | |
EEG-Umlage, die andere Wettbewerber nicht haben. Diese Vielzahl der | |
Regelungen, die Sie gerade aufgezählt haben, belastet besonders die | |
Industrie in Deutschland. All diese Instrumenten addieren sich auf und | |
machen es für eine Industrie im internationalen Wettbewerb sehr schwer. | |
Schmücken Sie sich mit fremden Lorbeeren? Gerade die Stahlindustrie ist | |
davon befreit. | |
Nochmal: Das sind keine Befreiungen, sondern Entlastungen. Ohne die hätten | |
wir Belastungen in Höhe von einer Milliarde, die wir nicht tragen könnten. | |
Niemand will alle Befreiungen komplett streichen. Was wollen Sie Brüssel | |
denn anbieten? | |
Wir sind konstruktiv, wenn es um den Aspekt geht, wie es mit dem | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz generell weiter geht. Wir können nicht die | |
nächsten 25 Prozent des Anteils erneuerbarer Energien so finanzieren wie | |
die ersten 25 Prozent. Wir haben deutliche Vorschläge gemacht, um das | |
Gesamtsystem auf neue Beine zu stellen. Ich hoffe, dass sich die | |
Bundesregierung insgesamt darum kümmert, nicht nur um die Entlastungen für | |
die Industrie. Für uns ist die Belastungsgrenze erreicht. | |
Die energieintensive Industrie zahlte 2011 5,5 Cent pro Kilowattstunde, | |
private Haushalte fünf Mal so viel. Wo soll da Ihre Belastungsgrenze sein? | |
Wir haben hier im Haus Zahlen, die deutlich machen, dass wir bei den | |
Industriestromkosten im internationalen Vergleich an der Spitze stehen. Wir | |
haben hohe Strompreise und zusätzlich Abgaben. Wenn ich sehe, welche | |
Sondertarife die Industrie etwa in Frankreich genießt, dann sind wir nicht | |
besser, sondern schlechter gestellt. Ohne unsere Entlastungen wird der | |
Wettbewerb verzerrt. | |
Würden Sie sich zu mehr Energieeffizienz verpflichten? | |
Es gibt für die Stahlerzeugung technisch-physikalische Grenzen. Vor allem, | |
wenn wir neue Produkte für die Energiewende entwickeln. In Deutschland | |
werden rund 2.500 unterschiedliche Stahlsorten hergestellt. 50 Prozent | |
davon erneuern sich binnen zehn Jahren. Wenn wir Stahl wollen, der etwa | |
Kraftwerke effizienter macht, dann braucht es für ein besseres Blech einen | |
aufwändigeren Walzvorgang. Das kostet mehr Energie, spart aber in der | |
Anwendung ein Vielfaches. Auf diese industrielle Wirklichkeit muss man | |
Rücksicht nehmen. | |
Hat Frau Merkel das erkannt? | |
Die Bundesregierung hat erkannt, was für eine Bedrohung das | |
Beihilfeverfahren für den Industriestandort Deutschland bedeutet. Es kann | |
nicht sein, dass andere Länder niedrige Industriestromkosten haben – aber | |
unsere Regelungen sollen als Subvention gelten. | |
19 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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