# taz.de -- Streik in der Stahlindustrie: Böser Stahl aus China | |
> Stahlarbeiter demonstrieren gegen chinesische Importe – und | |
> EU-Klimaschutzpläne. Umweltschützer finden, die Branche habe lange genug | |
> profitiert. | |
Bild: Böser Stahl aus China – so sieht es zumindest die hiesige Industrie | |
BERLIN taz | Wenn die Beschäftigten der deutschen Stahlindustrie am | |
heutigen Montag zu ihren Demonstrationen reisen, sind sie auch auf Produkte | |
angewiesen, die mit Stahl erzeugt wurden: Busse, Züge, Schienen, Brücken – | |
all das ist ohne Stahl nicht denkbar. Dennoch fürchten die Beschäftigten um | |
die Zukunft der europäischen Stahlindustrie, die sie durch Importe von | |
Dumpingstahl aus China und neue EU-Klimaschutzauflagen bedroht sehen. | |
In Deutschland gibt es direkt in der Stahlbranche etwa 80.000 Jobs. Im | |
vergangenen Jahr seien 7 Millionen Tonnen Walzstahl aus China nach Europa | |
importiert worden, argumentiert die IG Metall, die zu den Protestaktionen | |
aufgerufen hat. Die Produktion dort finde unter schlechteren Arbeits- und | |
Umweltbedingungen statt als in Europa. | |
Für den EU-Importstahl aus China seien im vergangenen Jahr bei der | |
Produktion dort 13,9 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Gases | |
Kohlendioxid (CO2) in die Luft geblasen worden. Bei der Produktion der | |
selben Menge in der europäischen Stahlindustrie wären es 9,7 Millionen | |
Tonnen CO2 gewesen. | |
Eine Ursache für die Stahlkrise: China hat, auch im Vertrauen auf starkes | |
Wachstum, mit staatlicher Unterstützung große Stahlerzeugungskapazitäten | |
aufgebaut. Nun schwächelt Chinas Wirtschaft, und die Überproduktion drückt | |
weltweit die Preise. Im Jahr 2015 sank der Preis für eine Tonne | |
Warmbandstahl von 418 auf 319 Euro. | |
## „Wir brauchen Schutzzölle“ | |
Stephan Ahr, Betriebsratschef bei Saarstahl in Völklingen, spricht von | |
einem Existenzkampf der Branche: „China will Europas Stahlhersteller mit | |
Preisdumping in die Knie zwingen und eine globale Monopolstellung | |
einnehmen.“ Eine Entwicklung wie in der Solarindustrie müsse für die | |
Stahlbranche abgewehrt werden. | |
Oskar Lafontaine, Chef der Linken-Fraktion im saarländischen Landtag, | |
unterstützt die Forderung der Stahlkocher. „Wir brauchen Schutzzölle, die | |
die europäische Stahlindustrie sichern.“ Langfristig gelte es, | |
international gleiche Umweltstandards in der Produktion durchzusetzen. | |
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl kritisiert die EU-Pläne zur | |
Weiterentwicklung des CO2-Emissionsrechtehandels. „Der Stahlindustrie | |
drohen durch den Kommissionsvorschlag in der vierten Handelsperiode ab 2021 | |
Belastungen in Höhe von durchschnittlich einer Milliarde Euro pro Jahr“, | |
sagt der Präsident des Branchenverbands, Hans Jürgen Kerkhoff. Da die | |
Unternehmen diese Kosten aufgrund des scharfen internationalen Wettbewerbs | |
nicht weitergeben könnten, würde es in wenigen Jahren zu einer rasch | |
voranschreitenden Deindustrialisierung in wichtigen Teilen der | |
Wertschöpfungskette kommen. | |
Die Umweltorganisation BUND bezeichnet die geplanten Proteste gegen die | |
Reform des Emissionshandels dagegen als „unlauter“. „Wie kaum ein anderer | |
Industriezweig hat die Stahlbranche vom Emissionshandel profitiert, weil | |
dieser energieintensive Unternehmen stark begünstigt“, kritisiert der | |
BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Nach Recherchen der Klimaschutzorganisation | |
Sandbag besitze allein ThyssenKrupp 33 Millionen überschüssige | |
CO2-Zertifikate. | |
11 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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