| # taz.de -- Consumer Electronics Show in Las Vegas: Das nächste große Ding de… | |
| > Android im Auto, Technologie am Körper, Überwachung im Hirn, Minidrohnen | |
| > für alles und „intelligente“ Zahnbürsten: In Las Vegas beginnt die CES. | |
| Bild: Zuhause alles unter Kontrolle: „Mother“ auf der CES. | |
| BERLIN taz | Wird Barack Obama künftig über den Karies (im zweiten | |
| Backenzahn oben rechts) eines irakischen Al-Qaida-Kommandeurs informiert? | |
| Werden Kampfdrohnen über Somalia überflüssig, weil das Oval Office | |
| demnächst einfach die Jeeps von Al-Shabaab-Kämpfern selbst in den Abgrund | |
| steuern kann? | |
| Die größte Veranstaltung zur digitalen Alltagstechnologie in den USA, die | |
| [1][Elektronikmesse Consumer Electronics Show in Las Vegas], beginnt und | |
| der US-Geheimdienst NSA kann sich freuen. Wenn es nach der | |
| Technologiebranche geht, werden bald noch mehr Daten von noch mehr Geräten | |
| anfallen und auf professionelle Auswertung warten. | |
| Nun denn: Sich per App die Garagentür öffnen lassen oder dem Auto gleich | |
| selbst die Kontrolle über den Straßenverkehr überlassen; Zahnbürsten, die | |
| direkt ans Smartphone eine Analyse senden, wie viel Belag von den Zähnen | |
| entfernt worden ist; Medikamentenschachteln, die an die abendliche Einnahme | |
| der täglichen Dosis erinnern; eine digitale Zentralstelle wie [2][das | |
| „Mother data monitoring system“], die zuhause die Heizung reguliert und | |
| Bescheid gibt, wenn ein Familienmitglied zu wenig Wasser trinkt. Was ist | |
| NSA-kompatibel? Oder braucht, wer „Mother“ hat, gar keine NSA mehr? | |
| So schlimm wird es schon nicht kommen. Nicht jedes Alltagsgerät, das auf | |
| der CES präsentiert wird, hat Daten zu bieten, die einen freidrehenden und | |
| überwachungswütigen Geheimdienst interessieren. Aber das hat man vor dem | |
| Jahr 2012 [3][auch über Facebook-Profile und GPS-gestützte Metadaten] | |
| gedacht. | |
| ## Vernetzte Haustechnologie | |
| Vieles davon gibt es längst – vom simplen Toaster mit USB-Anschluss bis zum | |
| „intelligenten Kühlschrank“. Was fehlt, sind gemeinsame Standards, auf | |
| deren Grundlage Hausgeräte digital miteinander kommunizieren können. Genau | |
| daran arbeitet nun der Smartphone-Hersteller Samsung. | |
| Der südkoreanische Hersteller kündigte zur CES eine eigene Plattform für | |
| vernetzte Haustechnik an. Die Technologie kommt ihren Nutzern dabei immer | |
| näher: Kleine tragbare Geräte messen Kalorienverbrauch und Schlafrhythmus | |
| und geben die Daten an Smartphones, Tablets oder stationäre Rechner weiter. | |
| „Sie werden hier viel über das Internet der Dinge hören: all die Geräte, | |
| die zwar kein Tablet, Smartphone oder Computer, aber mit dem Internet | |
| verbunden sind“, sagt Frank Gillett, Analyst beim Forschungsunternehmen | |
| Forrester. | |
| Das kann ein „Sonnenschutzarmband“ zur Vermeidung von zu viel UV-Strahlung | |
| sein, eine digitale Einschlafhilfe oder eine Minidrohne, die zur | |
| Überwachung des Hauses genutzt wird. Nichts davon wird derzeit in größeren | |
| Mengen verkauft und es dürfte wohl auch noch einige Zeit dauern, bis solche | |
| Geräte auf dem Massenmarkt erfolgreich sein werden. Die vor Jahren als | |
| „nächstes großes Ding“ gepriesenen internetfähigen [4][Smart-TV-Geräte … | |
| derzeit auch niemand haben]. | |
| ## Android im Auto | |
| Mehr Hoffnung darf sich die Technologie-Industrie machen, wenn es um | |
| Mobilität geht. Google hat am Montag die sogenannte [5][Open Automotive | |
| Alliance] vorgestellt, zu der neben dem Netzkonzern auch der Chiphersteller | |
| Nvidia sowie die Autohersteller General Motors, Honda, Hyundai und Audi | |
| gehören. | |
| Googles Betriebssystem Andorid soll zur Grundlage jeglicher digitalen | |
| Technologie im Auto werden. Das kann vom einfachen Vorlesen von E-Mails | |
| über eingebaute Sensoren, die gegenlenken, falls man falsch steuert, bis | |
| zum sich selbst steuernden Pkw reichen. Eine ähnliche Allianz hat | |
| Konkurrent Apple bereits im vergangenen Sommer präsentiert – hier heißen | |
| die Partner BMW, Daimler und Ferrari. | |
| Egal ob es nun Googles automobiles Betriebssystem Android oder Apples „iOS | |
| in the Car“ ist – digitale Fahrzeugtechnologie und die dabei gewonnen Daten | |
| dürften für Geheimdienste wie die NSA besonders interessant sein. | |
| ## Hoffnung auf „Wearables“ | |
| Schon länger sind die [6][Datenbrille „Google Glass“] und Computeruhren wie | |
| „Galaxy Gear“ bekannt. Auch in diesem Bereich erwartet sich die Branche | |
| enormen Zuwachs. Der Markt für tragbare Geräte, die sogenannten | |
| „Wearables“, werde explodieren, sagt Shawn DuBravac, Chefökonom des | |
| Messeveranstalters CEA. Und das, obwohl teilweise noch nicht klar sei, | |
| wofür die Geräte gebraucht werden. „Wir schauen noch, wohin sich der Markt | |
| entwickelt, je nach den Nutzungsszenarien.“ | |
| Je mehr Daten vorhanden seien, desto bessere Vorschläge könnten bestimmte | |
| Dienste und Geräte ihren Nutzern machen, meint DuBravac. Die | |
| Online-Videothek Netflix schlägt den Kunden derzeit neue Filme auf Basis | |
| ihrer bisherigen Auswahl und des Geschmacks ähnlicher Nutzer vor. Was wäre | |
| aber, wenn Netflix auch die Daten eines Fitnessarmbands, das Wetter oder | |
| die Menschen im Raum berücksichtige? | |
| Denn es spiele auch eine wichtige Rolle für die Filmauswahl, ob man | |
| gestresst oder entspannt sei, es draußen kalt oder warm sei, und ob man den | |
| Abend allein zu Hause verbringe oder Freunde zu Besuch habe, betont | |
| DuBravac. Geräte, die uns die sagen, was wir wollen – wollen wir das? Auch | |
| hier bleibt die Hoffnung, dass das „nächste große Ding“ wie so oft nur das | |
| „nächste große Werbeklingeling“ ist. | |
| ## Bürgerrechte als Thema von gestern | |
| Schon jetzt wissen App-Entwickler und Smartphone-Hersteller viel über ihre | |
| Nutzer. Mit dem Internet verbundene Fernseher, Thermostate oder „Wearables“ | |
| lieferten noch mehr Daten. Bedenken wischt DuBravac vom Tisch. „Wir | |
| erlauben diesen Geräten, Dinge für uns zu regeln“, sagte er der | |
| Nachrichtenagentur afp. Das sei doch praktisch. Außerdem hätten „alle | |
| Hersteller auf der CES“ den Schutz der Privatsphäre „auf dem Schirm“. | |
| Das mag man glauben oder auch nicht. Eher nicht, wenn man DuBravacs weitere | |
| Äußerungen gegenüber der Nachrichtenagentur afp zur Kenntnis nimmt: „Ich | |
| stelle mir manchmal die Frage, ob Privatsphäre nicht eine Anomalie ist.“ In | |
| vielen Kleinstädten aus vergangenen Tagen sei es doch auch so gewesen, dass | |
| jeder über jeden Bescheid gewusst habe. „Wenn ich eine bessere | |
| Benutzbarkeit durch das Teilen meiner Daten erreichen kann, dann ist das | |
| doch ein fairer Tausch.“ | |
| Privatsphäre als Anomalie – die über Jahrhunderte mühsam erkämpften | |
| Bürgerrechte werden hier mal eben der technischen Beratung über eine | |
| TV-Serie oder einen Film geopfert. Die Zwänge des Höhlenmenschen dienen als | |
| Vorbild für den digitalen Bürger des Jahres 2014. Da freut sich die NSA. An | |
| den Mitteln und Methoden, all die neuen anfallenden Daten erfassen zu | |
| können, [7][wird derzeit intensiv gearbeitet.] (mit dpa/ap/afp) | |
| 7 Jan 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.cesweb.org/about-us | |
| [2] http://sen.se/store/mother/?v=1&utm_expid=78993385-1.X-oIkUsIR8aRPG13DP… | |
| [3] /Hype-um-Big-Data/!118058/ | |
| [4] http://www.nytimes.com/2014/01/06/technology/smart-tvs-are-next-bet-for-mak… | |
| [5] http://www.openautoalliance.net/#about | |
| [6] /Verschmelzen-von-Koerper-und-Maschine/!113457/ | |
| [7] /Superrechner-fuer-die-NSA/!130381/ | |
| ## AUTOREN | |
| Maik Söhler | |
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