# taz.de -- Sammelband zur Überwachung: Datensaugern den Stecker ziehen | |
> Was macht die Überwachung mit unserer Gesellschaft? Ein deutschsprachiger | |
> Sammelband zu den Enthüllungen von Snowden gibt Antworten. | |
Bild: Der Bildbeweis: Die NSA (unten) saugt das Internet (rot) ab | |
Georg Greve räumt auf. Etwa mit der Einschätzung, das Internet fördere per | |
se die Demokratie. Und auch sonst macht sich Greve, ein Vorkämpfer freier | |
Software, keine Illusionen: „Leider ist die Welt der Überwachung attraktiv | |
und bequem.“ Dass sich nach all den Enthüllungen um den Datenhunger der | |
Geheimdienste aufgeklärte Bürger flächendeckend eine eigene | |
IT-Infrastruktur zulegen, quasi zum „Selbsthoster“ werden, das fände er | |
zwar toll, realistisch aber nicht. | |
Greve ist einer von gut drei Dutzend Autoren, die sich nun in einem | |
Sammelband mit den Folgen jener Affäre beschäftigen, die Edward Snowden mit | |
seinen Enthüllungen aus dem Innersten der US-Geheimdienste losgetreten hat. | |
„Überwachtes Netz“ soll ab Donnerstag digital und analog zu haben sein. Es | |
ist tatsächlich einen Blick wert. | |
Das Buch beschäftigt sich Gott sei Dank nicht mit der Frage, wie die | |
Enthüllungen vonstattengingen. Und auch die Debatte, ob der Enthüller nun | |
ein Held oder ein Verbrecher ist, tritt in den Hintergrund. | |
Es geht vielmehr um die Frage, was die Affäre mit uns und unserer | |
Gesellschaft macht. Der gemeinsame Nenner ist dieser: Die Details rund um | |
Abhörprogramme à la Prism und Co könnte für die Informationstechnologie das | |
Ende der Pubertät markieren – zumindest, wenn nicht alle mit den Achseln | |
zucken. | |
## „Die Überwachungsmaschinerie zurückdrängen“ | |
Markus Beckedahl, der sich mit Blick auf seine mediale Präsenz als | |
Deutschlands Chef-Netzaktivist bezeichnen ließe, ist einer von zwei | |
Herausgebern des Sammelbands. Er will mit der Veröffentlichung dazu | |
beitragen, „die Überwachungsmaschinerie zurückzudrängen“, wie er in sein… | |
Vorwort schreibt. Die Rezepte wiederum sind arg redundant: Geheimdienste | |
zurückbauen, in jedem Fall kontrollieren und staatliche Datenreservoirs | |
ablaufen lassen. | |
Dennoch strotzen die 300 Seiten vor Vielfalt – schlicht in der Qualität der | |
Schreibe, viel wichtiger aber noch: in den Perspektiven. Zu den Autoren | |
zählen nicht nur klassische Netzaktivisten mit ihrer eigenen Agenda, | |
sondern auch Datenschützer und Beobachter der Szene, darunter Kai Biermann. | |
Biermann hat den Datenschutz als Thema der Zukunft erkannt und Zeit Online | |
entsprechend positioniert. | |
In dem Sammelband zeichnet er die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der | |
heutigen Überwachungsmaschinerie mit der Stasi nach – ein Punkt, an dem | |
sich Politiker oft vergriffen und den sie ziemlich ahnungslos präsentiert | |
haben. Biermann schöpft aus seiner Erfahrung: Er ist selbst im deutschen | |
Überwachungsstaat groß geworden. Damals immerhin bedurfte es zumindest | |
eines Gerüchts, damit der Staat aktiv wurde. | |
Heute aber, das lehren die offengelegten Programme, wird alles aufgesaugt, | |
um es später durchwühlen zu können – mit dem Argument, man müsse den ganz… | |
Heuhaufen durchsuchen, um die Nadel zu finden. | |
Dieser Sammelband ist mehr ein Schnellschuss denn ein Standardwerk. Wofür | |
die Veröffentlichung aber taugt, ist, die Debatte über übermütige | |
Geheimdienste und gegen üppige Überwachungsgesetze am Leben zu halten. | |
Allein das ist ein Gewinn. | |
15 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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