# taz.de -- Berliner Koalition tagt zum Oranienplatz: Keine Fristen fürs Flüc… | |
> Bei einem Krisengipfel in der großen Berliner Koalition setzt sich die | |
> SPD durch. Integrationssenatorin Dilek Kolat kann unbefristet mit den | |
> Flüchtlingen verhandeln. | |
Bild: Berlin, Oranienplatz: Das Zelt bleibt stehen, bis alle Fragen geklärt si… | |
BERLIN taz | „Wir arbeiten gut zusammen und das bleibt auch so, da gibt es | |
kein Vertun.“ Es mussten zweieinhalb Stunden vergehen, bis Klaus Wowereit | |
mit diesem Satz den Fortbestand der rot-schwarzen Koalition trotz aller | |
Differenzen über das Flüchtlingslager am Oranienplatz festschrieb. | |
Mit einem Bruch war zwar nicht wirklich zu rechnen gewesen beim | |
Krisengipfel am Samstagnachmittag. Und doch war es wohl nötig, | |
Arbeitsfähigkeit und Einvernehmen zu demonstrieren: Als kurz nach dem | |
Regierenden Bürgermeister die Parteichefs vor Kameras und Journalisten | |
traten, hielt SPD-Chef Jan Stöß seinem CDU-Kollegen Frank Henkel | |
demonstrativ die Hand zum Händeschütteln hin, was der kaum verweigern | |
konnte. | |
Dabei musste der eine erneute Schlappe einstecken: Eine Räumung am | |
Oranienplatz soll es weiterhin nicht geben, stattdessen unterstützt nun | |
auch die CDU die Dialogversuche von Integrationssenatorin Dilek Kolat | |
(SPD), und eine Befristung dafür konnten die Christdemokraten ebenfalls | |
nicht aushandeln. | |
Es waren Definitionsfragen, die vor Beginn der Krisensitzung der | |
SPD-Landeszentrale im Wedding dominierten. Wann etwa ist eine Lösung am | |
Oranienplatz „zeitnah“, wie es die CDU will? Und wann wird eine Besetzung | |
zum „Dauerzustand“, wie ihn auch die SPD ablehnt? Im ersten Stock des | |
schlichten Eckbaus saßen dazu die führen Köpfe der rot-scharzen Bündnis im | |
Koalitionsausschuss zusammen: für die SPD der Regierende Bürgermeister | |
Klaus Wowereit, Parteichef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh, für die | |
CDU Henkel, zugleich Parteichef, Fraktionschef Florian Graf und | |
Sozialsenator Mario Czaja. | |
## Pünktliche Christdemokraten | |
Die Christdemokraten kamen fast pünktlich zum vereinbarten Beginn um vier, | |
mit einem Lächeln auf den Lippen, das aber eher aufgesetzt wirkt. Versöhnt | |
wirkten sie dennoch längst noch nicht – sonst gäbe es ja auch keinen Grund, | |
an diesem sonnigen Nachmittag zu einer Krisensitzung zusammen zu hocken. | |
Zu verärgert ist man in der Partei weiter darüber, dass die SPD-Seite nicht | |
dem Plan von Innensenator Henkel gefolgt war, die causa Oranienplatz dem | |
bislang zuständigen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg abzunehmen und das im | |
Oktober 2012 errichtete Flüchtlingslager zu räumen. Das hätte nach | |
Vorstellung des CDU-Bosses am Dienstag der Senat beschließen sollen – doch | |
sein Antrag schafte es nicht einmal auf die Tagesordnung. | |
Man wolle weiter auf Dialog setzen, hieß es nach dem ausgefallen | |
Räumungsbeschluss Mitte der Woche bei der SPD. Ohne Auftrag des Senats, | |
aber mit ausdrücklicher persönlicher Unterstützung Wowereits, sollte sich | |
fortan Senatorin Kolat um Gespräche bemühen. Sie werde einen Weg finden, | |
den Dialog zu führen, kündigte der Regierende an. | |
## Vorgespräche schon am Mittwoch | |
Tatsächlich vermeldete ein Sprecher von Kolats Senatsverwaltung schon am | |
Mittwoch, es habe Vorgespräche mit Flüchtlingsvertretern gegeben. Daran war | |
auch die frühere Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) beteiligt. Nach | |
dem Krisengipfel hat Kolat ein offizielles Mandat – unter der Woche hatte | |
die CDU mantramäßig darauf hin gewiesen, dass sie allein unterwegs sei. | |
Sprechen soll Kolat laut SPD-Chef Stöß mit den Flüchtlingen direkt, „und | |
nicht so sehr mit jenen, die teilweise das Schicksal der Flüchtlinge | |
instrumentalisieren.“ | |
Die CDU war mit der Forderung nach einem klaren Zeitplan in den | |
Koalitionsausschuss gegangen. Eine „weitere monatelange Hängepartie" dürfe | |
es nicht geben, war von ihrem Generalsekretär Kai Wegner zu hören. Nach | |
seiner Ansicht kommt es eben doch, anders als von SPDler geäußert, auf eine | |
baldige Einigung an. „Klaus Wowereit und die SPD haben eine kurzfristige | |
Lösung des Problems verhindert“, sagte Wegner, „jeder Tag, der verstreicht, | |
ist jetzt ein Tag, den die SPD und Klaus Wowereit zu verantworten haben.“ | |
Doch daraus wurde nichts: Fristen vereinbarten die Koalitionäre nicht. „Ich | |
bin ganz sicher, das wird nicht ewig dauern“, versuchte Henkel sich vor den | |
Journalisten zwar ins Reich der Hoffnungen zu retten. Und fügte hinzu, dass | |
eine Räumung nicht ausgeschlossen sei. Das aber hatte im Grundsatz schon | |
Tage zuvor nicht einmal Wowereit bestreiten. Immerhin will man sich künftig | |
grundsätzlich näher sein: „Wir haben uns vergenommen, in Zukunft intensiver | |
miteinander zu kommunizieren“, verkündete SPD-Chef Stöß. | |
11 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Flüchtlinge | |
Schwarz-rote Koalition | |
Frank Henkel | |
Flüchtlingslager | |
Oranienplatz | |
Dilek Kolat | |
Klaus Wowereit | |
Jan Stöß | |
Wowereit | |
Berliner Senat | |
Oranienplatz | |
Oranienplatz | |
Asylsuchende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD-Fraktion in Klausur: Wowereit, die Ikone | |
Berlins Sozialdemokraten feiern ihren Regierenden Bürgermeister als | |
Kulturgut. Seiner erneuten Kandidatur bei der Wahl 2016 steht wohl nichts | |
mehr im Wege. | |
Interview mit Berlins SPD-Fraktionschef: „Innenpolitik mit Augenmaß“ | |
Die SPD wildert im Bereich des glücklosen Berliner Innensenators Henkel | |
(CDU). Fraktionschef Saleh fordert Respekt vor Polizisten. | |
Kontrolle von Flüchtlingen in Berlin: Polizei will Vorwürfe intern prüfen | |
Auf Videos sei keine Provokation seitens der Polizei zu erkennen, sagt die | |
BVG. Eine Flüchtlingsvertreterin erwägt Strafanzeige wegen | |
Körperverletzung. | |
Rot-Schwarze Krise vorbei: Koalitionäre reden wieder miteinander | |
Am Samstag tagt der Koalitionsausschuss. Die CDU will dabei nicht nur das | |
weitere Vorgehen am Kreuzberger Oranienplatz klären, sondern auch den | |
Umgang in der Koalition miteinander. | |
Streit um Berliner Oranienplatz: Henkel aus dem Weg geräumt | |
Einen Senatsbeschluss zur Räumung gibt es vorerst nicht – es soll wieder | |
verhandelt werden. SPD und CDU setzen Sondertreffen an, bestreiten aber | |
Koalitionskrise. | |
Flüchtlinge auf Berliner Oranienplatz: SPD sagt CDU-Räumungsplan ab | |
Noch im Januar wollte der Berliner Innensenator ein Flüchtlingscamp räumen. | |
Nun sagt die SPD den Einsatz ab – und düpiert den CDU-Mann. | |
Kommentar zur abgesagten Räumung: Einmal ein harter Hund sein | |
Klaus Wowereit konnte gar nicht anders, als seinen Innensenator | |
einzufangen: Die von Henkel angestrebte Räumung hätte in Berlin für | |
Hamburger Zustände gesorgt. | |
Oranienplatz: Frank Henkel bekommt einen Brief | |
Bezirksbürgermeisterin fordert vom Innensenator ein Moratorium für das | |
Kreuzberger Protestcamp. Senat uneins. SPD setzt auf friedliche Lösung. | |
O-Platz-Flüchtlinge und Weihnachten: Tofubraten mit Asylsuchenden | |
Bewohner des Flüchtlingscamps auf dem Oranienplatz sind an Weihnachten in | |
WGs zu Gast. Andere bleiben in den Zelten und suchen vor allem eines: Ruhe. |