# taz.de -- Streit um Berliner Oranienplatz: Henkel aus dem Weg geräumt | |
> Einen Senatsbeschluss zur Räumung gibt es vorerst nicht – es soll wieder | |
> verhandelt werden. SPD und CDU setzen Sondertreffen an, bestreiten aber | |
> Koalitionskrise. | |
Bild: Sie können noch ein wenig länger stehen bleiben: Zelte auf dem O-Platz. | |
Der Regierende Bürgermeister erzählte nach der Senatssitzung erst ein | |
bisschen vom aufblühenden Berlin und dass der Flughafen BER – welch | |
Überraschung – 2014 nicht eröffnen werde. So etwas macht Klaus Wowereit | |
gern, wenn er weiß, dass die vor ihm sitzenden Journalisten ganz anderes | |
interessiert. In diesem Fall: Räumen oder nicht am Oranienplatz? Erst auf | |
Fragen macht er klar, dass es die von Innensenator Frank Henkel (CDU) | |
angestrebte Räumung vorerst nicht gibt, dass Integrationssenatorin Dilek | |
Kolat (SPD) mit seiner Unterstützung verhandeln soll, dass das | |
Flüchtlingslager aber keine Dauerlösung sei. | |
An diesem Dienstagvormittag hätte der Senat nach Henkels Vorstellung seinem | |
Antrag zustimmen sollen, dass nicht länger der Bezirk | |
Friedrichshain-Kreuzberg, sondern die Innenverwaltung des Senats fortan am | |
Oranienplatz zuständig ist und räumen kann. Der Bezirk hätte dann noch zehn | |
Tage Zeit gehabt, die rund 20 Zelte auf dem Platz selbst abzubauen. Für | |
Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) kommt jedoch nur eine freiwillige | |
Räumung durch die Flüchtlinge selbst in Frage. | |
Henkels Antrag aber stand am Dienstag erst gar nicht auf der Tagesordnung. | |
Weil er als Grund geltend gemacht hatte, dass die Besetzung das | |
Grünflächengesetz verletze, musste vorab Stadtentwicklungssenator Michael | |
Müller (SPD) zustimmen. Der aber lehnte ab – angeblich, weil es um Menschen | |
gehe, nicht um Grashalme. Wowereit und Henkel saßen auf Wunsch Henkels | |
darauf eine dreiviertel Stunde unter vier Augen zusammen. Die CDU mühte | |
sich später, eine Düpierung Henkels zu bestreiten. Der Innensenator habe | |
sich gar nicht auf diesen Dienstag festgelegt, den 7. Januar nur als | |
frühestmöglichen Termin für einen Senatsbeschluss genannt. | |
Tatsächlich konnte Henkel doch Teilerfolge verbuchen. Denn Wowereit sprach | |
erstmals von „unhaltbaren Zuständen“ am Oranienplatz und äußerte | |
Verständnis, dass eine solche Besetzung „für viele Leute in der Stadt“ | |
nicht nachvollziehbar sei. Zudem meinte Wowereit zwar, dass der Senat nicht | |
an einer Eskalation interessiert sei. Er sagte aber auch: „Eine Räumung | |
schließe ich nicht grundsätzlich aus.“ Er wisse nicht, ob es „Politik | |
dieser Stadt sein kann, dass jeder da sein Camp aufmacht, wo es ihm passt“. | |
Was nun vorerst kommt, wirkt wie ein letztes Angebot. Senatorin Kolat soll | |
Gespräche führen, und zwar „mit den Vernünftigen“. Wer das ist, führte | |
Wowereit nicht aus – und auch nicht, wer jene sind, denen er vorhielt, die | |
Flüchtlinge zu instrumentalisieren. Kolat werde „Wege finden, den Dialog | |
aufzunehmen“, sagte Wowereit lediglich. Henkel, zugleich CDU-Landeschef, | |
wies auf taz-Anfrage sofort darauf hin, dass Kolat nicht im Auftrag des | |
Senats verhandele. | |
Einen Koalitionskrach bestritt Wowereit genau wie die CDU – und doch soll | |
in dieser Woche auf Wunsch der Union der Koalitionsausschuss tagen, ein | |
sechsköpfiges Gremium der führenden Leute, das sich normalerweise nur bei | |
Krisen trifft. „Der Koalitionsausschuss muss über die notwendigen Maßnahmen | |
Klarheit schaffen, damit es erfolgreich gelingt, die Rechtsordnung am | |
Oranienplatz wieder herzustellen“, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf der | |
taz. | |
Bezirksbürgermeisterin Herrmann nannte es erfreulich, dass es keinen | |
Räumungsbeschluss gab „und dass man unsere Linie verfolgt, auf Gespräche zu | |
setzen“. Für die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, | |
ist „nun der Weg frei für eine friedliche Lösung“. | |
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7 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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