| # taz.de -- Volksinitiative in Hamburg: Unterschriften gegen Gefahrengebiete | |
| > Eine Volksinitiative will Gefahrengebiete in Hamburg abschaffen. Ihr | |
| > Argument: Diese widersprächen der Verfassung. | |
| Bild: Der Bürger kann nicht oft genug darauf aufmerksam gemacht werden: „Ach… | |
| HAMBURG taz | Die Opposition gegen die Gefahrengebiete in Hamburg wächst. | |
| Am Montag hat sich die Initiative [1][„Für ein freies Hamburg – | |
| Gefahrengebiete abschaffen“] vorgestellt, die einen Volksentscheid gegen | |
| diese Präventions und Überwachungspraxis der Polizei erzwingen will. Bei | |
| einer Demonstration gegen die Gefahrengebiete am Samstag seien bereits die | |
| ersten 1.000 von 10.000 Stimmen gesammelt worden, die nötig sind, um ein | |
| Volksbegehren zu erzwingen, teilten die InitiatorInnen mit. Wäre auch | |
| dieses erfolgreich und käme die Bürgerschaft dem Volksbegehren nicht nach, | |
| käme es zum Volksentscheid. | |
| Die Gefahrengebiete, in denen die Polizei Ausnahmebefugnisse hat, waren | |
| bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Am 4. Januar erklärte die Polizei | |
| große Teile von Altona, St. Pauli und des Schanzenviertels zu einer solchen | |
| Sonderzone, in der sie Passanten durchsuchen kann, ohne dass ein konkreter | |
| Verdacht vorliegt. Die Polizei reagierte damit nach eigenen Angaben auf | |
| einen Angriff von Linksautonomen auf die Davidwache an der Reeperbahn. | |
| Dieser Angriff wird inzwischen von etlichen Zeugen bestritten. Fest steht, | |
| dass Polizisten unweit der Wache von Unbekannten angegriffen und zum Teil | |
| schwer verletzt wurden. | |
| Der Streit über den angeblichen Angriff und die schiere Größe des | |
| Gefahrengebiets trieb Abend für Abend Demonstranten auf die Straße. Die | |
| Volksinitiative versucht, den Schwung dieses spielerisch-satirischen | |
| Protests gegen das große Gefahrengebiet zu nutzen. Dessen Symbol, die | |
| Klobürste, die ein Polizist als vermeintliche Waffe konfiszierte, hat sie | |
| in ihr Logo übernommen: das Hamburgwappen als Klobrille und darin ein Arm | |
| mit emporgereckter Bürste. | |
| „Wir mussten reagieren, solange das Thema noch aktuell ist“, sagt | |
| Vertrauensmann Sebastian Seeger. Zwar haben die Linke und die Grünen in der | |
| Bürgerschaft die Abschaffung der Gefahrengebiete beantragt. Als kleine | |
| Oppositionsparteien gegen eine mit absoluter Mehrheit regierende SPD und | |
| eine Law-and-order-CDU haben sie damit aber keine Chance. | |
| ## Gefahrengebiete gibt es seit 1995 | |
| Nach Antworten des Senats auf Anfragen der Linken sind in Hamburg in den | |
| vergangenen Jahren mehr als 40 Mal Orte, Straßenzüge und ganze Stadtteile | |
| zu Gefahrengebieten erklärt worden: Zum ersten Mal 1995 – zehn Jahre, bevor | |
| die entsprechende Rechtsgrundlage vom damaligen CDU-Senat im „Gesetz über | |
| die Datenverarbeitung der Polizei“ geschaffen wurde. Dieses erste | |
| Gefahrengebiet im Stadtteil St. Georg zur Bekämpfung der Drogenkriminalität | |
| besteht seither ununterbrochen. | |
| Daran, wie die CDU den Grundrechtseingriff im Zuge ihrer Gesetzesänderung | |
| leugnete, erinnerte kürzlich die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Antje | |
| Möller. „Wer wider besseres Wissen behauptet, in Hamburg gäbe es bald | |
| verdachtsunabhängige Kontrollen, der handelt verantwortungslos. Jeder weiß, | |
| dass solche Kontrollen verfassungswidrig sind“, zitierte sie den damaligen | |
| Innensenator Nagel aus einer Bürgerschaftsdebatte. | |
| Die Vertrauensleute der Volksinitiative gehören der Piratenpartei an. Sie | |
| betonen jedoch, dass sie den Aufruf als Privatleute gestartet hätten. | |
| Dessen Kernsatz lautet: „Wir wollen, dass der Polizei die | |
| Ermächtigungsgrundlage für Gefahrengebiete ersatzlos entzogen wird.“ | |
| ## Unschuldsvermutung aufgehoben | |
| Die Möglichkeit, Gefahrengebiete einzurichten, widerspreche der Verfassung, | |
| kritisiert der Vertrauensmann Sebastian Seeger. Es sei bedenklich, dass die | |
| Polizei alleine darüber entscheiden dürfe und die Bevölkerung noch nicht | |
| einmal informiert werden müsse. Für ganze Gruppen werde die | |
| Unschuldsvermutung aufgehoben. „Sie werden in Ihren Grundrechten verletzt, | |
| wenn Sie durch ein Gefahrengebiet laufen“, resümiert Seeger. | |
| Die drei Vertrauensleute hoffen, dass aus ihrer Initiative nach und nach | |
| eine mächtige Bewegung wird. Viele Einzelhändler, die durch das | |
| Gefahrengebiet an Umsatz einbüßten, hätten sich bereit erklärt, die | |
| Unterschriftenlisten auszulegen. | |
| 20 Jan 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.gefahrengebiete-abschaffen.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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