# taz.de -- Reform des EU-Datenschutzes: Aufschub für Internetkonzerne | |
> Die Europäische Union verschiebt den Beschluss über eine neue | |
> Datenschutzverordnung bis nach der Europawahl. Der Ausgang ist wieder | |
> völlig offen. | |
Bild: Viviane Reding staunt über den großen Widerstand gegen ihre Datenschutz… | |
BERLIN taz | Und es dauert und dauert und dauert: Weil vor der Europawahl | |
am 25. Mai keine Einigung mehr zu erzielen ist, rückt die Verabschiedung | |
einer EU-Datenschutzreform in immer weitere Ferne. Wie Justizkommissarin | |
Viviane Reding am Donnerstag in Athen mitteilte, werden die Mitgliedstaaten | |
die Novelle frühestens in der zweiten Jahreshälfte beschließen. Damit geht | |
der Kampf um eines der zentralen Regelungsvorhaben der Europäischen Union | |
in eine neue Runde – Ausgang völlig offen. | |
Mit der Überarbeitung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Europa | |
sollen die alten Regeln aus dem Jahr 1995 ersetzt werden. Damals war das | |
Internet für viele noch eine Veranstaltung unter Nerds und der Zugang oft | |
nur über langsame, piepende Modems möglich. Mit der neuen Verordnung soll | |
europaweit geregelt werden, wie Facebook, Google und andere Unternehmen | |
oder Behörden mit den Daten umgehen müssen, über die sie verfügen. | |
EU-Kommissarin Reding hatte die Überarbeitung der Datenschutz-Standards vor | |
zwei Jahren zu ihrem zentralen Projekt erklärt. In Folge der Enthüllungen | |
des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden hatten Politiker zuletzt | |
europaweit ein starkes Regelwerk auch als politische Antwort auf die | |
Überwachung durch US-Geheimdienste gefordert. | |
Anders als eine EU-Richtlinie, die zunächst noch in nationales Recht | |
umgesetzt werden müsste, würde eine solche Verordnung unmittelbar für alle | |
gelten. Doch seit Beginn des Prozesses gibt es immer wieder Rückschläge. | |
Googles Datenschutzbeauftragter Peter Fleischer hatte die Verordnung | |
bereits vor zwei Wochen in einem Blogbeitrag für „tot“ erklärt. | |
## Große Erwartungen | |
Der Kampf um das neue Regelwerk ist auch deshalb zäh, weil von der | |
Verordnung erhofft wird, dass sie für datenschutzrechtliche Standards | |
weltweit den Ton angeben könnte. Deutschland wird in dem Konflikt von | |
vielen als Bremser wahrgenommen. Die deutsche Bundesregierung argumentiert, | |
die EU-Gesetzesnovelle dürfe nicht zu einer Aufweichung der | |
datenschutzrechtlichen Standards in Deutschland führen. | |
„Das ist vorgeschoben und nicht wahr“, sagte dagegen der deutsche | |
Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht (Grüne) am Donnerstag der taz. „Die | |
vom Europaparlament erarbeiteten Regelungen sind in vielen Bereichen | |
stärker als das deutsche Datenschutzrecht.“ Albrecht ist Unterhändler des | |
EU-Parlaments für die Reform. Seines Erachtens, so Albrecht, habe „die | |
Verzögerungstaktik eher mit den Interessen großer IT-Unternehmen zu tun, | |
die diese Datenschutzverordnung als große Gefahr sehen, weil damit | |
restriktivere Bedingungen zu erfüllen sind“. | |
Tatsächlich gehören auch Länder wie Irland zu den Verhandlungsblockierern. | |
In dem Land sind aufgrund seiner Steuerpolitik Unternehmen wie die | |
Internetgiganten Google und Facebook vertreten. Irland stellt sich | |
schützend vor deren Belange – aus Furcht, die Unternehmen könnten | |
abwandern. | |
Wann und wie es mit der Datenschutzverordnung nun konkret weitergeht, ist | |
also völlig offen. Mit der Europawahl im Mai könnte es zu neuen Mehrheiten | |
im EU-Parlament kommen. Weil jedoch nach der Wahl auch die EU-Kommission | |
neu besetzt wird, könnte die datenschutzrechtlich fortschrittliche | |
Kommissarin Viviane Reding dann ebenfalls ersetzt werden. | |
23 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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