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# taz.de -- Pressefreiheit in Südkorea: Die Schoßhündchen der Präsidentin
> Südkoreas große Medien sind regierungsfreundlich wie nie zuvor. Der
> Skandal um die Wahlmanipulation von Park Geun Hye wird dezent
> verschwiegen.
Bild: Hat die Medien im Griff: Park Geun Hye bei einer Pressekonferenz im Blaue…
Als die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye Anfang des Jahres ihre
erste Pressekonferenz nach ihrem Wahlsieg abhielt, offenbarte sich die
ganze Krise des Journalismus in ihrem Land. Die inszenierte Fragerunde, in
der die regierungsfreundlichen Journalisten, der Stab der Präsidentin und
die Präsidentin selbst wie nach einem Drehbuch agierten, legt ein
erschreckendes Zeugnis ab – über die Medien in Südkorea, deren Freiheit und
auch die Demokratie im Land.
Dabei hatten die Journalisten im Land nur wenige Monate zuvor aufbegehrt
gegen die staatliche Einflussnahme auf die Berichterstattung und gar die
Absetzung der Intendanten der einflussreichen Sender KBS, MBC, des
Nachrichtensenders YTN und der koreanischen Nachrichtenagentur Yonhap
gefordert. Sie alle werden auf Vorschlag des Präsidialamts benannt.
Nach der Liveübertragung der Pressekonferenz hagelte es in den sozialen
Netzwerken Kommentare, die sich über die Journalisten und die Präsidentin
lustig machten: „Das ist doch eine Fake-Show!“ hieß es. Oder: „Warum
schielt sie immer auf das Rednerpult? Sieht aus, als würde sie ihre
Antworten vom Blatt ablesen.“ Und ein alter Clip einer Pressekonferenz des
vorletzten Präsidenten Roh Mu Hyun ging als Kontrastbeispiel durchs Netz,
in dem die Journalisten den Präsidenten mit scharfen Fragen bombardieren
und er zwar sichtlich verärgert, aber dennoch Rede und Antwort steht.
Nach wenigen Tagen stellte [1][Newstapa], ein unabhängiger Internetsender,
die Vermutung über die inszenierte Pressekonferenz als wahr heraus. Dem
Sender war ein vierseitiges Dokument des präsidialen Staatssekretariats für
Öffentlichkeitsarbeit in die Hände gekommen.
## Alle Fragen aufgelistet
Das Papier war schon vor der Pressekonferenz fertiggestellt worden. Darin
waren die zwölf Fragen, die bei der Pressekonferenz gestellt wurden, in der
exakten Reihenfolge aufgelistet. Die unabhängigen Medien bezeichneten die
Chongwadae-Korrespondenten der einflussreichen Medien als „Schoßhündchen
der Präsidentin“, die in der Inszenierung brav ihre zugedachte Rolle
spielten und in der nachfolgenden beschönigenden Berichterstattung nur dem
Frauchen nachkläfften und es hochlobten.
Zu den Journalisten, die dem präsidialen Staatssekretariat für
Öffentlichkeitsarbeit für ihre Inszenierung geeignet schienen, gehörten
auch die Auslandskorrespondenten der Nachrichtenagentur Reuters und des
chinesischen Staatssenders CCTV. Sie erzählten Newstapa, Chongwadae, der
Amtssitz der südkoreanischen Präsidenten, habe sie einen Tag vorher in
Kenntnis gesetzt, ihre Fragen einzureichen.
Sawada Katsumi, der Vorstand des Foreign Correspondents Club in Südkorea,
sagte, dass die anderen Auslandskorrespondenten diese Anfrage weder
bekommen noch sonst wie davon gewusst hätten. Regierungskritische
Journalisten bemängeln, sie hätten keinerlei Möglichkeit gehabt, irgendeine
Frage an die Präsidentin zu richten. Die Pressekonferenz sei reine
Propagandashow gewesen. Denn an kritischen Fragen hätte es sicherlich nicht
gemangelt.
## 22 Millionen Fake-Tweets
Seit Januar letzten Jahres steht die Präsidentin wegen der sogenannten
verfassungswidrigen Cyber-Wahlmanipulation massiv unter Druck. Schon
während des Präsidentschaftswahlkampfes war durch Whistleblower aus dem
südkoreanischen Nachrichtendienst NIS (National Intelligence Service)
bekannt geworden, dass der NIS systematisch illegalen Wahlkampf für Park
Geun Hye betrieb. Der Geheimdienst soll mit Tausenden Scheinaccounts mehr
als 22 Millionen Fake-Tweets verschickt haben, um Stimmung für Park Geun
Hye zu machen und den Oppositionskandidaten Mon Jae In persönlich wie
politisch zu diffamieren.
Die Präsidentin sitzt den Skandal aus – und kann sich auf ihre Getreuen in
den großen Medien verlassen. Der NIS-Skandal und die seit einem Jahr
andauernden Proteste für eine Aufklärung werden in den einflussreichen
Medien, wie etwa den Sendern KBS und MBC, deren Rundfunknachrichten rund 80
Prozent der verbreiteten Nachrichten in Südkorea ausmachen, dezent
verschwiegen.
Und sie gehen noch weiter: Die Regierungskritiker, die unter Anwendung des
Nationalen Sicherheitsgesetzes strafrechtlich verfolgt werden, werden in
diesen Medien als kommunistische Kräfte dargestellt, die das Land nur ins
Chaos stürzen wollten – im Dienste Nordkoreas.
Der Eingriff in die Pressefreiheit durch die südkoreanische Regierung macht
vor Staatsgrenzen nicht halt. Die Kulturabteilung der südkoreanischen
Botschaft in Deutschland erbat zuletzt von Christian Esch, dem Direktor des
nordrhein-westfälischen Kultursekretariats, für ihr Quartalsmagazin Kultur
Korea einen Artikel über ein deutsch-koreanisches Kunstprojekt zu
schreiben. Bei der Freigabe des Artikels wurde er gebeten, den Satz „… der
Komponist Isang Yun lebte, verfolgt von der Diktatur zu Hause, viele Jahre
in Deutschland“ zu streichen. Begründung: Der Komponist sei in Südkorea
umstritten. Esch kam der Forderung nicht nach. Der Artikel blieb
unveröffentlicht.
21 Feb 2014
## LINKS
[1] http://www.newstapa.com/
## AUTOREN
Ok-Hee Jeong
## TAGS
Pressekonferenz
Schwerpunkt Pressefreiheit
Whistleblower
Südkorea
Wahlbetrug
Park Geun Hye
Neue Musik
Panama Papers
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Nordkorea
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