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# taz.de -- Wahl in Seoul: Per Twitter zum Bürgermeister
> Die Wahl von Park Won Soon zum Bürgermeister steht für den Wunsch nach
> sozialerer Politik in Seoul. Entscheidend war die Mobilisierung per
> Twitter.
Bild: Der neue Bürgermeister von Seoul: Park Won Soon.
BERLIN taz | Die Nachwahl zum Bürgermeisteramt der südkoreanischen
10-Millionen-Einwohner-Metropole Seoul gewann am Mittwoch der unabhängige
linksliberale Kandidat Park Won Soon mit 53 Prozent der Stimmen. Der
55-jährige Bürgeraktivist und frühere Menschenrechtsanwalt setzte sich
gegen die konservative Exrichterin Na Kyung Won durch.
Ihre Niederlage zeigt die Unbeliebtheit des konservativen Staatspräsidenten
Lee Myung Bak wie auch der Grand National Partei (GNP). Die will nächstes
Jahr mit Park Geun Hye die Nachfolgerin Lees stellen, der nicht mehr
antreten darf. Park hatte die jetzt unterlegene Na vergeblich unterstützt.
"Seouls Bürgermeisterwahl ist ein Politikbarometer in Korea", sagt
Soziologieprofessor Chung Il Joon. "Seoul ist sehr symbolisch. Es ist nicht
nur eine Großstadt, sondern macht fast ein Fünftel der Gesamtbevölkerung
aus. Jetzt können wir deuten, was 2012 bei den Parlaments- und
Präsidentschaftswahlen passiert." Park sagte zu seinem Sieg: "Die Bürger
haben über die politische Macht gewonnen und die alte Politik abgewählt."
Park gewann mit dem Versprechen, er werde umstrittene Großprojekte seines
Vorgängers prüfen und die Sozial- und Wohlfahrtspolitik verstärken. Die
Wahl war nötig geworden, weil der bisherige konservative Bürgermeister Oh
Se Hoon im August im Streit über kostenlose Mahlzeiten für 800.000 Schüler
zurückgetreten war.
Der konzernfreundliche Oh wollte, dass nur bedürftige Schüler unterstützt
werden. Doch ein von ihm angesetztes Referendum wurde nach Aufrufen der
oppositionellen Demokratischen Partei (DP) von einer großen Mehrheit
boykottiert.
## Denkzettel für die Liberalen
Park Won Soons Sieg ist jedoch auch für die DP ein Denkzettel. Park trat
ausdrücklich als Unabhängiger an, auch wenn er von der DP unterstützt
wurde. Der ursprüngliche DP-Kandidat hatte verzichtet, als er in Umfragen
deutlich hinter Park zurücklag. Die liberale DP hat bisher nicht vermocht,
aus der Unzufriedenheit mit der konservativen Übermacht der letzten Jahre
Kapital zu schlagen. Vielmehr richtet sich der Unmut über die traditionelle
Politik auch gegen die DP.
Der regierungsunerfahrene Park verdankt seinen Sieg seiner Beliebtheit
unter den 20- bis 40-jährigen Wählerinnen und Wählern, die mit der
konservativen GNP nichts anfangen können, sowie seiner erfolgreichen
Mobilisierung per Twitter.
Entscheidend war auch die Unterstützung durch den Universitätsprofessor und
Internetunternehmer Ahn Cheol Soo. Dieser wurde in Umfragen immer als
Wunschkandidat für den Bürgermeisterposten genannt. Ahn trat jedoch nicht
an und sprach sich drei Tage vor der Wahl deutlich für den Aktivisten Park
aus.
Ahn gilt als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat, ohne bisher seine
Kandidatur erklärt zu haben. Dann würde er gegen die konservative Park Geun
Hye eintreten, die jetzt mit der Niederlage ihrer Kandidatin einen Dämpfer
erhielt. Die Bürgermeisterwahl war also schon jetzt eine
Stellvertreterwahl.
Wahlsieger Park war in den 70er Jahren wegen antidiktatorischen Proteste
von der Eliteuniversität Seoul National geflogen. Er demonstrierte damals
gegen Militärdiktator Park Chung Hee, dessen Tochter Park Geun Hye heute
die GNP führt. 1994 gründete Park Won Soon das linke Bürgerbündnis PSPD
(Peoples Solidarity for Participatory Democracy), dessen Generalsekretär er
bis 2000 war. Das Bündnis entwickelte Prüfkriterien für den Wahlkampf 2000,
wodurch die Abwahl einiger korrupter Abgeordneter gelang.
Im Jahr 2000 gründete Park die Beautiful Foundation, die durch
Selbstbesteuerung Sozialprojekte fördert. Park interessierte sich stets für
innovative partizipative Projekte in aller Welt und besuchte vor einigen
Jahren auch die taz.
28 Oct 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Pressekonferenz
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