# taz.de -- Protest gegen Marinestützpunkt in Südkorea: Räumung auf der Frie… | |
> Die Polizei beendet gewaltsam die Besetzung der Baustelle einer | |
> Marinebasis auf der südkoreanischen Insel Jeju. Mehr als 30 Menschen | |
> werden festgenommen. | |
Bild: Brutales Ende des "Friedenscamps" auf Jeju. | |
BERLIN taz | Mehrere Hundertschaften der Polizei haben südkoreanischen | |
Presseberichten zufolge am frühen Freitagmorgen damit begonnen, auf der | |
südwestlichen Insel Jeju den besetzten Teil eines Bauplatzes für einen | |
Marinestützpunkt zu räumen. An der Südküste der subtropischen Ferieninsel | |
soll beim Dorf Gangjeong ein Hafen für 20 Kriegsschiffe der südkoreanischen | |
Marine entstehen. | |
Bis zum Vormittag war das "Friedenscamp" der Stützpunktgegner, die sich | |
vereinzelt an Baumaschinen gekettet hatten, geräumt, wie Jeju Weekly per | |
Liveticker berichtete. Dabei war es zu vereinzelten Rangeleien zwischen | |
Polizisten und Besetzern gekommen. Mehr als 30 der bis zu 100 Besetzer | |
wurden festgenommen, darunter drei Priester. Innerhalb weniger Stunden | |
wurde der zwei Meter hohe und 1,6 Kilometer lange Zaun um das Gelände | |
repariert. | |
Mit dem umstrittenen Bau der auf 970 Millionen US-Dollar veranschlagten | |
Basis war im Januar begonnen worden. Seit die Regierung in Seoul den | |
Standort 2007 ausgewählt hatte, spaltet das Projekt die Bevölkerung auf der | |
von Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei lebenden Insel mit 560.000 | |
Einwohnern. Im Juni besetzten Dorfbewohner und Aktivisten den Bauplatz, | |
errichteten ein Camp und schränkten so die Bauarbeiten massiv ein. Für | |
dieses Wochenende war ein Friedensfestival geplant. Stattdessen wird jetzt | |
in Jeju und anderen Orten zu Protesten gegen die Räumung aufgerufen. | |
Abgesehen von einer grundsätzlich pazifistischen Ablehnung von Militärbasen | |
führen die Gegner auch ökologische Bedenken an. Dies kontert die | |
konservative Regierung in Seoul, die eine Meisterin im "Greenwashing" | |
großer Projekte ist, indem sie den neuen Hafen auf Werbeschildern als | |
besonders umweltfreundlich und als neue Attraktion für Jeju anpreist. | |
## Angst vor Wettrüsten | |
Lokale Befürworter erhoffen sich wirtschaftliche Vorteile, während Militärs | |
auf eine geänderte Sicherheitslage verwiesen. Der Stützpunkt soll der | |
Marine helfen, die maritimen Handelswege des stark exportabhängigen Landes, | |
das zugleich auf massive Öl- und Gasimporte angewiesen ist, abzusichern. | |
Südkorea streitet zudem mit seinen Nachbarn Japan und China um | |
Hoheitsrechte im Meer sowie um kleine Inseln. Die Stützpunktgegner | |
befürchten deshalb ein Wettrüsten. Doch besonders missfällt ihnen die | |
mögliche Mitnutzung des Stützpunktes durch die US-Marine und damit durch | |
ein umstrittenes Raketenabwehrsystem, das vor allem Japan zugute käme. | |
Denn der Stützpunkt grenzt an das Ostchinesische Meer, in dem sich | |
Amerikaner und Chinesen bei einem Konflikt um Taiwan gegenüberstehen | |
würden. Viele meinen, Südkorea sollte sich in einem Konflikt zwischen | |
seinem größten Handelspartner China und seinen wichtigsten | |
Sicherheitspartner USA neutral verhalten. | |
In Jeju spielt auch die Geschichte eine Rolle. 1948 kam es auf der Insel zu | |
einem Aufstand gegen die von Seoul eingesetzte rechte Inselregierung, den | |
das von den USA gestützte Militär mit ungeheurer Brutalität niederschlug. | |
Bei Massakern starben im April 1948 rund 30.000 Menschen. Eine Aufarbeitung | |
verhinderten jahrzehntelang Südkoreas Militärregierungen. Heute bezeichnet | |
sich Jeju gern als Friedensinsel. | |
Die Vorstellung, dass dort bald 25.000 Marinesoldaten stationiert würden, | |
ist für viele Inselbewohner unerträglich. Der Vorsitzende der | |
oppositionellen Demokratischen Partei, Son Hak Gyu, nannte den | |
Polizeieinsatz in Gangjeong denn auch eine "Kriegserklärung gegen die | |
Bevölkerung von Jeju, die noch den Schmerz der Massaker von 1948 in sich | |
trägt". | |
2 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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