# taz.de -- Kommentar Bleiberecht für Lampedusa-Gruppe: Humanitäre Lösung is… | |
> Erneut sind mehr als 4.000 Menschen für die Lampedusa-Flüchtlinge auf die | |
> Straße gegangen. Der SPD-Senat hat sich vergaloppiert, wenn er meint, den | |
> Konflikt aussitzen zu können. | |
Bild: So weit die Solidarität trägt: Demonstration für ein Arbeits- und Blei… | |
Erneut sind mehr als 4.000 Menschen trotz Ferienbeginns für die | |
Lampedusa-Flüchtlinge auf die Straße gegangen. Wohl weitaus mehr, als | |
selbst die Veranstalter und Flüchtlingshilfe-Organisationen erwartet haben. | |
Das macht deutlich, dass das Schicksal der rund 300 vor einem Jahr in | |
Hamburg gestrandeten libyschen Kriegsflüchtlinge ein Brennpunkt-Thema | |
bleibt. | |
Der SPD-Senat um Bürgermeister Olaf Scholz hat sich vergaloppiert, wenn er | |
meint, den Konflikt aussitzen zu können. Die Information aus der | |
Innenbehörde, 65 Flüchtlinge hätten sich einem individuellen Asylverfahren | |
unterzogen und der Rest sei wieder nach Italien ausgereist, erweist sich | |
als Luftblase. In der Tat hat es Scholz mit einem speziellen Phänomen zu | |
tun: mit Flüchtlingen, die sich nicht einem individuellen Asylverfahren | |
unterziehen wollen, weil sie bereits in Italien als Kriegsflüchtlinge | |
anerkannt sind und nicht bis zum Auftauchen eines Abschiebe-Rollkommandos | |
warten wollen, sondern ein kollektives Bleiberecht nach Paragraf 23 | |
Aufenthaltsgesetz fordern. | |
Seit sich die „Gruppe Lampedusa in Hamburg“ am 1. Mai vorigen Jahres als | |
Kollektiv zu Wort gemeldet hat, spätestens aber, nachdem die Nordkirche | |
Scholz im Juni die Rote Karte gezeigt hat, als sie sich an einem | |
Abschiebelager beteiligen sollte, muss Scholz klar sein, dass es in diesem | |
Konflikt nur eine politische Lösung geben kann. | |
Sicher: Die Angst im Senat ist groß, dass, wenn hier eine Ausnahme gemacht | |
werden sollte, auch Griechenland, Spanien und Malta alle Flüchtlinge, die | |
sie loswerden wollen, nach Hamburg schicken werden. Doch es kann auch nicht | |
ausgeblendet werden, dass das europäische Flüchtlingssystem zerbrochen ist. | |
In den zurzeit parallel laufenden Verwaltungsgerichtsverfahren von neun | |
somalischen Piraten, die Ostern 2000 den Frachter „Taipan“ im Indischen | |
Ozean geentert hatten und zu hohen Haftstrafen verurteilt worden sind, | |
versuchen Ausländerbehörde und Gericht die Somalier davon zu überzeugen, | |
dass mit dem Urteil in diesem Fall nicht automatisch ihre Ausweisung | |
einhergeht. | |
Die – auch laut den Juristen – menschenrechtswidrige Ausweisung müsse aus | |
Gründen der „Generalprävention“ aufrecht erhalten bleiben, um nicht die | |
Botschaft auszugeben: Wer deutsche Schiffe kapert, bekommt anschließend in | |
Deutschland Aufenthalt. Aber aus „humanitären Gründen“ käme eine | |
Abschiebung wegen der Zustände in Somalia praktisch nicht infrage. | |
Auch bei der Gruppe Lampedusa ist solch eine Einzelfalllösung möglich, | |
indem der Senat eine Regelung ausdrücklich als Kollektivlösung deklariert. | |
Und wenn er nur neben den italienischen Kriterien die Ver.di-Mitgliedschaft | |
zugrunde legt. | |
2 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Kai von Appen | |
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