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# taz.de -- Wer entscheidet übers Bleiberecht?: Politiker bleiben unter sich
> Die FDP will Abgeordnete der Parteien in der Härtefallkommission durch
> Fachleute ersetzen. Die SPD spielt da nicht mit, das System habe sich
> „bewährt“.
Bild: Nur wenige gelten als Härtefall: Flüchtling vor der Ausländerbehörde.
HAMBURG taz | Die FDP will die Hamburger Härtefallkommission grundlegend
reformieren. Politiker raus, Fachleute rein, heißt die Devise eines
Antrags, den die Liberalen am heutigen Mittwoch in die Bürgerschaft
einbringen wollen.
In dem Gremium, das befugt ist, ausreisepflichtigen Ausländern aus
humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, sitzen bislang
fünf Delegierte der Fraktionen SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP. Zukünftig
sollen sie durch jeweils einen Vertreter von Innenbehörde, Sozialbehörde,
evangelischer Kirche, katholischer Kirche, Flüchtlingsrat,
Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Integrationsbeirat,
Amnesty International, Ärztekammer und Anwaltskammer ersetzt werden.
Hamburgs Nachbarn Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein haben die
Zusammensetzung des Gremiums reformiert. Hier sind die
Härtefallkommissionen ähnlich besetzt, wie es die FDP für Hamburg will.
„Wir werden oft vor so komplexe Entscheidungen gestellt, wo uns der
fachliche Sachverstand fehlt“, begründet Finn-Ole Ritter, der für die FDP
in der Härtefallkommission sitzt, die Initiative seiner Partei. Durch „ein
fachlich zusammengesetztes Gremium“ erwartet Ritter „fundiertere
Entscheidungen“.
Zudem sollte das Konsensprinzip durch ein Mehrheitsprinzip ersetzt werden:
Sieben Stimmen des dann zehnköpfigen Experten-Gremiums wären notwendig, um
einen Aufenthaltsanspruch zu beschließen. Heute müssen alle fünf
Parteienvertreter zustimmen – schert einer aus, ist der Fall kein
Härtefall.
Bei der SPD-Fraktion allerdings hat die FDP-Offerte keine Chance. Sie wird
den Antrag der Liberalen in der Bürgerschaft heute wohl schlicht ablehnen.
„Es gibt keinen Grund, ein bewährtes System zu ändern“, findet Sören
Schumacher, der für die SPD in der Kommission sitzt.
Bei einem aus verschiedenen Institutionen zusammengesetzten Gremium stelle
sich zudem immer auch „die Legitimitätsfrage.“ Schumacher: „Warum etwa
gehört für die FDP etwa kein Vertreter der muslimischen Verbände in das
Gremium?“ Den FDP-Antrag ersetzt die SPD durch einen eigenen, in dem sie
den Senat auffordert, „jährlich über die Ergebnisse der Härtefallkommission
in geeigneter Form zu berichten.“ Die Struktur der Kommission bleibt
unangetastet.
Die Grünen aber würden über den FDP-Antrag gern ausführlicher diskutieren
und ihn in den Innenausschuss überweisen. Die innenpolitische Sprecherin
der Fraktion, Antje Möller, hält es zwar „für den richtigen Impuls, die
Zusammensetzung des Gremiums grundlegend zu verändern“, der Antrag jedoch
sei „eine Mogelpackung“ und in vielen Punkten „nicht hilfreich“ oder gar
„richtig schlecht“.
Der Grund: Die FDP habe zahlreiche „Zugangshürden“ in ihren Gesetzentwurf
hineingeschrieben, die „dafür sorgen, dass viele Fälle, die bislang in der
Härtefallkommission landeten, dort in Zukunft nicht mehr auftauchen“
würden. So wollen die Liberalen etwa Flüchtlinge von der Härtefallprüfung
ausschließen, die „behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung
vorsätzlich hinausgezögert oder behindert haben“ – ein Vorgehen, das jeder
im Ausländerrecht beschlagene Anwalt seinen Mandanten in aller Regel nur
wärmstens empfehlen würde.
25 Mar 2014
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Abschiebung
Flüchtlinge
Flüchtlingspolitik
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