# taz.de -- Rücktritt bei Ver.di: Führung mit der Keule | |
> Der Landeschef der Gewerkschaft, Wolfgang Abel, hat das Handtuch | |
> geworfen. Vorausgegangen waren interne Konflikte über seinen | |
> Leitungsstil. | |
Bild: Kann anscheinend besser reden als führen: Ex-Ver.di-Landeschef Wolfgang … | |
HAMBURG taz | Die Entscheidung kommt nicht überraschend, der plötzliche | |
Entschluss schon: Ver.di Landeschef Wolfgang Abel hat unmittelbar vor dem | |
1. Mai nach nur zwei Jahren Amtszeit seinen Rücktritt erklärt. Offiziell | |
gibt er gesundheitliche Gründe an, gewerkschaftsintern ist jedoch längst | |
bekannt, dass es im Ver.di-Gebälk krachte. „Die Spannungen müssen | |
Ver.di-intern gelöst werden, es ist nicht meine Aufgabe, das nach außen hin | |
zu kommentieren“, sagte Abel auf Anfrage der taz. | |
Das sehen andere anders: Es sei schon interessant, dass in Abels | |
Rücktrittsschreiben „kein Wort der Selbstkritik“ zu finden sei, sagt eine | |
Fachbereichsleiterin. Abel habe es nicht verstanden, eine pluralistische | |
Gewerkschaft souverän zu leiten, sagt eine Ver.di-Betriebsratsvorsitzende. | |
Stattdessen habe er versucht, Ver.di wie ein Unternehmen restriktiv zu | |
führen und sich dem SPD-Bürgermeister Olaf Scholz zu unterwerfen. | |
Dabei kommt Abel eigentlich aus der progressiven Ecke. Anfang der neunziger | |
Jahre als Landeschef der Postgewerkschaft galt Abel als DKP-nah. „Wir | |
hatten in der Postgewerkschaft hochkarätige Funktionäre, das war aber immer | |
geheim“, sagt ein Ex-DKP’ler. | |
Nachdem Abel als Leiter des Fachbereichs Post und Logistik die | |
Ver.di-Landesleitung von Wolfgang Rose übernommen hatte, glänzte er zwar | |
durch radikale Reden, intern wurde ihm allerdings ein autoritärer | |
Führungsstil bis hin zum Mobbing vorgeworfen. Immer wieder korrigierte der | |
ehrenamtliche Landesvorstand Abels Alleingänge. | |
Das hielt Abel nicht davon ab, den Ver.di-Fachbereichsleiter für besondere | |
Dienstleistungen, Peter Bremme, abzumahnen, weil dieser die | |
Lampedusa-Flüchtlinge in die Gewerkschaft aufgenommen hatte. „Die | |
Spannungen, ausgelöst durch nicht abgestimmte Handlungen und öffentliche | |
Erklärungen zur Lampedusa-Thematik, haben nicht nur zu zahlreichen | |
Austritten, sondern auch zu bisher nicht gekannten Intrigen, Illoyalitäten | |
und Zerwürfnissen in Ver.di Hamburg geführt“, schreibt nun Abel. | |
Zuvor hatte Abel eine Diskussionsveranstaltung mehrerer Ver.di-Fachbereiche | |
über Sinn, Zweck und Unsinn der Elbvertiefung abblasen lassen. Seitdem | |
steht gewerkschaftsintern das Wort „Elbvertiefung“ auf der roten Liste und | |
wird durch die Vokabel „Fahrrinnenanpassung“ ersetzt. Selbst seine | |
stellvertretende Landesleiterin Agnes Schreieder drohte er abzumahnen. | |
Das Fass zum Überlaufen brachte Abels einsamer Vorstoß, unmittelbar vor | |
Beginn des Volksentscheids zur Rekommunalisierung der Strom und Gasnetze | |
ein Betriebsräte-Seminar anzusetzen. Dort sollte mit Betriebsräten von | |
Vattenfall und Eon gegen die Volksinitiative mobilisiert werden. | |
Hauptreferent war Olaf Scholz. | |
Abel führt eine Entscheidung des ehrenamtlichen Ver.di-Landesvorstandes zur | |
Unterstützung eines Kongresses über die 30-Stunden-Woche als | |
Rücktrittsgrund an, weil die Veranstaltung von marxistischen Gruppen | |
dominiert werde. Das klingt wenig glaubwürdig. Vielmehr scheint hier ein | |
Gewerkschafter aufgrund seiner fragwürdigen Sozialisation in einer | |
„progressiven“ Organisation gescheitert zu sein. | |
1 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
## TAGS | |
Flüchtlinge | |
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