# taz.de -- Gigantischer Außenhandelsüberschuss: Nicht schon wieder Weltmeist… | |
> Die EU-Kommission kritisiert die schwache deutsche Binnennachfrage. Jetzt | |
> will auch die Bundesregierung handeln. | |
Bild: Fertig zum Export – und genau das ist das Problem: Mercedes in Bremerha… | |
BERLIN taz | Immer wieder neue Rekorde: Die Deutschen sind 2013 | |
wahrscheinlich wieder Exportweltmeister. Im vergangenen Jahr verkauften sie | |
Waren im Wert von fast 1,1 Billionen Euro ins Ausland. Die | |
Made-in-Germany-Branche jubelt, doch gesamtwirtschaftlich sorgt die | |
deutsche Exportstärke für gravierende Unwuchten. 2013 wurde nicht nur der | |
bislang höchste Ausfuhrüberschuss überhaupt erzielt, sondern auch der | |
bislang größte weltweit: Waren und Dienstleistungen im Wert von 199 | |
Milliarden Euro wurden mehr ex- als importiert. | |
Der EU-Kommission reicht es jetzt. Denn: Das an die Firmen der größte | |
Wirtschaftsmacht Europas überwiesene Geld fehlt in vielen Krisenstaaten der | |
Eurozone. Sie müssen deshalb für ihre Importe vielfach Schulden machen – | |
eine der Ursachen der Finanzkrise im Euroraum. „Deutschland muss Maßnahmen | |
aufzeigen und umsetzen, um die Binnennachfrage und das Wachstumspotenzial | |
der Wirtschaft zu stärken“, forderte die Brüsseler Behörde in einem am | |
Mittwoch veröffentlichten Bericht. | |
„Niemand möchte Deutschland dafür kritisieren, dass es nach außen hin im | |
Export gut dasteht“, sagte Währungskommissar Olli Rehn. Allerdings müsse | |
Berlin den Dienstleistungssektor öffnen, Investitionen im Inland fördern | |
und Ganztagsschulen sowie Kindertagesstätten ausbauen, um die | |
Erwerbstätigkeit von Frauen zu verbessern. | |
Es ist ein Rüffel aus Brüssel, ein Verfahren hat die Kommission noch nicht | |
eröffnet. Laut EU-Statuten darf der Außenhandelsüberschuss eines Landes im | |
Durchschnitt von drei Jahren nicht über 6 Prozent liegen, im vergangenen | |
Jahr lag er aber bei 7 Prozent. Deutschland schreibt seit dem Jahr 1952 | |
ohne Unterbrechung Exportüberschüsse, seit 2006 wird der EU-Grenzwert | |
gerissen. | |
## Gabriel hat ein Einsehen | |
Das Neue: Blockte die alte schwarz-gelbe Regierung noch jede Kritik am | |
Exportüberschuss ab, hat der noch relativ neue Wirtschaftsminister Sigmar | |
Gabriel (SPD) ein Einsehen. „Exzessive und dauerhafte Ungleichgewichte sind | |
schädlich für die Stabilität der Eurozone“, heißt es in einem Papier aus | |
seinem Ressort. | |
Der Bilanzüberschuss werde, so das Schreiben, bis 2015 auf 6,5 Prozent des | |
BIP sinken. Die dafür eingeplanten Mittel sind jedoch gering: Zusätzlich 5 | |
Milliarden Euro will der Bund in Infrastrukturprojekte stecken, 6 | |
Milliarden über die Länder in Kinderbetreuung, Schulen und Hochschulen | |
stecken. Auch der flächendeckende Mindestlohn sei „geeignet, die | |
Binnennachfrage zu stärken“, heißt es in dem Schreiben. | |
An die vielfach kritisierten geringen Niedriglöhne im Land will die | |
Bundesregierung aber offensichtlich nicht ran: „Lohnzurückhaltung ist kein | |
Dumping, sondern war ein wichtiger Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit“, | |
sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Dagegen meinen | |
kritische Ökonomen, Deutschland drücke seine Handelspartner mit den seit | |
Jahren real sinkenden Lohnkosten praktisch an die Wand. | |
5 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
Kai Schöneberg | |
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