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# taz.de -- Türkische Aktivistin über die Wahl: „Man wird uns einlochen“
> Die Architektin und Gezipark-Aktivistin Mücella Yapıcı sieht die
> Opposition harten Zeiten entgegengehen. Trotzdem kann sie der Wahl etwas
> abgewinnen.
Bild: Polizei auf dem Taksim-Platz: „Aggressivität, Härte, Dreistigkeit“.
taz: Frau Yapıcı, gratulieren Sie der AKP zu Ihrem Sieg?
Mücella Yapıcı: Man kann der AKP gratulieren. Weil sie es geschafft hat,
mit Verboten, Zensur und Betrug diese Wahl zu gewinnen. Es gibt in diesem
Land genug Menschen, die nur in Sorge um ihre eigene Existenz sind und
nichts mitbekommen. Aber dieses Wahlergebnis ist weniger ein Erfolg der AKP
als ein Misserfolg der Opposition.
Was hat die Opposition falsch gemacht?
Sie hätte darauf bestehen müssen, dass die Wahlen unter diesen Umständen
illegitim sind. Stattdessen hat sie der Unterstützung der konspirativen
Gülen-Gruppe vertraut.
Viele junge Leute aus der Gezi-Bewegung sind enttäuscht. Ein häufiger
Kommentar auf Facebook lautet: „Ich will hier weg.“
Diese Generation hat im vergangenen Jahr ihren ersten politischen Aufbruch
erlebt. Jetzt erlebt sie ihre erste große Enttäuschung. Ich habe schon
andere Enttäuschungen erlebt, den Militärputsch 1980 zum Beispiel. Ich
sehe, dass sich die Gesellschaft auf einem guten Weg befindet. Der Geist
von Gezi ist immer noch lebendig.
Wo war dieser Geist bei der Wahl?
Er hat sich in den Zehntausenden Menschen gezeigt, die die ganze Nacht
Wache vor Wahllokalen gestanden haben, um eine Wahl zu verteidigen, an die
sie nicht geglaubt haben. Darauf können wir aufbauen.
Am Ende hätten sich viele Linke damit getröstet, wenn in Ankara der
Kandidat der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP gewonnen hätte. Der Mann
stammte usrprünglich aus der ultranationalistischen MHP. Zeigt sich darin
die Tragödie der Linken?
Das Gegenteil ist richtig: Wenn Menschen, die nie zuvor die CHP gewählt und
es vielleicht auch jetzt nicht getan haben, sich von selber organisieren
und die Auszählung überwachen, dann zeigt dies das tiefe Misstrauen gegen
diesen Staat – aber auch das demokratische Bewusstsein in diesem Teil der
Gesellschaft.
Auch wenn es um einen ehemaligen MHP-Mann wie Mansur Yavaş geht?
Gerade dann. Im Übrigen hat sich die Definition des Faschismus geändert.
Die Welt sollte wissen, dass wir es in der Türkei mit einem diktatorischen
Regime zu tun haben.
Was wird das Regime nun machen?
Sie werden uns noch härter angreifen. Alles, was wir in den letzten Monaten
an Unterdrückung und Kontrolle der Medien, der Straße und des Internets
erlebt erlebt haben, wird zunehmen. Das hat Ministerpräsident Erdoğan mit
seinem Auftritt in der Wahlnacht deutlich gemacht. Diese Aggressivität,
diese Härte und diese Dreistigkeit, dort mit Leuten aufzutreten, die so
schwer belastet sind. Wir gehen harten Zeiten entgegen, mindestens bis zur
Parlamentswahl 2015.
Und wie wird der Prozess ausgehen, in dem [1][Sie und 25 andere Aktivisten
angeklagt sind][2][?]
Man wird uns einlochen.
Und was wird aus dem Gezi-Park? Wird man ihn abreißen?
Nein.
Was macht Sie so sicher?
Der Dieb weiß sehr genau, was er geklaut hat. Der Betrüger kennt seinen
Betrug. Ich glaube, die Regierung weiß viel besser als die Opposition, wie
sie diese Wahl gewonnen hat. Sie hat Angst, sie hat immer noch Angst.
31 Mar 2014
## LINKS
[1] /Anklage-gegen-Gezi-Protestler/!135012/
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## AUTOREN
Deniz Yücel
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