# taz.de -- Rechtslage zu Drohneneinsätzen: Nicht per se völkerrechtswidrig | |
> Generalbundesanwalt Range prüft, ob Deutschland Schaltzentrale im | |
> US-Drohnenkrieg ist. Am Stützpunkt Ramstein sollen alle Fäden | |
> zusammenlaufen. | |
Bild: Drehkreuz für den Einsatz der Killerdrohnen: US-Airbase Ramstein in Rhei… | |
FREIBURG taz | Die Bundesanwaltschaft prüft Medienberichte über | |
Deutschlands Rolle im Drohnenkrieg der USA. Vorige Woche hatten [1][NDR] | |
und [2][Süddeutsche Zeitung] berichtet, dass US-Soldaten im | |
Militärstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz bei tödlichen | |
Drohnenangriffen eine entscheidende Rolle spielen. Generalbundesanwalt | |
Harald Range wertet die Berichte nun „im Hinblick auf zureichende | |
tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat nach dem | |
Völkerstrafgesetzbuch aus“, erklärte seine Sprecherin gegenüber der taz. | |
Nach Darstellung von NDR und SZ laufen die Datenverbindungen zwischen | |
unbemannten US-Drohnen im jeweiligen Einsatzgebiet und den Befehlsgebern in | |
den USA stets über Ramstein. | |
„Im Luftwaffenstützpunkt Ramstein laufen wirklich alle Informationen | |
zusammen, wie durch einen Trichter“, sagte der ehemalige US-Drohnenpilot | |
Brandon Bryant im NDR-Magazin [3][„Panorama“]. Von der Drohne gelieferte | |
Bilder würden in Ramstein in einer Einheit namens DGS (Distributed Ground | |
System) ausgewertet. Dort soll sichergestellt werden, dass die von der | |
Drohne aus abgefeuerte Rakete die richtige Person tötet. | |
Ähnliches hatten die beiden Medien bereits im Vorjahr berichtet. Damals | |
ging es aber nur um die Beteiligung an Drohnenangriffen in Afrika, | |
insbesondere in Somalia. In die Auswahl der Ziele sei auch die | |
US-Kommandozentrale für Afrika (Africom) in Stuttgart einbezogen, hieß es | |
damals. Neu ist, dass die Einheit aus Ramstein in die Steuerung der | |
ungleich zahlreicheren US-Drohnenangriffe in Pakistan einbezogen ist. | |
Deutschland sei die „Schaltzentrale“ im US-Drohnenkrieg, betont „Panorama… | |
## Verhältnismäßigkeit ist legal | |
Was in der Berichterstattung allerdings etwas unterging: Drohnenangriffe | |
sind nicht per se völkerrechtswidrig und verboten. Drohnen dürfen – wie | |
Panzer und Jagdflugzeuge – zum Töten von Menschen grundsätzlich eingesetzt | |
werden, wenn dies erstens in einem bewaffneten Konflikt passiert und sich | |
zweitens gegen Kämpfer (Kombattanten) richtet und der Angriff drittens | |
nicht unverhältnismäßig viele zivile Opfer fordert. | |
Nicht zulässig ist der Einsatz nach europäischer Ansicht aber gegen bloße | |
Terroristen. Die US-Ideologie vom „Krieg gegen den Terror“ wird in Europa | |
nicht geteilt. Die Hinrichtung von Terroristen ohne Gerichtsverfahren per | |
Drohnenbeschuss wäre nach deutschem Recht als Kriegsverbrechen oder Mord zu | |
bewerten. | |
Es kommt also auf die Umstände des konkreten Falls an. Gründlich geprüft | |
hat die Bundesanwaltschaft (BAW) den tödlichen Drohnenangriff auf den | |
deutschen Staatsbürger Bünyamin E., der im Oktober 2010 mit vier anderen | |
Islamisten in Pakistan getötet wurde. Nach den BAW-Ermittlungen hat sich E. | |
in Pakistan als Mitglied organisierter bewaffneter Gruppen aufgehalten und | |
sich dort an Kämpfen beteiligt. Die Tötung von E. sei deshalb nicht | |
strafbar gewesen, stellte die BAW im Juli 2013 fest. | |
Ähnlich argumentierte sie im Fall von Samir H. aus Aachen. Der 29-Jährige | |
war im März 2012 durch Raketenbeschuss von einer Drohne aus getötet worden. | |
Der Tod des Offenbachers Patrick Klaus N. im Februar 2012 wird noch | |
untersucht. Beide starben ebenfalls in Pakistan. | |
Es ist davon auszugehen, dass die neuen Berichte kein Ermittlungsverfahren | |
des Generalbundesanwalts auslösen, da sie keine Hinweise auf die Tötung | |
geschützter Personen enthalten, an denen die US-Soldaten von Ramstein | |
beteiligt sein sollen. | |
Andere Probleme stellen sich mit Blick auf Drohneneinsätze in Somalia. Nach | |
den Medienberichten von 2013 hat die BAW einen Beobachtungsvorgang | |
angelegt. Nach Angaben der BAW-Sprecherin ergaben sich dabei aber keine | |
„tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlungszuständigkeit der | |
Bundesjustiz begründet sein könnte“. Das soll wohl heißen, dass die BAW | |
annimmt, in Somalia bestehe gar kein bewaffneter Konflikt. Denn nur dann | |
wäre die Bundesanwaltschaft zuständig. | |
## Nach deutscher Rechtslage Mord | |
Das klingt nur auf den ersten Blick abwiegelnd. Tatsächlich wäre das aber | |
erheblicher Sprengstoff für das deutsch-amerikanische Verhältnis, weshalb | |
sich die BAW wohl auch so undeutlich ausdrückt. Denn wenn die USA in | |
Somalia außerhalb eines bewaffneten Konflikts Drohnen einsetzen, dann wäre | |
das eindeutig völkerrechtswidrig und nach deutscher Rechtslage jeweils als | |
Mord strafbar. | |
Für Morde außerhalb von bewaffneten Konflikten wäre zwar nicht die BAW | |
zuständig, aber die lokalen Staatsanwaltschaften in Zweibrücken (für | |
Ramstein) und Stuttgart (für das Africom). | |
Strafrechtlich dürfte den Soldaten wenig passieren. Deutsche Ermittler | |
haben keine Handhabe zur Strafverfolgung von US-Soldaten wegen dienstlicher | |
Handlungen in Deutschland. Dafür sind nach dem Nato-Truppenstatut die | |
US-Dienststellen zuständig, diese dürften wohl nach ihrem Verständnis vom | |
„War on Terror“ keine Straftaten sehen. | |
Brisanter ist die Lage für die Bundesregierung. Denn diese wird es nicht | |
dulden können, dass von deutschem Boden aus extralegale Hinrichtungen in | |
anderen Teilen der Welt unterstützt werden. Bisher zieht sie sich auf | |
US-Zusicherungen zurück, dass „von amerikanischen Stützpunkten in | |
Deutschland Einsätze bewaffneter ferngesteuerter Luftfahrzeuge weder | |
geflogen noch befehligt werden“. | |
## Beihilfe zum Mord | |
Das mag zwar sein, aber die Beiträge zur Steuerung der Drohnen und zur | |
Auswahl der Ziele können in nicht gerechtfertigten Fällen durchaus als | |
Mittäterschaft bei einem Mord oder zumindest als Beihilfe dazu bewertet | |
werden. | |
Um Derartiges künftig zu verhindern, müsste die Bundesregierung nicht | |
unbedingt den Aufenthaltsvertrag für die US-Truppen kündigen. Eine | |
Zusatzvereinbarung würde genügen, wonach sich die in Deutschland | |
stationierten US-Truppen nur an Drohnenangriffen beteiligen, die nach der | |
in Europa maßgeblichen Auslegung des Völkerrechts legal sind. Allerdings | |
ist die Bundesregierung wohl zu schwach, der US-Regierung solch ein | |
Zugeständnis abzuringen. | |
Die Bundesregierung müsste nun aber zumindest die Lieferung von Handydaten | |
von ausgereisten deutschen Islamisten an die US-Regierung einstellen. Denn | |
wie Ex-Drohnenpilot Brandon Bryant darlegte, können diese für die | |
zielgenaue Ortung von Verdächtigen benutzt werden. Bisher hatte die | |
Bundesregierung dies bestritten. | |
6 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ndr.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemeldungndr139… | |
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/us-drohnenkrieg-immer-fliessen-die-daten… | |
[3] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/drohnen177.html | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Drohnenkrieg | |
USA | |
Ramstein | |
Mord | |
Somalia | |
Pakistan | |
Somalia | |
Ramstein | |
Drohnenkrieg | |
Ramstein | |
Drohnen | |
USA | |
Bundesanwaltschaft | |
Militär | |
Drohnenkrieg | |
Barack Obama | |
Drohnen | |
Irak | |
Jemen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Angehörige von US-Drohnenopfern: Somalier will Deutschland verklagen | |
Ein 50-Jähriger will nach Medienberichten gegen die Bundesregierung klagen. | |
Drohnen, die von deutschem Hoheitsgebiet gestartet sind, töteten seinen | |
Sohn. | |
Kommentar Ramstein-Klage: Wir sind Komplizen | |
Die USA wissen kaum, wen sie mit ihren Drohnen umbringen. Solange das über | |
Ramstein vonstatten geht, ist Deutschland mitschuldig. | |
Laut „Spiegel“-Bericht: US-Drohnen starten in Ramstein | |
Von Deutschland geht ein Krieg aus – ein Drohnenkrieg. Und die | |
Bundesregierung weiß Bescheid. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung | |
auf Geheimdokumente. | |
Jemeniten vor deutschem Gericht: Klage wegen Drohnenangriffen | |
Drei Opferangehörige fordern, dass die US-Airbase in Ramstein nicht mehr | |
für rechtswidrige Drohnenschläge benutzt wird. | |
Zivile Nutzung in den USA: Ein Himmel voller Drohnen | |
Drohnen sind billiger als ein Hubschrauber und flexibler als Kamerakräne. | |
Deswegen wollen US-Firmen sie nutzen. Die Luftfahrtbehörde prüft nun | |
erstmals diese Anträge. | |
Gerichtsurteil in den USA: Transparenter Drohnenkrieg | |
Ein US-Gericht hat entschieden, dass Unterlagen zu Drohnenangriffen | |
veröffentlicht werden müssen. Es gab damit einer Klage der „New York Times�… | |
statt. | |
Reaktion auf NSU-Mordserie: Mehr Macht für den Bundesanwalt | |
Nie mehr jahrelange Justiz-Kleinstaaterei wie beim NSU: Der | |
Generalbundesanwalt soll solche Fälle schneller an sich ziehen. | |
Kommentar Drohnenkrieg: Dröhnende Ahnungslosigkeit | |
Ramstein in der Pfalz ist ein wichtiger Stützpunkt für den Drohnenkrieg der | |
USA. Die Rolle deutscher Behörden dabei muss dringend geklärt werden. | |
Ramstein und der US-Drohnenkrieg: Keine rechtliche Handhabe | |
Der US-Flugplatz Ramstein in Rheinland-Pfalz spielt eine zentrale Rolle im | |
Drohnenkrieg der USA. Rechtlich scheint es schwer zu sein, dagegen | |
vorzugehen. | |
Debatte US-Regierung 2014: Jetzt muss sich Obama was trauen | |
Was bringt 2014 für Barack Obama? Für die Behauptung, der Präsident könne | |
keine größeren Initiativen mehr starten, ist es jedenfalls viel zu früh. | |
Bundeswehr will unbedingt Kampfdrohne: „Heron 1“ soll nicht allein bleiben | |
Die Bundeswehr fordert vehement die Anschaffung von bewaffneten Drohnen. | |
Verteidigungsministerin und Außenminister schweigen zum Thema. | |
USA rüsten Irak auf: Raketen und Drohnen für Bagdad | |
Al-Qaida-Kämpfer nutzen den Bürgerkrieg in Syrien, um über die Grenze in | |
den Irak zu gelangen. Nun liefern die USA Luft-Boden-Raketen zur | |
Terrorbekämpfung. | |
Parlament verabschiedet Gesetz: Jemen verbietet US-Drohnenangriffe | |
Am Donnerstag kamen bei einem Luftangriff auf eine Hochzeitsgesellschaft 17 | |
Menschen ums Leben. Nun hat Jemens Parlament reagiert und Drohnenangriffe | |
verboten. |