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# taz.de -- Kommentar zu Zwangsräumungen: Wichtiger Widerstand
> Die Verdrängung der alteingesessenen Mieter aus den Innenstädten ist ein
> allgemeines Problem. Es braucht politische Lösungen – und Widerstand.
Bild: Klare Ansage.
Wenn jemand einen Preis für Zivilcourage verdient hat, dann ist es
Karl-Heinz „Kalle“ Gerigk. Mit welcher Ausdauer und Konsequenz er seiner
Entmietung zu trotzen versucht, verdient Bewunderung. Im Kölner
Agnesviertel kämpft kein verschrobener Don Quijote gegen Windmühlen. Der
Mitarbeiter des städtischen Wohnungsamtes ist ein reflektierter Mensch, der
genau weiß, was er tut.
Gerigk hat seinen Fall öffentlich gemacht, um einen allgemeinen Missstand
anzuprangern: die Verdrängung alteingesessener Mieter aus den begehrten
Innenstadtlagen vieler deutscher Großstädte. Sein Fall veranschaulicht,
dass es sich hier nicht um ein „Randgruppenproblem“ handelt. Opfer von
Gentrifizierung kann jeder werden, der nicht reich ist.
Üblicherweise ist Gentrifizierung ein Häuserkampf auf leisen Sohlen. Die
Verdrängung ist ein schleichender Prozess, weswegen es auch so schwierig
ist, Protest dagegen zu organisieren. Ein konkretes Beispiel: Ein
Mehrfamilienhaus wird an einen „Projektentwickler“ verkauft. Der Investor
kündigt an, es kernsanieren zu lassen. Den Mietern bietet er drei
Alternativen an: Der erste Vorschlag lautet, sie können ihre bisherige
Mietwohnung nach der Sanierung für einen unerschwinglichen Preis kaufen.
Die zweite Möglichkeit ist: ein Jahr auf einer Baustelle zu wohnen, um dann
von einem neuen Wohnungsinhaber wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden. Für
den Fall jedoch, dass man zeitnah freiwillig auszieht, wird eine Abfindung
angeboten. Für welche Variante hätten Sie sich entschieden? Das Beispiel
ist nicht erfunden, sondern erlebte Realität.
Ob in Köln, München, Hamburg oder Berlin: In den attraktiven Revieren
explodieren die Mieten. Es ist höchste Zeit, dass die Politik reagiert. Wer
lebendige Stadtteile erhalten will, muss die Kräfte der sie zerstörenden
freien Marktwirtschaft fesseln. Es bedarf einer wirksamen Mietpreisbremse
und Milieuschutzsatzungen, die verhindern, dass die Spekulanten Miet- in
Eigentumswohnungen umwandeln.
Es wäre ein Wunder, wenn es noch einmal gelänge, Kalle Gerigks
Zwangsräumung zu verhindern. Trotzdem war und ist sein Widerstand dagegen
richtig. Denn das ist es, was man selbst machen kann: mit zivilem
Ungehorsam ein Maximum an Öffentlichkeit herstellen, um den Preis für
Immobilienhaie möglichst hochzutreiben.
15 Apr 2014
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Gentrifizierung
Wohnungsmarkt
Zwangsräumung
Mieterschutz
Mietpreisbremse
SPD
Luxussanierung
Gentrifizierung
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Köln
Sachsen
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