# taz.de -- Entmietungen und Zwangsräumungen: Rausschmiss auf die sanfte Tour | |
> Über Räumungsklagen und Zwangsräumungen gibt es keine Statistik. Doch die | |
> meisten Kündigungen erfolgen wegen angeblichen Eigenbedarfs. | |
Bild: Wohnungen, wie hier in München, sind häufig Spekulationsobjekte für Ei… | |
KÖLN/BERLIN taz | Auch wenn die Mieten steigen, der Immobilienmarkt | |
überhitzt ist und das Mietrecht verschärft wurde: Ein einheitlicher Trend | |
hin zu mehr Räumungsklagen und Zwangsräumungen ist derzeit nicht erkennbar | |
– denn eine bundesweite Statistik dazu gibt es nicht, sagt Ulrich Ropertz, | |
Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes. | |
Nur in einzelnen Bundesländern und Städten werden Daten dazu erhoben. So | |
sind im Jahre 2013 bei den Hamburger Amtsgerichten 4.124 Räumungsklagen | |
eingegangen. 3.021 dieser Verfahren endeten mit einem Urteil oder einem | |
Vergleich, der auf Räumung lautete, so die Statistik der Behörde für Justiz | |
und Gleichstellung in Hamburg. Im Jahr davor hatte es noch 4.428 | |
Räumungsklagen gegeben. | |
Auch in Bremen ist der Trend leicht rückläufig. 2013 gab es in dem kleinen | |
Bundesland 651 Klagen, 139 weniger als 2012. Diese Daten enthalten auch | |
Fälle, in denen zwar ein vollstreckungsfähiger Räumungstitel erwirkt worden | |
ist, die Räumung selbst aber noch abgewehrt werden konnte, etwa indem | |
Mietschulden rechtzeitig beglichen wurden. | |
Das Gleiche gilt für Berlin. In der Hauptstadt geben die Sozialämter und | |
Jobcenter die Zahlen für Hartz-IV-Empfänger, denen der Wohnungsverlust | |
droht, weiter an die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Im Jahre | |
2011 zählte man dort 1.066 solcher Räumungsklagen, im Jahre 2012 waren es | |
974 Verfahren gegen Empfänger von Arbeitslosengeld II. | |
Auch diese Zahlen bedeuten aber nicht, dass die Erwerbslosen ihre Wohnung | |
auch tatsächlich verlassen mussten, da die Mietschulden ja in vielen Fällen | |
durch die Jobcenter beglichen werden. Im selben Zeitraum stieg zwar in | |
Leipzig die Anzahl der Klagen von 1.210 auf 1.306, die Anzahl der | |
Zwangsräumungen sank dort jedoch im Zeitraum von 2011 bis 2012 von 897 auf | |
876 Fälle. | |
## Letzte Eskalationsstufe | |
Ein signifikanter Anstieg an Zwangsräumungen lässt sich hingegen in | |
Mecklenburg-Vorpommern verzeichnen. Insgesamt 1.377 Wohnungen wurden laut | |
Auskunft des dortigen Justizministeriums im vergangenen Jahr zwangsgeräumt. | |
2011 und 2012 lag die Zahl der durchgeführten Räumungen jeweils noch unter | |
1.000. | |
Die Zwangsräumung ist die letzte Eskalationsstufe, um einen Mieter aus | |
einer Wohnung zu bekommen. Der Vermieter muss zuvor einen gerichtlichen | |
Räumungstitel erwirkt haben. Seit Mai dieses Jahres wurde das bundesweite | |
Mietrecht verschärft, sodass Zwangsräumungen bei Mietschulden jetzt | |
schneller durchgesetzt werden können. „Bisher ist aber nicht bekannt, dass | |
damit die Zahl der Zwangsräumungen gestiegen ist“, sagt Ropertz vom | |
Mieterbund. | |
Meist erfolgt der Rausschmiss ohnehin auf die sanfte Tour – und auch nicht | |
wegen Mietschulden. Der Eigenbedarf des Vermieters ist der „häufigste | |
Kündigungsgrund“, sagt Ropertz. Vermieter dürfen einem Mieter wegen | |
„Eigenbedarf“ kündigen, wenn er selbst, ein Familienangehöriger oder | |
Angehörige seines Haushalts die Wohnung nutzen wollen und keine | |
Alternativwohnung zur Verfügung steht. | |
Stellt sich später heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, „kann | |
der Mieter Schadensersatz verlangen“, so Mieterbund-Geschäftsführer | |
Ropertz. Allerdings ist der Nachweis beinahe unmöglich. Kann der Vermieter | |
etwa behaupten, dass sich die Bedarfslage nach der Kündigung überraschend | |
geändert habe, gibt es auch für den ehemaligen Mieter keinen Schadensersatz | |
für höhere Mietkosten und Umzug. | |
16 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
Pascal Beucker | |
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