# taz.de -- Nach dem Etikettenschwindel: Neuländer zerfleischen sich selbst | |
> Der „Neuland“-Verein fordert, wegen eines Betrugsskandals den Manager | |
> einer Vertriebsfirma zu feuern. Doch das Unternehmen zögert. | |
Bild: Neuland schreibt Auslauf für Hühner vor | |
BERLIN taz | Nach dem Betrugsskandal mit Fleisch des „Neuland“-Vereins für | |
artgerechte Tierhaltung wächst der Druck auf den Chef der zuständigen | |
Vermarktungsfirma. Der Vorstand des Vereins forderte den Aufsichtsrat der | |
Neuland GmbH Produktvermarktung in Bad Bevensen schriftlich auf, Thomas | |
Strauß „umgehend – mindestens bis zum Ende der lückenlosen Aufklärung �… | |
seinen Aufgaben als Geschäftsführer freizustellen“. | |
Schließlich sei es nötig, dass externe Prüfer Zugang „zu allen notwendigen | |
Unterlagen“ erhalten, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Das | |
bedeutet offenbar: Der Vereinsvorstand befürchtet, Strauß könnte die | |
Aufarbeitung behindern. Strauß wollte sich auf taz-Anfrage nicht dazu | |
äußern. | |
Die Vermarktungsfirma hatte Hähnchen eines Schlachthofinhabers und | |
Landwirts vertrieben, der nach Vereinsangaben [1][konventionelle Hähnchen | |
als teure Neuland-Ware verkaufte]. Dem Verein gehört die Marke, und er | |
stellt die Richtlinien für die Produktion auf – zum Beispiel, dass | |
Mastgeflügel Auslauf haben und in vergleichsweise kleinen Betrieben | |
gehalten werden muss. Das tägliche Geschäft erledigen aber unabhängige | |
Vertriebsunternehmen, deren Eigentümer die insgesamt rund 170 | |
Neuland-Bauern sind. | |
„Deshalb hat der Verein keinen direkten arbeitsrechtlichen Zugriff auf die | |
GmbH“, sagte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf von der | |
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die neben der | |
Umweltorganisation BUND und dem Deutschen Tierschutzbund Träger des | |
Neuland-Vereins ist. Reinhild Benning, BUND-Agrarreferentin verteidigte | |
dies mit den Worten: „Neuland ist ein Produkt auch von basisdemokratischen | |
Strukturen“. Es gehe um „die Selbstbestimmung der Bauern“. | |
## Aufsichtsratschef will Prüfung abwarten | |
Einer ihrer Vertreter – der Aufsichtsratsvorsitzende der Vertriebsfirma, | |
Gerhard Bohm – kündigte im Gespräch mit der taz am Freitag an, eine Prüfung | |
des Falls abzuwarten. Es sei noch keine Sitzung des Aufsichtsrats geplant, | |
der am Donnerstag gewählt wurde. Über Geschäftsführer Strauß sagte Bohm: | |
„Er macht seine Arbeit eigentlich auch ganz gut.“ | |
Daran gibt es aber Zweifel. Unter anderem lieferte der verdächtigte | |
Landwirt L. laut Neuland etwa 100.000 Hähnchen jährlich – obwohl ein | |
Betrieb nach Vereinsrichtlinien maximal 16.000 Mastplätze haben darf. Das | |
entspricht einer Jahresproduktion von lediglich 80.000 Hähnchen. „Ich gehe | |
davon aus, dass dieses Missverhältnis aufgefallen ist“, erklärte | |
AbL-Vertreter Baringdorf. | |
Falls der Aufsichtsrat nicht zufriedenstellend reagiert, könnte der Verein | |
„als letzte Konsequenz“ der Vertriebsfirma die Lizenz zur Nutzung der | |
Neuland-Marke entziehen, ergänzte Baringdorf. „Dann bliebe uns auch gar | |
nichts anderes übrig. Sonst bringen wir Neuland um.“ Der Schritt birgt aber | |
ein Risiko: Ein Lizenzentzug könnte schließlich auch den ehrlichen Bauern | |
schaden, die ihr Fleisch über Bad Bevensen absetzen. | |
Das Neuland-Siegel gibt es für Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch. Der | |
Marktanteil liegt bundesweit unter 0,5 Prozent. Der alternativen | |
Agrarbewegung gilt das Projekt aber als Beleg dafür, dass sich bäuerliche | |
Landwirtschaft mit hohen Tierschutzstandards rechnen kann. Neuland-Fleisch | |
ist in der Regel billiger als Bio-Ware, aber teurer als konventionelle. | |
Anders als Öko-Landwirte dürfen Neuland-Bauern ihre Tiere hauptsächlich mit | |
Pflanzen füttern, die mit Hilfe von chemisch-synthetischen Pestiziden und | |
Düngern angebaut wurden. | |
25 Apr 2014 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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