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# taz.de -- Bundesregierung erleichtert Abschiebung: Schnell, schnell zurück
> Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina werden zu „sicheren
> Herkunftsländern“ erklärt. Dabei ist die Situation für Minderheiten
> besorgniserregend, sagen Kritiker.
Bild: Kind in Sarajewo, vor dem bei Protesten im Februar beschädigten Sitz des…
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will Asylbewerber aus mehreren
Balkanstaaten künftig schneller in ihre Heimat zurückschicken. Das Kabinett
brachte am Mittwoch einen Gesetzentwurf auf den Weg, um Serbien, Mazedonien
und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen. Die
Behörden können Asylanträge aus diesen Staaten durch eine solche Regelung
einfacher abweisen. Die Asylverfahren in diesen Fällen sollen sich dadurch
deutlich verkürzen. Flüchtlingsorganisationen kritisieren das Vorhaben
scharf.
Die Zahl der Asylbewerber aus den drei Ländern ist seit der Aufhebung ihrer
Visumpflicht vor wenigen Jahren deutlich gestiegen. 2013 stammte fast ein
Fünftel der in Deutschland gestellten Asylanträge von dort. Die große
Mehrheit wurde als unbegründet abgelehnt. Auch in den ersten drei Monaten
2014 baten mehrere tausend Menschen aus diesen Staaten in Deutschland um
Asyl, die meisten aus Serbien.
Durch die Einstufung der Länder als sichere Herkunftsstaaten will die
Regierung die Asylverfahren in diesen Fällen beschleunigen und dafür
sorgen, dass die Betroffenen schnell in ihre Heimat zurückkehren oder gar
nicht erst nach Deutschland kommen. Das soll auch Asylbewerbern aus
Krisenstaaten zu Gute kommen, deren Verfahren sich durch das hohe
Gesamtaufkommen an Anträgen oft über viele Monate hinziehen.
In den drei Balkanländern gebe es keine Verfolgung, Folter, willkürliche
Gewalt oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung, argumentiert die
Regierung. Die Roma seien in diesen Ländern zwar benachteiligt, würden aber
nicht verfolgt.
## Besorgniserregende Menschenrechtslage
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hält die Pläne jedoch für
ungerechtfertigt und rechtlich zweifelhaft. „Die Einstufung der drei
Staaten als sichere Herkunftsländer ist unverantwortlich“, sagte
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.
Es lägen zahlreiche internationale Berichte vor, die die Menschenrechtslage
in diesen Ländern als besorgniserregend einschätzten. Es gebe dort schwere
Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Verstöße gegen die Pressefreiheit
und nicht funktionierende Strukturen im Justizsystem. Gewalt gegen Frauen
und Übergriffe gegen Homosexuelle seien keine Seltenheit. Ein großes
Problem seien Hass und Hetze gegen Roma, sagte Burkhardt. Die Staaten
schützten die Minderheit nicht ausreichend.
Das Gesetzesvorhaben stehe auch im krassen Gegensatz zum Interesse der EU,
auf eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in den drei Ländern zu
dringen, beklagte Burkhardt. Auch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten
Nationen (UNHCR) hatte Bedenken angemeldet.
Innerhalb der schwarz-roten Koalition gibt es aber Überlegungen, noch
weitere Länder als sicher zu deklarieren – nämlich Albanien und Montenegro.
„Die Anerkennungsquoten von Asylbewerbern aus beiden Ländern sind sehr
gering“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan
Mayer (CSU), der Zeitung Die Welt zur Begründung.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, sperrte
sich nicht gegen eine mögliche Aufstockung: „Wenn man über weitere Länder
reden will – und dafür gibt es gute Gründe –, muss man das in einem
partnerschaftlichen Verfahren machen“, sagte er dem Blatt. Laut Welt
fordert die SPD im Gegenzug eine Ausweitung der Regelung zur doppelten
Staatsbürgerschaft.
Neben den Asylverschärfungen für die drei Balkanstaaten ist in dem
Gesetzentwurf auch vorgesehen, dass Asylbewerber künftig früher als bislang
arbeiten dürfen. Derzeit gilt eine Wartezeit von neun Monaten. In Zukunft
sollen Asylsuchenden bereits nach drei Monaten einen Job aufnehmen können.
30 Apr 2014
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