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# taz.de -- Islamistische Rebellen: Afrikas neueste Gotteskriegsfront
> In Kamerun treffen muslimische Untergrundkämpfer aus Nigeria auf
> muslimische Rebellen aus Zentralafrika. Sie erweitern ihren Krieg über
> die Grenzen.
Bild: Am Ort des jüngsten Boko-Haram-Anschlags in Nigerias Hauptstadt Abuja, 2…
BERLIN taz | Der Überfall kam tief in der Nacht. Zwanzig Minuten lang, so
kamerunische Medien, hagelte es in der Nacht zu Montag Maschinengewehrfeuer
auf den Gendarmerieposten der Stadt Kousseri im Norden Kameruns. Zwei
kamerunische Gendarmen starben; schließlich machten sich die dreißig
Angreifer mit einem aus der Haft befreiten Gefangenen und seinen
Zellengenossen davon.
Den Angriff schreiben alle Beobachter der islamistischen Rebellengruppe
Boko Haram aus Nigeria zu. Er illustriert, dass der Krieg der
nigerianischen Islamisten längst die Grenze überschritten hat. Die
Verstecke der Untergrundkämpfer in dichten Waldgebieten an der
nigerianisch-kamerunischen Grenze sind aber offenbar gegenüber Angriffen
von außen bis jetzt sicher. Mehrfach sind in den vergangenen Jahren
westliche Geiseln der Islamisten in dieser Grenzregion festgehalten worden.
Dort sollen sich jetzt auch die rund 230 Mitte April verschleppten
nigerianischen Schulmädchen befinden.
Kousseri liegt am Grenzfluss Chari direkt gegenüber Tschads Hauptstadt
N’Djamena. Tschad ist der führende afrikanische Alliierte Frankreichs beim
Krieg gegen bewaffnete Islamisten in Mali, die als mit Boko Haram verbündet
gelten. Ein islamistischer Angriff auf Kousseri ist auch eine Warnung an
Tschads Regierung. Seit Montag ist die Grenze geschlossen, das Militär in
Alarmbereitschaft.
Aus kamerunischer Sicht zeigt der Angriff aber auch, dass die Konflikte in
den beiden Nachbarstaaten Nigeria und Zentralafrikanische Republik im
Begriff sind, beide gleichzeitig auf Kamerun überzugreifen. Mit
möglicherweise fatalen Folgen: Nach der brutalen Vertreibung fast aller
Muslime aus der Zentralafrikanischen Republik Richtung Tschad könnten
versprengte Kämpfer der muslimischen Seleka-Rebellen Zentralafrikas bei den
Nigerianern Boko Haram neue Freunde finden.
## Französische Luftangriffe
Frankreich ist die führende militärische Interventionsmacht nicht nur gegen
Islamisten in Mali, sondern auch gegen Seleka in der Zentralafrikanischen
Republik. Ohne das französische Eingreifen wären Zentralafrikas
antimuslimische Anti-Balaka-Milizen nie so stark geworden, dass sie
Hunderttausende Muslime hätten verjagen können. Militärischen Nachschub
bekommen die Anti-Balaka-Milizen vor allem aus Kamerun, zugleich
Führungsnation der afrikanischen Zentralafrika-Eingreiftruppe Misca.
Kein Wunder, dass jetzt Seleka-Kämpfer sowohl gegen Frankreich als auch
gegen Kamerun zuschlagen. Mindestens 75 Menschen sind nach Misca-Angaben
seit dem vorletzten Wochenende im Nordwesten der Zentralafrikanischen
Republik durch Seleka-Angriffe ums Leben gekommen; es seien Dutzende Dörfer
angezündet worden, hieß es. Nachdem auch ein französischer Militärposten
angegriffen wurde, flog Frankreichs Luftwaffe am Montag von Basen im Tschad
aus Luftangriffe auf Seleka-Stellungen im Nordwesten der
Zentralafrikanischen Republik.
Schon am 3. Mai überschritt eine Gruppe von Bewaffneten die
zentralafrikanische Grenze nach Kamerun und griff den Ort Garoua-Boulai an.
Die nach kamerunischen Berichten Arabisch sprechenden Angreifer nahmen im
nahen Dorf Yokoshire 18 Geiseln und forderten die Freilassung des in
Kamerun inhaftierten zentralafrikanischen Rebellenführers Abdoulaye
Miskine, Chef einer Seleka-Fraktion.
Nun mehren sich in Kamerun Appelle zur nationalen Einheit und zur
Wachsamkeit. Derweil gehen die Kämpfe in Zentralafrika und in Nigeria
unvermindert weiter. Am Montag überfiel Boko Haram im Nordosten Nigerias
die grenznahe Kleinstadt Gamboru Ngara – „an Bord von Panzerfahrzeugen“,
wie ein Augenzeuge gegenüber Journalisten berichtete. „Es ist niemand mehr
in der Stadt außer den Leuten von Boko Haram. Die gesamte Bevölkerung ist
nach Kamerun geflohen, und wer nicht geflohen ist, ist vermutlich tot.“
6 May 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Nigeria
Islamismus
Kamerun
Zentralafrikanische Republik
Anschlag
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