# taz.de -- Nach dem Volksentscheid Tempelhofer Feld: Eine Frage der Glaubwürd… | |
> Überraschend deutlich wurde der Bebauungsplan für das Tempelhofer Feld | |
> abgelehnt. Das Bürger-Votum ist eine Ohrfeige für den Berliner Senat. | |
Bild: Mal sehen, ob der Regierenden auf dem Feld kräftig Gegenwind bekommt. | |
BERLIN taz | Dass die Klatsche für die rot-schwarze Koalition so herb | |
ausfallen würde, damit hatte kaum einer gerechnet: Mit fast zwei Dritteln | |
der abgegebenen Stimmen haben die Berliner beim Volksentscheid am Sonntag | |
die Baupläne des Senats auf dem Tempelhofer Feld abgelehnt. | |
Das Ergebnis ist auch ein Affront für Klaus Wowereit. Der Regierende | |
Bürgermeister und bundesweit dienstälteste Ministerpräsident kämpft seit | |
zwei Jahren mit sinkenden Umfragewerten und politischen Skandalen, allen | |
voran am geplanten Großflughafen BER. Dieser sollte eigentlich bereits im | |
Juni 2012 eröffnen, wegen Technikproblemen und Planungsmängeln wird nun | |
nicht mehr mit einem Start vor Ende 2016 gerechnet. | |
Keine Frage, dass das Prestigeprojekt der Koalition unmittelbar vor der | |
Stadtgrenze auch deutlich teurer wird: statt rund 2,5 Milliarden Euro wohl | |
deutlich mehr als 5 Milliarden Euro. Auch deshalb konnten sich die Berliner | |
beim Tempelhof-Volksentscheid nicht für die Baupläne ihrer Regierung | |
erwärmen, obwohl Gentrifizierung und steigende Mieten mit die aktuell | |
wichtigsten politischen Themen sind: Das Misstrauen gegenüber Großprojekten | |
ist immens, zugleich ging es für Wowereit und seinen | |
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (beide SPD) um die Glaubwürdigkeit. | |
In der stadtpolitischen Debatte vor dem Entscheid war eine der immer | |
wiederkehrenden Fragen die nach einer Garantie, dass tatsächlich eine feste | |
Zahl von Sozialwohnungen errichtet werden. Doch der Entwurf des Senats, | |
über den in einer zweiten Frage ebenfalls abgestimmt (und der abgelehnt) | |
wurde, sah eben genau das nicht vor. | |
## „Die Bürger haben entschieden“ | |
Klaus Wowereit hat am Montag seine Niederlage eingeräumt. Trotzdem sei es | |
kein Misstrauensvotum gegen seine Politik gewesen. „Die Bürger haben | |
entschieden, dass alles so bleibt, wie es ist. Das werden wir auch so | |
machen.“ Dass Wowereit im Falle einer Niederlage so argumentieren würde, | |
war schon vor Sonntag klar gewesen. Im taz-Interview Mitte Mai hatte er | |
gesagt: „Wenn jede sachliche Frage, die in der Stadt zu entscheiden ist, | |
derart platt personalisiert wird, ist das falsch.“ | |
Die Grünen, in Berlin neben Piraten und Linkspartei in der Opposition, | |
fordern indirekt den Rückzug des Regierenden Bürgermeisters: „Berlin will | |
einen Neuanfang in der Stadtentwicklungspolitik. So ein Neuanfang ist mit | |
dem BER-Verantwortlichen Wowereit kaum denkbar“, sagte Antje Kapek, eine | |
der beiden Fraktionschefinnen im Abgeordnetenhaus. | |
Wenig überraschend sieht Wowereit keinerlei Anlass zu persönlichen | |
Konsequenzen. Ohnehin steht bis zu den nächsten Abgeordnetenhauswahlen im | |
Herbst 2016 nichts mehr auf der Agenda, was ihm gefährlich werden könnte. | |
Und auch ein Nachfolger ist nicht in Sicht. | |
Einzig das Volk könnte ihm noch mal zu nahe treten: Derzeit sammelt eine | |
Initiative Unterschriften für vorgezogene Neuwahlen. Die Hürden dafür sind | |
zwar deutlich höher als für einen normalen Volksentscheid. Doch einige | |
Mitglieder der Initiative haben auch den Tempelhof-Entscheid auf den Weg | |
gebracht. Dass dieser erfolgreich sein würde, hatte ihnen lange auch keiner | |
zugetraut. | |
26 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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