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# taz.de -- Zum 30. Todestag von Michel Foucault: Unterwegs zum Schweigen
> Der Philosoph Michel Foucault hat ein Werk hinterlassen, das alle
> Gewissheiten zersetzt hat. Eine Reise zum Ort seiner Herkunft.
Bild: Michel Foucault: Psychologe, Philosoph, Historiker.
POITIERS/VENDEUVRE/PARIS taz | Die Vorstellung, dass eine einzige Familie
das große Haus bewohnt haben soll, findet er unanständig. Der Elektriker
ist allein auf der Baustelle 10, rue Arthur Ranc. Als er hört, dass hier
1926 einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts geboren wurde
und aufgewachsen ist, öffnet er die Hintertür des Hauses.
Er erklärt beinahe stolz die Räumlichkeiten und Umbauarbeiten. Am
Hauseingang zur Straße hängt eine Gedenktafel: „Maison Natale de Michel
Foucault (1926–1984), Historien et Philosophe, Professeur au College de
France“. Er habe sie bemerkt, aber nicht weiter beachtet. Sieben Apartments
entstehen im Haus, die Familie Foucault hat hier auf 417 Quadratmetern mit
ihren drei Kindern und Hausangestellten gelebt.
Interessanter findet er eine Geschichte, deretwegen die
80.000-Einwohner-Stadt Poitiers, die auf halbem Weg zwischen Paris und
Bordeaux liegt, Berühmtheit erlangt hat. Es ist die Geschichte von Blanche
Monnier, der „Gefangenen von Poitiers“, die 25 Jahre in einem dunklen
Zimmer gegenüber der Post eingesperrt war. Als die Polizei sie im Jahre
1901 entdeckte, lag sie in ihren Exkrementen und wog noch 25 Kilogramm.
„Dort, am Ende der Straße ist es passiert. Die Mutter und der Bruder haben
es getan“, sagt der Elektriker. André Gide hat später ein Buch über das
Drama geschrieben – „La Séquestrée de Poitiers“. Der Weg des jungen
Foucault zum Lycée Henri IV und zum Jesuiten-College Saint-Stanislas führte
viele Jahre später an dem Haus der Gefangenen vorbei.
## Exekutionsplan für Jean Genet
Zurück zur Baustelle. Auf einer Heizung neben der Tür zum Hof liegt eine
rote Mappe mit den Umbauplänen für das Haus. In großen Lettern steht darauf
„Plans d’Execution“. Darunter, handschriftlich, versal: „Genet“. Ein
Exekutionsplan für Jean Genet. Das hätte Foucault vielleicht zum Lachen
gebracht. Oder Jean-Paul Sartre. Ihn bestimmt – er und Genet waren nicht im
Guten auseinandergegangen.
Eine Zeit lang in den 70er Jahren waren Foucault, Sartre und Genet in der
G.I.P. vereint, der „Groupe d’information sur les prisons“, die auf die
miserablen Bedingungen in den französischen Gefängnissen aufmerksam machen
wollte.
Seit 1971 kam es in Frankreich zu heftigen Gefängnisrevolten. Im Dezember
1972, nach einer Demonstration gegen den französischen Polizeirassismus,
verbrachten Foucault und Genet ein paar Stunden im selben Gefängnis. Ein
algerischer Arbeiter war ein paar Tage zuvor auf einer Polizeiwache getötet
worden.
Foucault gehörte nach einem kurzen Zwischenspiel in der Kommunistischen
Partei Anfang der 50er Jahre keiner politischen Gruppierung an – wenngleich
er viele Aktionen Seite an Seite mit den Maoisten bestritt, denen sein
Lebenspartner Daniel Defert nahestand. Was Sartre von Genet und letztlich
auch Foucault von Genet und von den maoistischen Gruppierungen trennte, war
der Standpunkt im Israel-Palästina-Konflikt. Foucault und stärker noch
Sartre haben immer für Israel Partei ergriffen. Genet stand geradezu
fanatisch auf der anderen Seite.
Drei Jahre, von 1950 bis 1953, war Foucault Mitglied der Kommunistischen
Partei – wie die meisten Studenten der renommierten École normale
supérieure in der Pariser rue d’Ulm, wo 1946 Foucaults akademisches Leben
begann. Die KPF war während der Résistance zu einer Massenpartei
angewachsen, und Foucaults berühmte Lehrer an der École – der Marxist Louis
Althusser und der Phänomenologe Maurice Merleau-Ponty – waren wie
eigentlich alle Pariser Linksintellektuellen in diesen Jahren Mitglied in
der KPF.
## Das Haus der Bourgeoisie
Foucault entstammte einer katholischen Familie. Die Eltern, sehr
wohlhabend, der Vater ein Chirurg, lehnten die Vichy-Regierung ab, waren
jedoch nicht in der Résistance aktiv. Als die Deutschen 1944 Poitiers
besetzten, floh die Familie auf ihren Landsitz nach Vendeuvre, eine halbe
Autostunde von Poitiers entfernt.
Die Ferien verbrachte die Familie Foucault immer in Vendeuvre, eine
Tradition, die Michel Foucault später beibehielt. Wann immer es möglich
war, war er den August über dort und nutzte die Zeit, um seine
Buchmanuskripte zu bearbeiten. In Vendeuvre liegt er auch begraben.
Vendeuvre-du-Poitou, ein Dorf ohne Zugverbindung. Zweimal täglich fährt ein
Bus von Poitiers nach Vendeuvre. Frühmorgens und nachmittags, um die Kinder
zur Schule und wieder nach Hause zu bringen. Die schmucklose Kirche aus dem
12. Jahrhundert ist das Zentrum.
Sie wird einmal im Monat geöffnet. Es gibt einen Blumenladen, ein
Restaurant, eine Bäckerei und ein kleines Tourismusbüro. Industrie gab es
hier nie. Die Bauern sind fast alle zu Dienstleistern im zehn Kilometer
entfernten Zukunftserlebnispark Futuroscope geworden, zu Hotel-und
Restaurantangestellten. Einige Belgier und Holländer kommen, auch
Engländer, sie haben das Geld, sagt man im Dorf.
Monsieur Collin besitzt das kleine Ferienhaus am Kirchplatz. Nur selten
steigen Touristen in dem kleinen Ort ab. Er arbeitet auf einer
Melonenplantage, seine Haut ist sonnengegerbt. Vorauseilend sagt er, seine
Herkunft sei südlich, aber aus dem südlichen Frankreich, nicht aus den
Kolonien, während er sich wundert, weshalb man sich ausgerechnet für
Monsieur Foucault interessiert. Im Internet sei er auf so viele andere
Philosophen gestoßen.
## La maison bourgeoise
Das Haus der Familie Foucault liegt an der Ecke route de Poitiers und rue
Michel Foucault. Alle nennen es „la maison bourgeoise“. Ein großes Landhaus
mit einem riesigen Anwesen, das vom Reichtum mehrerer Generationen erzählt.
Die Großeltern Foucaults haben es 1875 gebaut. Foucaults Bruder, Denys, ein
Arzt in der Nähe von Paris, hat „Le Piroir“, wie auf der Inschrift an der
Mauer des Hauses steht, nach dem Tod der Mutter vor zwei Jahrzehnten an
einen Geschäftsmann verkauft.
Die Dorfbewohner erzählen, das Arbeitszimmer von Michel Foucault sei
unberührt. Ein Gerücht. Monsieur Lafont ist der neue Besitzer. Ihm gehört
ein erfolgreiches Cateringunternehmen. Er sagt, das Innere des Hauses sei
zu beschädigt gewesen, um es auch nur in Teilen im Originalzustand zu
belassen. Er ist stolz, dass jemand das Haus wegen seines berühmten
Vorbesitzers sehen möchte, und bittet seine Putzkraft, das Haus zu zeigen.
Den Keller, den Dachboden, alles. Sie sind sehr freundlich.
Nichts scheint mehr übrig geblieben von der Familie Foucault. Nur ein
kleines Waschbecken, versteckt hinter einer Schrankdoppeltür, die als
Separee diente, hinter Foucaults Arbeitszimmer links im Erdgeschoss. Ein
winziger Raum, in dem er auch geschlafen hat, was angesichts der Größe des
Hauses, das sogar ein eigenes schmales Treppenhaus nur für die Bediensteten
hat, wie ein Protest wirkt.
Es kursieren Gerüchte, Anekdoten und Geschichten. Jeden Morgen soll er
oberkörperfrei auf dem schlossartigen Familienanwesen „Le Piroir“
herumspaziert sein. Ein prächtiger Garten mit einer Allee aus 42 Linden und
zwei monumentalen libanesischen Zedern. In seiner Jugend hatte es hier noch
den Esel der Familie, Cyrano, gegeben.
Im Dorf soll er mit niemanden gesprochen und nur selten „Le Piroir“
verlassen haben. Nur um Briefmarken für seine Korrespondenz und Papier im
kleinen Tabakladen zu kaufen. „Ich habe mich oft gefragt, warum die Leute
die Pflicht, zu sprechen, verspürten. Das Schweigen kann ein dermaßen
interessanter Beziehungsmodus sein“, schrieb er einmal.
Dafür war die Mutter um so bekannter. Sie war Vorsitzende des Clubs
„Freunde von Vendeuvre“, der Bürgermeister ihr angeblich hörig, und mit d…
Arbeitern im Dorf wollte sie lieber nichts zu tun haben. Die
Mutter-Sohn-Beziehung sei schwierig gewesen. Die Familie Foucault
christlich-konservativ, Michel Foucault links und homosexuell. Dennoch war
er das Lieblingskind.
## Blumen zum Begräbnis
Eine, die viel über die Foucaults weiß, möchte nicht viel erzählen. Es ist
die ehemalige Haushälterin der Familie, Madame Dupont. Sie steht am
Gartentor ihres Hauses, fast am Ende der Durchgangsstraße. Viele Jahre kam
niemand mehr her, um sie zu befragen. Nachdem sie die vielen Anfragen
zurückgewiesen hatte, kehrte irgendwann Ruhe ein.
Beengend ist ihr Wohnzimmer, ihr Garten wirkt größer als das kleine Haus,
in das sie einzog, nachdem Madame Foucault gestorben war. An den Wänden,
auf den Schränken – überall Fotos.
Madame Dupont ist aufgeregt. Sie ist klein und zierlich. Sie zittert. 39
Jahre hat sie für die Familie gearbeitet und das Bedienstetenanwesen
gegenüber dem Grundstück der Foucaults bewohnt. In ihrem Wohnzimmer hängt
ein riesengroßes Foto, eine Luftaufnahme von der „maison bourgeoise“.
Darunter hängt ein weiteres Foto, es zeigt sie und ihren verstorbenen Mann,
den Gärtner der Foucaults, zwischen den Linden im Foucault’schen Garten.
Es wirkt wie die Überschrift zu ihrem Leben, von dem sie erzählt, während
Tränen ihre Augen trüben. „Michel Foucault kam jeden Mittag um 11.30 Uhr in
die Küche und fragte mich, ob ich Hilfe bräuchte, und dann sprachen wir ein
wenig miteinander. Er war sehr freundlich. Sehr freundlich.“
Sie sagt es schnell, als wünschte sie, dass ihre Worte verpuffen und in
Vergessenheit geraten würden. Mehr möchte sie aus Respekt zur Familie nicht
sagen. Nur dass Madame Malapert-Foucault eine sehr schlechte Autofahrerin
war. Und die Blumen, ja, die Blumen zu Michel Foucaults Begräbnis, sie
waren alle echt.
## Die Bedeutung des Mai 68
Der Friedhof am Ortsrand ist unterspült vom Regen. Irgendwie der Toten
unwürdig. Das Wasser macht sie nicht schöner. Auf Foucaults Grab liegt eine
hellgraue Platte aus Marmor. „Anne Malapert-Foucault, 1900–1987“ steht
darauf geschrieben, darunter „Pierre Giraudeau, 1800–1848“ und schließli…
„Michel Foucault, Professeur au College de France, 1926–1984“. Niemand
weiß, wer dieser Herr Giraudeau ist, nicht die Haushälterin, nicht der
Foucault-Biograf Didier Eribon.
Bevor Foucault 1970 am College de France, der wissenschaftlichen
Einrichtung mit dem höchsten Prestige in Frankreich, den Lehrstuhl für die
Geschichte der Denksysteme übernahm, lehrte er an der Reformuniversität in
Vincennes. Sie war aus der 68er-Bewegung hervorgegangen und galt den
Konservativen als „rote Festung“.
In vielen Interviews formuliert Foucault die Bedeutung des Mai 68 für seine
Theorie der Macht. Zum ersten Mal waren die Bildungsinstitutionen selbst
zum Thema der politischen Kämpfe geworden und die Frage nach dem
Zusammenhang von Wissen und Macht gestellt worden. In seinem Buch
„Überwachen und Strafen“ heißt es dann 1975, dass „es keine Machtbezieh…
gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein
Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und
konstituiert“.
Das Scheitern der Revolte bestätigte ihn in der Analyse, dass Macht nicht
in einem Zentrum, etwa im Staatsapparat, lokalisierbar ist. Die
Mikrobereiche der Macht und damit die Mikropolitiken begannen für ihn eine
wichtige Rolle zu spielen. Neue politische Akteure erschienen auf der
Bildfläche. Ihm selbst war ein politisches Thema so wichtig wie das andere,
eine Hierarchie zwischen den Kämpfen herzustellen, schien ihm absurd.
## Sich neu erfinden
Madame Sillard blättert aufgeregt in ihren Unterlagen. „Das nervt mich“,
stößt sie immer wieder aus, sie sucht dieses eine Foto von Foucault auf
einem Esel. Dem Esel der „maison bourgeoise“. Cyrano. Sie ist Pensionistin,
ihr größtes Projekt als Angestellte des kleinen Tourismusbüro war eine
Ausstellung zu Foucaults 20. Todestag.
Denys Foucault kam damals mit einer Kiste hereinspaziert, alles Dinge
seines Bruders aus dem Haus, und überließ sie ihr. Vielleicht nur die
Hälfte der Einwohner kennen Michel Foucaults Namen, sagt sie. Obwohl eine
Straße nach ihm benannt ist. Viele seien aber auch neu hier. Aber es gibt
da in ihren Augen auch einen markanten Unterschied zwischen Foucault und
etwa Karl Marx. „Foucault ist eben diabolischer“, sagt sie und die Stirn
über den getönten Gläsern ihrer Brille legt sich in Falten.
Wegen seiner Homosexualität? Oder wegen seiner HIV-Infektion? Ist es die
Verknüpfung Sex und Tod? Aids ist immer noch ein Tabuthema, Foucault war
einer der Ersten, der 1984 mit 57 Jahren daran starb.
Den schönen Ruf, diabolisch zu sein, verdankt er vor allem seinem Schaffen.
Grenzüberschreitend und zersetzend – das sind die häufigsten Attribute für
sein Denken. Die Existenzphilosophie, die Phänomenologie, der französische
Hegelianismus, die Psychoanalyse – für diese großen Theorieströmungen, für
die in Frankreich so einflussreiche Namen wie Sartre, Merlau-Ponty,
Hyppolite und unzählige andere stehen, war er wie ätzende Säure. Mit allen
gleichzeitig hatte er den Kampf aufgenommen, weil er der Erzählung vom
souverän handelnden Subjekt endgültig den Boden entzog.
## Neue Sexualitätsformen, fern eines Penetrationszwangs
1976 erscheint in Frankreich Foucaults erster Band zur Geschichte der
Sexualität, „La volonté de savoir“, auf Deutsch „Der Wille zum Wissen�…
einer umwälzenden These: Der Körper, das Objekt, wird nicht nur von außen
kontrolliert.
Es greifen auch Kontrollmechanismen von innen, durch das Wissen, welches
das Individuums über sich selbst hat. Das Individuum internalisiert Normen,
die von der Sexualwissenschaft festgelegt werden, und überwacht diese
selbst, in der Bemühung, diesen Normen zu entsprechen. Zwar leben wir seit
dem 19. Jahrhundert in einer Gesellschaft, die nicht mehr den Körper direkt
unterdrückt, aber uns zwingt, ständig über Sexualität zu reden.
Ein ganzes Wissensgebiet über den Sex, Foucault schreibt
„Sexualitätsdispositiv“, sei entstanden, um Unterscheidungen zu treffen –
um das Normale vom Perversen zu trennen: „Der Sodomit war ein
Gestrauchelter, der Homosexuelle eine Spezies.“
Politisch vergrault von Frankreich, zieht es ihn nach Amerika. Er hält
Vorträge an den Elite-Universitäten in Stanford und Berkley. Nach seinen
Vorlesungen ist er im Castro von San Francisco unterwegs. Er wird
Beobachter und Teilnehmer der Gay-SM-Kultur. Neue Sexualitätsformen, fern
eines Penetrationszwangs, der den Phallus als Zentrum der sexuellen Macht
konstituiert, interessieren ihn, faszinieren ihn. Es sind jedoch vor allem
die neuen Formen der Beziehungen, die ihn interessieren.
Kurz vor seinem Tod, acht Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes,
veröffentlicht er zwei weitere Bände seines ursprünglich auf sechs Bände
angelegten Werks „Sexualität und Wahrheit“: „Der Gebrauch der Lüste“ …
„Die Sorge um sich“. Über den Umweg in die Antike zeigt Foucault, wie sich
der Mensch in der Sorge um sich als Subjekt konstruiert.
Seine Arbeit an der Geschichte der Verfahren, durch die in unserer Kultur
Menschen zu Subjekten gemacht werden, zielt nun nicht mehr auf die
Strukturen, sondern Foucault konzentriert sich auf die Praktiken des
Selbst. Auf die Frage, wie man aus seinem Leben ein Kunstwerk machen, sich
selbst neu erfinden kann, und damit auf die Frage, wie Widerstand möglich
ist. Die Erfahrungen in San Francisco waren für diese Arbeit von
unschätzbarem Wert. Der vierte Band „Die Geständnisse des Fleisches“ blieb
unveröffentlicht, weil Foucault keine posthumen Veröffentlichungen erlaubt
hat.
Das Subjekt von sich selbst loszureißen, damit es nicht mehr es selbst ein
muss, das war es, was ihn bei der Lektüre von Friedrich Nietzsche, Georges
Bataille und Maurice Blanchot so fasziniert hatte und worauf sein ganzes
Denken gründete. Ihn, der so viele Masken trug, der alles daransetzte, nie
derselbe zu sein, und so weit ging, zu sagen: „Man frage mich nicht, wer
ich bin, und man sage mir nicht, ich solle der Gleiche bleiben: das ist
eine Moral des Personenstandes.“
## Hinterlassenschaft
285, rue de Vaugirard in Paris. Rive Gauche. 15. Arrondissement. Foucaults
Wohnung in Paris. In den 70ern, als er hier einzog, war es ein Neubau.
Foucault hat Defert die Wohnung vererbt, seine Familie respektierte den
Wunsch. In der Wohnung lagern bis heute 37.000 Manuskriptseiten, unter
anderem auch das Manuskript von „Die Geständnisse des Fleisches“. Defert
hat sie vor wenigen Wochen an die Bibliothèque nationale de France
verkauft, wo sie der Wissenschaft zugänglich gemacht werden.
Alles Persönliche wie Briefe sind nicht Teil dieser Hinterlassenschaft an
die BnF. Aber, wie sagte Foucault in einem Interview mit Ducio Trombadori:
„Es gibt kein Buch, das ich nicht, wenigstens zum Teil, aus einer
unmittelbaren persönlichen Erfahrung heraus geschrieben hätte.“
Der Concierge der 285, rue de Vaugirard sortiert gerade die Post in die
vielen Postfächer. Jedem Postfach ist ein schmales, handschriftliches
Papier zugeordnet. Auf einem blassgrünen Papier steht geschrieben:
Defert-Foucault.
25 Jun 2014
## AUTOREN
Tania Martini
Enrico Ippolito
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