# taz.de -- Hamburgs Hafen ist Atomzwischenlager: „Yellow Cake“ an der Wate… | |
> Ein Container-Kontingent mit Uranerzkonzentrat sorgt in Hamburgs Hafen | |
> für Wirbel. Bei den Atomtransporten ist die Sicherheit oft nicht | |
> gewährleistet. | |
Bild: Anti-Atom-AktivistInnen protestieren vor einem der wiederaufgetauchten �… | |
HAMBURG taz | Im Hamburger Hafen sorgen zurzeit 36 Container mit | |
Uranerzkonzentrat für Wirbel und neue Diskussionen um die Sicherheit von | |
streng geheimen Atomtransporten. Die Behälter konnten bislang wegen | |
Logistikproblemen nicht zum Weitertransport auf die Schiene Richtung | |
Frankreich geschickt werden. | |
Die Container stammen zum Großteil von dem russischen Frachter „Sheksna“, | |
der am Mittwoch mit Uranerzkonzentrat, auch „Yellow Cake“ genannt, aus | |
Kasachstan am Südwest-Terminal im Hamburger Hafen festmachte. Nach Angaben | |
der Anti-Atom-Initiative [1][umweltfairaendern.de] befanden sich an Bord | |
der „Sheksna“ 18 Container mit Radioaktivzeichen und der Nummer UN 2912 für | |
Uranerzkonzentrat. Auf Anfrage der Linken hatte der Hamburger Senat | |
kürzlich eingeräumt, dass die „Sheksna“ regelmäßig Atomfracht in die | |
Hansestadt bringt und dabei häufig Sicherheitsmängel festgestellt wurden. | |
Von 2012 bis 2014 wurde fast die Hälfte (elf von 24) der kontrollierten | |
Transporte auf dem Schiff beanstandet. | |
Die „Sheksna“ war verspätet in Hamburg eingetroffen, weil es wegen eines | |
Anti-Atom-Camps am Nord-Ostsee-Kanal bei Kiel den direkten Weg aus der | |
Ostsee in die Elbe gemieden und über das Skagerrak Hamburg angesteuert | |
hatte. Für weitere Verzögerung sorgte ein Bombenfund im Hafen, der an Land | |
einen Logistikstau auslöste, sodass die „Sheksna“ vor Helgoland in der | |
Nordsee und in der Elbmündung mehrmals ankern musste. | |
## Container tauchen plötzlich wieder auf | |
Eine zweite Ladung Uranerzkonzentrat von 14 Container lieferte am Freitag | |
morgen der südafrikanische Frachter „Green Mountain“ der Reederei MASC am | |
Südwest-Terminal an. Die „Green Mountain“ und andere MASC-Schiffe fahren | |
regelmäßig zwischen Hamburg und Südafrika und machen oft in der | |
„Walfishbay“ Zwischenstation, um Uranerzkonzentrat aus Namibia nach Hamburg | |
zu bringen. | |
Bei der Beobachtung der Entladung der „Green Mountain“ durch die Firma C. | |
Steinweg bemerkten Anti-Atom-Aktivisten, dass plötzlich vier längst | |
verfrachtet geglaubte Container mit Uranerzkonzentrat wieder auftauchten. | |
Sie waren vor vier Wochen beim letzten Atomtransport von der „Sheksna“ vor | |
der Wasserschutz-Polizei wegen Sicherheitsmängel moniert und der | |
Weitertransport untersagt worden. | |
Die Sicherheitssiegel für die Zulassung von Gefahrguttransporten | |
(CSC-Plakette) der Boxen waren abgelaufen. Das Amt für Arbeitsschutz | |
untersuchte tags darauf die Behälter auf Beulen und Risse, erteilte danach | |
aber die Genehmigung zum „einmaligen Weitertransport“, wenn die Behälter | |
danach einem Sicherheits-Check unterzogen würden. Auf Nachfrage der | |
Linkspartei führte der SPD-Senat danach aus. „Sie wurden mit der Bahn zu | |
dem nächstmöglichen Termin abtransportiert.“ | |
Da das offenkundig eine „Lüge“ war, inspizierten Anti-Atom-Aktivisten in | |
Strahlenschutzanzügen das Steinweg-Firmengelände und fanden heraus, dass es | |
sich tatsächlich um die beanstandeten Container handelte, die nunmehr seit | |
fast einem Monat im Hafen zwischengelagert werden. | |
## Senat räumt Falschmeldung ein | |
Der Senat räumt nun die Falschmeldung ein. „Es trifft zu, dass wir leider | |
in der Senatsantwort unzutreffend angegeben haben, die Container würden | |
sich nicht mehr in Hamburg befinden“, heißt es. Da die Container durch die | |
für Containersicherheit zuständige Behörde für Gesundheit und | |
Verbraucherschutz für den Weitertransport freigegeben worden waren, sei man | |
auf Behördenseite davon ausgegangen, „dass die Container im Zeitpunkt der | |
Beantwortung der Anfrage tatsächlich auf dem Weg waren“, heißt es in der | |
Stellungnahme von Innensenator Michael Neumann (SPD). | |
Das sei aber nicht der Fall gewesen: „Im Hafen habe der zuständige | |
Mitarbeiter kurzfristig umdisponiert und die Container dabehalten. Eine | |
Gefährdung sei damit nicht verbunden gewesen. Der Zwischenaufenthalt der | |
Container sei genehmigt worden“, beteuert nun Senator Neumann. | |
Durch die Aktionen und Beobachtungen der Atomkraftgegner sind in den | |
letzten Monaten zahlreiche Verstöße gegen Vorschriften bis hin zu | |
Beförderungsverboten sowie Sicherheitsmängel bei den gefährlichen | |
Atomtransporten öffentlich bekannt geworden, die sonst meist im Geheimen | |
stattfinden und unbekannt bleiben. Für viele Menschen ist das alarmierend. | |
Denn am 1. Mai vorigen Jahres ist Hamburg nur knapp an einer Katastrophe | |
vorbei geschrammt, als auf dem Atomschiff „Atlantic Cartier“ ein Großfeuer | |
ausbrach und es einem Großaufgebot der Feuerwehr erst nach fünf Stunden | |
gelang, Container mit neun Tonnen atomaren hochgefährlichen | |
Uranhexafluorid, unbestrahlten Brennelementen, Munition und 160 Tonnen | |
explosiven Ethanol nahe dem Brandherd von Bord zu holen. | |
Trotzdem scheiterte die Initiative von Linkspartei und Grünen im Mai in der | |
Hamburger Bürgerschaft, nach dem Vorbild der Bremer Häfen eine | |
„Teilentwidmung“ zu beschließen und den Hamburger Hafen für Atomtransporte | |
zu sperren. „Der Hafen bleibt also eine gefährliche Drehscheibe für den | |
Handel der internationalen Atomindustrie“, konstatierte | |
Linksfraktions-Chefin Doro Heyenn entsetzt. | |
16 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://umweltfairaendern.de/ | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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