| # taz.de -- Fahrservice-App „Uber“: Taxi mit beschränkter Haftung | |
| > Die App „Uber“ bringt gegen Gebühr Fahrgäste mit Fahrern zusammen. Die | |
| > Behörden sind skeptisch, die alteingesessene Konkurrenz protestiert. | |
| Bild: Das Start-up aus San Francisco hält sich für „revolutionär“, für … | |
| Die Bronzemedaille, die Ismails Sohn beim Marathon gewonnen hat, baumelt | |
| unter dem Rückspiegel des Mercedes, der zügig durch den Berliner Stadtteil | |
| Neukölln fährt. Ismail ist groß, trägt ein blaues Hemd und einen säuberlich | |
| gestutzten Bart. „Lange habe ich nicht überlegen müssen“, erklärt er und | |
| dreht die Techno-Musik leiser. „Die Sache war einfach.“ Er müsse nur sein | |
| Auto sauber halten, zuverlässig sein und sich bei der App der Firma Uber | |
| anmelden. „Viel Geld gibt es nicht“, sagt der Mittdreißiger, „aber ich k… | |
| mir meine Arbeitszeiten frei einteilen.“ | |
| Neben Ismail gibt es noch viele weitere Fahrer, die mit ihren Privatautos | |
| Menschen für die US-Firma in München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin von A | |
| nach B fahren. Wenn nicht für Uber und seinen Onlinedienst „uberPOP“, dann | |
| für den deutschen Konkurrenten „WunderCar“. 80 Prozent des Fahrpreises | |
| gehört den Fahrern, 20 Prozent Vermittlungskommission geht an die Firma. | |
| Einzige Vorgaben: Man darf weder Punkte in Flensburg haben noch einen | |
| Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis. Außerdem müssen die Autos vier | |
| Türen haben und dürfen nicht älter als Baujahr 2006 sein. | |
| Das Start-up aus San Francisco hält sich für „revolutionär“ – für ein… | |
| Form urbaner Mobilität. Oder mindestens für eine neue Form der in die Jahre | |
| gekommenen Mitfahrzentrale. „Der Service verbindet Fahrgäste mit Fahrern | |
| und macht eine bessere Nutzung der Autos auf den Straßen möglich“, sagt | |
| Uber-Manager Pierre-Dimitri Gore-Coty. Genau dass die Arbeit so „einfach“ | |
| anzutreten ist, wie Fahrer Ismail sagt, macht sie für Ordnungsämter und | |
| Taxifahrer bundesweit zum Ärgernis. Die Behörden bemängeln, dass den | |
| Uber-Fahrern die nötige Genehmigung fehlt, um Personen gegen Geld zu | |
| befördern. Sobald Privatleute kommerziell Fahrten anbieten, brauchen sie | |
| nämlich einen Personenbeförderungsschein inklusive Nachweis ihrer | |
| Stadtkenntnisse und regelmäßigem Gesundheits-Check. | |
| Erst in der vergangenen Woche verbot die Berliner Senatsverwaltung den | |
| Taxiservice: Zu wenig Sicherheit für die Fahrgäste, die Fahrer seien nicht | |
| überprüft, die Wagen nicht konzessiniert. Uber legte umgehend Widerspruch | |
| ein, daher können die Fahrer bis zum Gerichtsurteil erst mal weitermachen. | |
| Auch in Hamburg wurde bereits verboten, auch dort geht der Betrieb weiter. | |
| Andere Großstädte klären derzeit noch die Sachlage. Das ist auch nötig, | |
| denn inzwischen hat der Konzern angekündigt, auch nach Düsseldorf, | |
| Stuttgart und Köln zu expandieren. | |
| ## Bundesweit drohen Verbote | |
| Bei Uber können Kunden per App auf ihrem Smartphone eine Fahrt buchen. | |
| Fahrer, die gerade frei sind und sich angemeldet haben, können den Auftrag | |
| auf ihrem Handy annehmen. Eine Software mit integriertem GPS-System macht | |
| den Rest: Sie führt beide zueinander, rechnet Fahrtkosten und -zeit aus und | |
| lotst den Fahrer mitsamt Gast zum Ziel. Dabei sieht sich Uber lediglich als | |
| Tourenvermittler. Man habe „den Autotransportmarkt für mehr Anbieter | |
| geöffnet“, so Gore-Coty. | |
| Während die Beamten bundesweit mit Verboten drohen, ist die Konkurrenz | |
| längst auf den Barrikaden. Taxifahrer zogen bereits zu Tausenden durch die | |
| Straßen mehrerer Metropolen Europas, um die Expansion von Uber und anderen | |
| Transportvermittlern zu verhindern. Für sie ist klar: Solche privaten | |
| Mitfahrdienste könnten ihr Gewerbe in den Ruin treiben. Es geht um ein | |
| Milliardengeschäft. 200.000 Taxifahrer gibt es allein in Deutschland, | |
| 33.000 Taxiunternehmen. Derzeit verhandeln sie sogar über einen | |
| Tarifvertrag. Bis 2017 soll es den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde | |
| geben. | |
| Das wäre mit unregulierten Billigangeboten wie Uber völlig unmöglich – denn | |
| die sind immerhin rund 20 Prozent günstiger als die althergebrachten | |
| Fahrdienste. Auch das erklärt die Wut der Taxifahrer. Es sei „ein | |
| Wettbewerb, der sich absolut unfairer Mittel bedient“, sagt Clemens Grün. | |
| Er ist zweiter Vorsitzender des Hamburger Taxenverbands HTV. Für Grün | |
| handelt es sich bei Uber im Grunde um „eine Flotte von Schwarzarbeitern und | |
| Steuerhinterziehern“ – ansonsten, sagt er, wären die niedrigen Preise | |
| schlicht nicht möglich. | |
| Für Clemens Grün ist klar: Anmelden kann man sein Gewerbe als Fahrer nur, | |
| wenn man die Auflagen der Behörden erfüllt. Sprich: etwa einen | |
| Personenbeförderungsschein aufweist. Deshalb, so der Taxilobbyist, „kann es | |
| sich nur um komplette Schwarzarbeit handeln“. Auch spare sich das | |
| Unternehmen die Kosten, die mit Taxikonzessionen verbunden sind, und setze | |
| sich einfach über die Tarifordnungen hinweg. | |
| Grün sagt nichts gegen die Uber-Fahrer – sie seien „ja nur ein paar arme | |
| Habenichtse“ und würden von dem Unternehmen in „moderne Formen des | |
| Sklaventums getrieben“. Die Verträge, die Uber seinen Mitarbeitern | |
| anbietet, gäben ihnen schließlich nicht einmal das Recht, bei | |
| Streitigkeiten vor deutsche Gerichte zu ziehen, so der | |
| Taxiverbandsfunktionär. Damit scheint er nicht ganz falsch zu liegen. | |
| ## Problem Versicherungsschutz | |
| „Der Vertrag untersteht niederländischen Recht, die Verfahren werden in | |
| englischer Sprache geführt und finden in Amsterdam statt“, sagt die | |
| Arbeitsrechtlerin Lara Sherman. Sie hat den zehnseitigen | |
| Uber-Arbeitsvertrag für den Hessischen Rundfunk geprüft. Bei Konflikten | |
| müssten danach die Fahrer in den Niederlanden „ein Mediationsverfahren und | |
| anschließend gegebenenfalls ein endgültig entscheidendes Schiedsverfahren | |
| nach Regeln der internationalen Handelskammer einleiten“. Das mache es | |
| „sehr schwer, ihre Rechte überhaupt durchsetzen zu können“, so Sherman zum | |
| Hessischen Rundfunk. Uber weigerte sich, der taz Einblick in den Vertrag zu | |
| geben. | |
| Noch ein bedenklicher Punkt: der Versicherungsschutz. Auch hier schlagen | |
| Juristen Alarm. Melden die Privatchauffeure nämlich bei ihren | |
| Autoversicherungen nicht, dass sie ihr Fahrzeug gewerblich nutzen, um | |
| Beiträge zu sparen, kann es „zur Vertragskündigung“ kommen, sagt Claudia | |
| Hermann von der Allianz. Bei einem Unfall zahlt die | |
| Kfz-Haftpflichtversicherung zwar den Schaden des Mitfahrers, die | |
| Autoversicherung könne aber „bis zu 5.000 Euro von dem Versicherten | |
| fordern“. Letztlich gäbe es jedoch „weder eine Rechtsprechung noch | |
| Erfahrungswerte“. | |
| Genauso unklar bleibt die Haltung von Uber in solchen Fällen. Zwar erklärt | |
| das Management per E-Mail, dass „bei uberPOP zusätzlich zur privaten | |
| Versicherung des Autobesitzers eine Versicherung“ greife, „die seitens Uber | |
| abgeschlossen wird und die bei eventuellen Schäden Dritter – also auch der | |
| Mitfahrer – gültig ist“. Im Schadensfall greife zusätzlich zur Versicheru… | |
| des Fahrers eine eigene Zusatzversicherung mit einer Deckung von bis zu 3,7 | |
| Millionen Euro pro Fall. | |
| Doch auf die Frage, ob sich die Firma das Recht im Vertrag zusichert, sich | |
| gegebenenfalls die Entschädigungskosten wieder von ihren Fahrern | |
| zurückzuholen, wie Sherman argumentiert, weicht das Unternehmen aus und | |
| gibt lediglich an: „Wir stehen unseren Fahrern unterstützend zur Seite, | |
| sollten Probleme entstehen.“ | |
| 19 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Laura Flierl | |
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