# taz.de -- IS-Terror im Irak und Asylrecht: Jesiden müssen Schutz einklagen | |
> Deutschland will zwar den Kurden im Irak Waffen liefern. Doch jesidischen | |
> Flüchtlingen wird die Asylanerkennung schwergemacht. | |
Bild: Demonstration Anfang August in Hannover. | |
BERLIN taz | In den ersten Juni-Tagen eroberten Dschihadisten weite Teile | |
des Irak. Das Bundesamt für Flucht und Migration (BAMF) sah damals dennoch | |
„keine Bedrohung“ für irakische Jesiden. Es lehnte den Asylantrag eines | |
18-Jährigen aus der nordirakischen Provinz Ninive ab, dessen Vater von | |
Sunniten erschlagen wurde. Während die Welt über Militärhilfe für die | |
bedrohten Jesiden diskutierte, musste der junge Mann beim | |
Verwaltungsgericht Hannover einklagen, als Flüchtling anerkannt zu werden. | |
Am vergangen Montag bekam er Recht. Es gebe „keine Zweifel“, dass der | |
jesidischen Glaubensgemeinschaft durch den Islamischen Staat „an den | |
Glauben anknüpfende Gruppenverfolgung droht, gegen die weder von Seiten des | |
Irakischen Staates noch seitens anderer Stellen Schutz zu erwarten ist“. | |
Der Mann müsse Asyl bekommen. | |
Allein in Hannover sind weitere 50 solcher Verfahren irakischer Jesiden | |
anhängig, bundesweit dürfte die Zahl im vierstelligen Bereich liegen. 4.356 | |
Iraker haben von Januar bis Juli bislang Asyl beantragt. | |
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums geht das BAMF inzwischen zwar von | |
„Schutzbedarf“ für Jesiden und andere Bevölkerungsgruppen aus dem Irak au… | |
Seit dem 16. Juni würden keine negativen Asylentscheidungen für Iraker mehr | |
getroffen. Ablehnende Entscheidungen seien zunächst zurückgestellt – | |
abgeschoben wird derzeit nicht. Das Bundesamt weigert sich aber, eine | |
Weisung zu erlassen, nach der alle offenen Fälle anerkannt werden. | |
Angesichts der Lage im Irak eine enorme Belastung für die Betroffenen. | |
Der Bremer Rechtsanwalt Jan Sürig vertritt eine vom BAMF abgelehnte | |
jesidische Familie aus Norddeutschland. In fünf Wochen wird über die Klage | |
vor dem Verwaltungsgericht Schwerin verhandelt. Der Antrag auf | |
Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt. | |
„Seit Ende Juni habe ich in mehreren Schreiben versucht, das Bundesamt | |
außergerichtlich dazu zu bewegen, die Kläger als Flüchtlinge anzuerkennen“, | |
sagt Sürig. Der zuständige BAMF-Mitarbeiter bestehe jedoch darauf, zu | |
klären, „dass ihr Heimatort gegenwärtig von der insoweit benannten | |
Gruppierung beherrscht wird“. Der Gerichtstermin sei „komplett | |
überflüssig“, sagt Sürig. Er habe den Sachbearbeiter darauf hingewiesen, | |
„dass man jeden Tag in der Tagesschau sehen kann was mit Jesiden im | |
Nordirak passiert“. Daraufhin habe der „den Hörer aufgelegt“. | |
„Jeder Asylantrag stellt ein individuelles Verfahren dar“, sagt eine | |
Sprecherin des BAMF gegenüber der taz. „Im Rahmen der Asylverfahren“ werde | |
geprüft, ob aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe der Jesiden ein | |
Schutzgrund besteht. Im Klartext: Wer in der Vergangenheit abgelehnt wurde, | |
muss klagen. Krieg hin, Massaker her. | |
22 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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