# taz.de -- Nach Attacke auf Moschee im Irak: Regierungsbildung kommt nicht vor… | |
> Iraks Politiker rufen zur Mäßigung auf. Weiterer Aufruhr soll vermieden | |
> werden. Doch schon fand ein neuer Anschlag statt – auf ein | |
> Geheimdienstgebäude in Bagdad. | |
Bild: Ob das hilft? In Kerbala üben Spezialkräfte der irakischen Polizei für… | |
BAGDAD dpa | Nach dem verheerenden Angriff auf eine sunnitische Moschee im | |
Irak mit Dutzenden Toten ringen die führenden Politiker um die Einheit des | |
Landes. Präsident Fuad Massum rief alle Seiten zu äußerster | |
Selbstzurückhaltung auf, um weiteren Aufruhr zu vermeiden. Die Täter dieses | |
„abscheulichen Verbrechens“ würden ihre Strafe erhalten, sagte der | |
kurdische Politiker am Samstag nach Angaben der Nachrichtenseite Shafaaq | |
News. Zuvor hatte bereits der designierte schiitische Regierungschef Haidar | |
al-Abadi die Attacke verurteilt. | |
Bei dem Angriff von vermutlich schiitischen Bewaffneten auf eine | |
sunnitische Moschee nordöstlich von Bagdad waren am Freitag mindestens 73 | |
Menschen ums Leben gekommen. Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten | |
das Gebetshaus in dem Ort Imam Wais gestürmt und um sich geschossen. Laut | |
dem Nachrichtensender Al-Arabija waren die Täter schiitische Milizionäre. | |
Das irakische Staatsfernsehen berichtete hingegen, die Terrorgruppe | |
Islamischer Staat (IS) stecke hinter der Tat. Sie verfolge „sektiererische | |
Ziele“. | |
Die Attacke rief Erinnerungen an den Bürgerkrieg zwischen Sunniten und | |
Schiiten wach, der in den Jahren 2006 und 2007 seinen Höhepunkt erreichte. | |
Auch damals waren schiitische und sunnitische Moscheen immer wieder Ziele | |
von Angriffen. Seit dem Vormarsch der sunnitischen Terrorgruppe IS sind die | |
Spannungen zwischen den beiden Konfessionen massiv gestiegen. | |
Die Dschihadisten kontrollieren große Teile im Norden und Westen des | |
Landes. Sie kämpfen an der Seite von sunnitischen Verbündeten, die sich von | |
der Regierung diskriminiert fühlen. Zugleich haben mit der Armee verbündete | |
schiitische Milizen Tausende neue Kämpfer rekrutiert, um sich gegen die | |
Extremisten zu verteidigen. | |
## Untersuchungsausschuss soll aufklären | |
Ein Untersuchungsausschuss soll schnell die Hintergründe der blutigen | |
Moschee-Attacke ermitteln. Innerhalb von 48 Stunden sollten erste | |
Ergebnisse vorliegen, sagte Parlamentspräsident Salim al-Dschaburi am | |
Samstag in Bagdad. Das Gremium bestehe aus Parlamentsabgeordneten und | |
Vertretern des Sicherheitsapparats, zitierte die Nachrichtenseite | |
Al-Sumaria News den sunnitischen Politiker. | |
Eine zügige Aufklärung der Attacke ist auch deshalb wichtig, weil die Tat | |
die Regierungsbildung erschwert. Zwei sunnitische Blöcke hatten am Freitag | |
ihre Teilnahme an den Verhandlungen über das neue Kabinett aus Protest | |
gegen das Attentat ausgesetzt. Eine neue Regierung gilt als Voraussetzung, | |
um den IS-Vormarsch stoppen zu können. | |
Unterdessen sind bei einem Selbstmordanschlag auf ein Gebäude des | |
irakischen Innenministeriums in Bagdad am Samstag mindestens elf Menschen | |
getötet worden. Ein Attentäter sei am Nachmittag mit einem mit Sprengsätzen | |
beladenen Auto in das Eingangstor des Geheimdienstes im Viertel Karrada in | |
der Innenstadt gefahren und habe sich mit dem Wagen in die Luft gejagt, | |
berichtete ein Polizist. | |
Den Angaben zufolge handelte es sich bei den Toten um sechs Zivilisten und | |
fünf Sicherheitskräfte. 24 weitere Menschen seien verletzt worden. Ein | |
Mediziner bestätigte die Opferzahlen. | |
## US-Vizepräsident für föderalistischen Irak | |
Die USA wollen den Irak beim Übergang zu einem föderalen Staatssystem | |
unterstützen. Zwar mache das Land Fortschritte bei der Bildung einer neuen | |
Regierung, schrieb Vizepräsident Joe Biden in einem Gastkommentar in der | |
Washington Post. Doch befeuerten religiöse Spaltungen im Irak | |
extremistische Bewegungen wie den Islamischen Staat. | |
Der Föderalismus biete sich als Denkansatz für die Zukunft des Iraks an, | |
erklärte Biden. Dazu verwies er auf seinen 2006 vorgelegten Plan, der eine | |
Teilung des Landes in drei halbautonome Regionen für Schiiten, Sunniten und | |
Kurden vorsieht. | |
Ein solches Vorgehen würde die Einheit des Iraks zementieren, die örtliche | |
Bevölkerung schützen und eine faire Aufteilung der Öleinnahmen | |
sicherstellen. Der Islamische Staat geriete zugleich unter Druck. | |
23 Aug 2014 | |
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